Kapitel 47

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„Hast du es verstanden?", fragte der Engel erneut, nun noch angepisster als zuvor.

„Nein, ich habe nicht zugehört. Aber aus deinem Mund kam auch sicherlich nichts, was in irgendeiner Form interessant gewesen wäre", sagte Sunny.

Er hat nicht zugehört? Die Wut in Aeshma entflammte auf eine Weise, wie sie es seit Jahrhunderten nicht getan hatte. Wenn dieser Mann nicht Chìa khoá wäre, hätte sie ihm bereits seiner Strafe für diese Frechheit zugeführt. Stattdessen presste sie die Lippen zusammen und drehte sich um.

„Oh, ist die Prinzessin auf der Erbse beleidigt? Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag, Aschi", rief dieser ihr hinterher, dann schloss sich die Türe. Sie musste sich beruhigen, dann würde sie zu ihrem Meister gehen und ihm von ihrer erfolgreichen Jagd berichten.

Währenddessen blies sich Sunny eine Strähne aus dem Gesicht. Wenn man noch ein paar Blumen über mich streut, wäre es die perfekte Abschiedsfeier, bevor man mich in einen Sarg verfrachtet und unter die Erde bringt.

Dann wurde sein Blick ernst. Wieso bin ich hier? Er hatte eine Vermutung. Ein Seufzer entkam ihm. Diese Artefakte bringen nur Unglück. Hätte ich diese Kette doch einfach an diesem Tag an dem Stand gelassen.

Er schloss die Augen. Jo würde sich Sorgen machen und Eligos und Lucifer ausrasten. Sunny war alleine gegangen und schwupps hatte ihn ein Engel geschnappt. Langsam wurde er müde. War das ein Zufall? All das passte doch nicht zusammen. Jetzt wo er ruhig dalag, blickte er auf das große Ganze. Die Entführung in die Hölle und seine Begegnung mit dem König der Hölle. Kein Zufall, denn er war Lucifers Nemesis. Es war sein Schicksal gewesen, ihm zu begegnen. Die Sache mit Abaddon und Kālō – Zufall? Unwahrscheinlich. Nur Kinder mit nicht-menschlichen Eltern waren in diesem Waisenhaus gewesen, sie mussten also gewusst haben, dass ein Elternteil kein Mensch gewesen war.

All das war schon mehr als jeder Held in einem Roman durchstehen sollte. Kaleys Worte kamen ihm in den Sinn.

„Die Antwort liegt in deinem Blut. Das ist auch der Grund, warum das Artefakt zu dir gekommen ist. Sunny, du bist eine sogenannte Koordinate. Jemand hat dich zu dieser gemacht, damit du die Artefakte findest."

Wie es aussieht wissen nun auch die Engel, dass ich eine Koordinate bin. Die Artefakte waren himmlisch, also musste der Erschaffer ein Engel gewesen sein. Dieser Gedanke war ihm früh gekommen, doch irgendwie glaubte er nicht mehr, dass es Abaddon gewesen war. Grund waren die Worte, die Kaley danach geäußert hatte.

„Ich vermute, dass der Besitzer oder Erschaffer der Artefakte, dich zu einer Koordinate gemacht hat, weil er die selektive Eigenschaft an eine Bedingung geknüpft hat, die dein Blut erfüllt. Einfach gesprochen, nur du und direkte Blutsverwandte können sie finden. Dafür muss derjenige aber dein Blut gehabt haben."

Sunny hatte keine Verwandte, soweit er wusste, und die meisten Kinder waren bei den Experimenten gestorben. Abaddon hätte Sunny niemals als Koordinate ausgewählt, da er nicht einmal wusste, ob er überlebte oder ein Erfolg werden würde. Auch die Orte ließen darauf schließen, dass die Artefakte nicht seit knapp zweieinhalb Jahrzehnten dort waren, sondern schon länger. Ein einfacher Gedanke kam ihm – was, wenn es nicht mein Blut ist?

Die Antwort war klar, es könnte auch einer seiner Vorfahren gewesen sein. Er war einfach nur Teil der Blutlinie, eine von vielen Koordinaten. Weshalb er nun von den Artefakten gerufen wurde, war zunächst auch unklar, doch seit der Engel ihn mitgenommen hatte, stand eines fest: Das Ziel, zu dem die Artefakte führten, war etwas, das für den Himmel so wichtig war, dass sie Kopfgeldjäger schickten, um die Koordinate zu finden.

„Momentan bist du der Einzige, der diese Artefakte finden und offensichtlich auch nutzen kann."

Und hier kamen sie zum letzten Punkt. Wenn das, was er finden sollte, von solcher Bedeutung war, war es etwas Mächtiges. Kein normaler Mensch, Dämon oder Geist, was auch immer, würde dieses Etwas nutzen können. Ein einfacher Vergleich: Ein Code eines Genies kann nur von einem Genie geknackt werden. Ergo, eine mächtige Waffe beispielsweise konnte nur von jemand genutzt werden, der dieselben Voraussetzungen mitbrachte.

The Devil's Queen (BAND 2) ✅️Where stories live. Discover now