Gefühle

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Zielgerichtete Schritte hallten dumpf wider der steinernen Wände. Ihr Echo wiederholte sich in einer energischen Geschwindigkeit, die von der dunklen Gestalt vorgegeben wurde, welche durch die dämmrigen Tunnel eilte. Schwerer Stoff, der seinem Träger leblos über den staubigen Höhlenboden folgte, füllte die Stille darum mit gleichmäßigen Schleifgeräuschen. Kylo Ren warf dem Holotransmitter in seiner Hand nur kurz einen abschweifenden Blick zu und bog nach rechts. Kühle Luft wehte seinem blassen Gesicht entgegen. Dann erlosch das blaue Licht urplötzlich. Eine schwarze Hand ließ das kleine Gerät in einer Tasche verschwinden. Die Schritte verlangsamten sich. Wenn die beiden Männer recht behielten, musste er bald da sein. In der Ferne ersetzte bereits ein verheißungsvolles Leuchten das künstliche Glühen des Transmitters. Nah. Näher. Direkt vor seinen Augen: Sich der Deckenhöhe anpassend, duckte sich Kylo und betrat den natürlich entstandenen Hohlraum. Als er seinen Kopf wieder hob, umspielte ein zufriedenes Lächeln die vollen Lippen. In seinen Augen glitzerte es blau.

Die Ritter hatten nicht zu viel versprochen. In den alten Höhlen, die über die letzten Generationen fast in Vergessenheit geraten wären, gäbe es nicht immer noch ein paar Machtnutzer in der Galaxis, befanden sich noch immer beachtliche Vorräte des wertvollen Kristalls. So auch in dieser. Fast schien es, die kleinen, leuchtenden Steine wüchsen unerschöpflich aus dem grauen Fels. Als könnten Jahrtausende vergehen, Zivilisationen verschwinden, aber sie würden bleiben. Kylo ließ seinen Blick berechnend über die Höhlenwände schweifen. Selbst für sein nacktes Auge war ersichtlich, dass die Menge an Kyberkristallen in diesem Raum zu wenig für die Größenordnung seines neuen Projekts war. Dennoch, für Jünglinge mochte dieser Ort an Magie gegrenzt haben. Er versuchte sich vorzustellen, wie Kinder einst in diesen Gängen gewandelt waren. Ein seltsames Bild, das zudem nicht in diese Zeit passte. Es würde niemanden geben, der sich ihm entgegensetzte, wenn er der Tradition ein Ende bereitete. Kyber wurde in dieser Epoche andernorts dringender gebraucht. Das war zumindest seine Sicht der Dinge.

Langsam durchschritt er die Höhle. Er hatte recht damit getan, nicht nur die Ritter zu entsenden. Die Ren waren nützlich, wenn es um die Suche nach den Höhlen ging, die der Jedi-Orden einst bewirtschaftet hatte. Diese befanden sich tiefer, verborgener, schwerer zugänglich unter der Erde als Kybervorräte andernorts. Ansonsten waren die Ritter für diese Art von Arbeit jedoch unterqualifiziert. Daher hatte er zusätzlich andere beauftragt, jene Höhlen aufzuspüren, die leichter zugänglich waren. Es mussten mittlerweile an die vierzig Mann sein, die in seinem Auftrag nach dem kostbaren Rohstoff suchten. Die Fahndung war ein langwieriger Prozess, der sich letztlich, das hoffte er, jedoch lohnen würde. Noch hatte er Zeit. Das war womöglich sein kostbarstes Kapital und er wusste schmerzlichst genau um seine Erschöpfbarkeit. Schwerer noch als die Suche gestaltete sich der bevorstehende Abbau. Kaum ein anderes Material wehrte sich so massiv dagegen, seiner natürlichen Umgebung entrissen zu werden. Aber darum sollten sich jene kümmern, die mit dieser Aufgabe betraut worden waren. Im Moment war alles, worum er sich zu sorgen hatte, die Höhle nach Rey's Kristall abzusuchen. Sobald er sicher sein konnte, dass er nicht hier war, könnte er beruhigt verschwinden und den Ort als Mine freigeben. Alles andere war nun erstmal zweitrangig.

Kylo konzentrierte sich auf die Macht. Es war unmöglich zu sagen, was genau es war, dem er nachspürte. Er dachte an Rey und ihre Verbindung. Versuchte sich vorzustellen, was zu ihr passte, was sie ausmachte. Dabei erinnerte er sich zwangsläufig an den Tag zurück, als er sie in einer ähnlichen, wenn auch kleineren Höhle überrascht hatte. An ihr seltsames Talent, die Kristalle hören zu können. Neid machte sich in ihm breit. Das fahle Gefühl erfasste und durchwanderte ihn wie ein Gift, nebelhaft, ihm schwindelte. Eine unangenehme Kälte ergriff Besitz von ihm. Nicht dass er es ihr nicht gönnte. Es war nur... unbegreiflich: Wie ein unerfahrenes Mädchen von Jakku in der Lage war, Dinge zu tun, die er sich nicht vorstellen konnte. Mächtige Dinge. Dinge die in der Geschichte von wenigen oder gar niemanden gemeistert worden waren. Ohne Training. Ohne Anleitung. Kylo verstand es nicht. Dann besann er sich wieder auf seine eigenen Fähigkeiten. Er war schon einmal in der Lage gewesen, einen Kristall zu finden, seinen Kristall. Zumindest in diesem Aspekt war er ihr überlegen. Der Erfolg verlieh ihm eine Art Zuversicht, die ihr zuletzt noch gefehlt hatte. Er vertraute der Macht dabei, dass er wissen würde, wenn sich ihr Kristall in der Nähe befand. So wie Rey eine gewisse Verbindung zu seinem Lichtschwert verspürte, würde er auch der Energie ihres Kristalls gewahr werden, wenn er sich in seiner Nähe befände. Die Suche danach war lediglich eine Herausforderung für den Geist, deren Natur schwer zu beschreiben und noch schwerer zu begreifen war, wenn man nicht das nötige Gespür für die Macht besaß.

Eine neue ÄraWhere stories live. Discover now