Oh, direkt?

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Wir küssen uns sanft. Meine Welt ist bereit stehen zu bleiben. Chris Hand fährt durch mein Haar und ich muss mich immer wieder daran erinnern zu atmen. Was eine unnötige Nebenbeschäftigung, wenn man doch gerade etwas so viel wichtigeres und schöneres erleben kann. 

Jedoch wird unsere Zweisamkeit gestört. Chris Handy macht sich bemerkbar und Oh mein Gott... Ich hätte niemals gedacht, dass ein Handyklingeln so nervig sein kann. 

Ich wünschte, Chris würde das einfach ignorieren, doch das wird niemals passieren. Chris löst sich langsam von mir und schaut mir mit seinen wunderschönen eisblauen Augen, in meine eher durchschnittlichen Augen. Ich könnte ihn stundenlang so ansehen. Mein Bauch kribbelt und es fliegen sicherlich tausende von Schmetterlingen durch meinen Körper und das nur, weil dieser Mann mich ansieht, als wär ich die Person, die er gerade bei sich haben möchte. ,,Es tut mir leid", flüstert er und holt sein Handy raus. Im nächsten Moment stehe ich alleine an der Wand und betrachte Chris Rücken. Auch nicht schlecht.

,,Hallo", begrüßt Chris die Person am anderen Ende. Ich muss kein Experte sein, um zu schnallen, wer da angerufen hat. Es ist ja auch schon Zeit. Trotzdem nervt es mich extrem.

Dieser Kuss war so schön und Chris hat sich noch nicht dafür entschuldigt... Naja, ich hoffe zumindest, dass die Entschuldigung für den Anruf war und nicht... Das verunsichert mich jetzt ein wenig. Positiv bleiben, oder? Das wird schon. 

Ich stoße mich von der Wand weg und komme Chris näher, der aufgelegt hat. Er dreht sich direkt zu mir um. ,,Lea ist sofort fertig. Wir müssen los", informiert er mich und geht. Oh, direkt?

,,Renn doch nicht so", meine ich und bekomme direkt einen entschuldigenden Blick.

,,Tut mir leid." Noch eine Entschuldigung. Mir kommen erste Zweifel, aber immerhin hat er mich nicht weggestoßen. Die Hoffnung ist noch da. Plötzlich bleibt Chris stehen und sieht mich an. ,,Warte bitte kurz, ich bin sofort zurück." Damit lässt er mich stehen und geht ein paar Schritte von mir weg. Ich schaue mich um und entdecke den Stand, an dem Chris das Herz geklaut hat. Oh und da wollen wir lang? Interessant. 

... Scheiße.

Ich habe das Herz vergessen. Oh nein! Wie konnte das nur passieren? Ich schaue wieder zu Chris, der einem kleinen Jungen Geld gibt. Der Kleine nickt eifrig und rennt in die Richtung der Bude. Er kann es wohl doch nicht lassen... Aber dafür liebe ich ihn. Chris kommt wieder zu mir und nickt in die Richtung, in die wir gehen sollen. ,,Es geht weiter." 

,,Ich habe das Lebkuchenherz vergessen", berichte ich und will eigentlich zurück, aber Chris nimmt meine Hand und zieht mich weiter mit sich.

,,Du bekommst ein Neues, wir müssen jetzt los." Ich bekomme ein Neues? Also haben wir doch eine Zukunft? Er hat nicht vor mich wieder abzuschieben und das zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Diese Aussichten freuen mich, aber Chris bekommt davon nichts mit, denn er geht stumpf seinen Weg.

Der Hinweg war länger, vielleicht auch, weil wir nicht so gerannt sind und ich mir alles in Ruhe angeschaut habe. Ich möchte noch etwas sagen, bevor wir zu Lea ins Auto steigen, denn dann habe ich Chris für eine ganze Stunde nicht mehr für mich. Das klingt wieder schrecklich, aber danach... Ich bin so froh, wenn wir endlich klären können, was das gerade war.

Lea winkt schon eifrig, als sie Chris sieht. ,,Hey! Wo wart ihr denn?", fragt sie und lächelt dabei. Das sieht so unnatürlich aus. Wie kann man eigentlich so unerträglich sein?

,,In der Nähe gibt es ein Jahrmarkt. Das haben wir besucht", antwortet Chris schnell und öffnet das Auto, damit alle Beteiligten einsteigen können. Er kann es wohl kaum erwarten endlich weg zu kommen. 

,,Klingt cool." Ja, aber sicher. Wenn ich wüsste, dass die Zwei Spaß hatten, während ich beim Arzt saß, dann wär ich ausgeflippt. Sind Frauen nicht so? Sie bildet da sicher keine Ausnahme. Chris sagt nichts mehr dazu und fragt, wie ihr Termin verlaufen ist. Ab diesem Zeitpunkt schalte ich ab.

Ich beobachte Chris. Er sieht angestrengt auf die Straße und ich merke, dass er nachdenkt. Über uns? Ich hoffe so sehr, dass er das nicht wieder bereut, denn so hat es sich nicht angefühlt. Er wusste was er da macht und hat es nicht unterbrochen. Ich kann nicht aufhören zu grinsen, denn das fühlt sich wunderschön an. Dieses Gefühl, wenn wir bei ihm sind, alleine und vielleicht dort weitermachen, wo wir aufgehört haben? 

Wie werde ich reagieren, wenn er mich ansieht und sagt, dass er nicht mehr von mir loskommt? Dass er aufgibt und eine Chance für uns sieht? Ich falle ihm einfach um den Hals. Viel muss er nicht sagen. 

Wir sind auch schneller wieder bei ihm. Er hatte es halt sehr eilig. Wir steigen alle drei aus. ,,Danke, Chris! Du bist mein wahrer Held!", bedankt Lea sich und umarmt ihn. Ich wünschte, er würde seine Arme nicht auch um sie schlingen... Schlingen ist zu viel gesagt, aber seine Hände berühren ihren Rücken und das reicht mir.

,,Schreib mir, wenn du etwas brauchst, Ja?", bietet Chris an und sie strahlt ihn an.

,,Na klar." Ich drehe mich um und sehe eine Nachricht von Alex. Oh, ich hätte ihr Hausaufgaben schicken sollen. Upsi. Das muss ich nachholen. Sie hat sicherlich Verständnis für diese Situation.

,,Gina?", höre ich Chris hinter mir. Ich packe mein Handy weg und drehe mich strahlend zu Chris um. ,,Komm, ich fahre dich nach Hause, es ist spät", stellt er mich vor vollendete Tatsachen. Glücklich sieht Chris nicht gerade aus, aber er ist sicher fertig von der Fahrt. Da möchte ich nicht zu viel hineininterpretieren.

,,Wie du möchtest", meine ich und wir gehen zum Auto. Chris startet und fährt los. Er ist sehr wortkarg, aber ich gebe ihm die Zeit. Ich möchte ihn nicht mit unnötigen Fragen nerven. Also schaue ich aus dem Fenster.

Sobald Chris vor dem Tor hält, drehe ich mich zu ihm um. ,,Danke, das war ein schöner Tag", bedanke ich mich.  Ich denke gar nicht richtig nach und beuge mich zu ihm vor. Wie aus Reflex... Chris räuspert sich und dreht seinen Kopf weg.

,,Gina...", fängt er an und meine Freude schwenkt in etwas anderes um. Mir ist das gerade furchtbar peinlich, weshalb ich mich auch wieder von ihm entferne. Er will doch nicht sagen... Das kann nicht sein ernst sein oder? Nach dem ersten Kuss, dachte ich, es kann halt passieren. Aber jetzt? Das zweite Mal? ,,Es tut mir leid", entschuldigt er sich und ich schließe meine Augen. Es tut weh. Ich bekomme kein Wort raus. Am Besten...

Ich öffne die Tür und steige aus dem Auto. Ihn kann ich nicht mehr ansehen. Wie kann man nur so sein? Ich höre Chris Tür zuschlagen und seine Schritte hinter mir. ,,Gina, warte bitte!", ruft er mich zurück. Ich denke gar nicht daran, doch er ist binnen einer Sekunde bei mir. ,,Man, Gina bitte..." Chris hält mich am Arm, sodass ich mich wohl oder übel zu ihm umdrehen muss.

,,Was?", frage ich barsch und bin mir sicher, meine ganze Wut war in diesem Wort hörbar. Ich sehe Chris an und Ja, ich sehe seine Traurigkeit, aber er macht es doch immer wieder. Wie oft will er sich seinen Gefühlen hingeben, mir Hoffnungen machen und mich dann eiskalt fallen lassen?

,,Ich habe es dir doch gesagt", versucht er sich rauszureden, aber das macht mich nur noch wütender.

,,Chris, lass mich in Ruhe. Du... du..." Ich finde keine Worte und atme weit aus. ,,Man, ich will dich einfach nicht mehr sehen." Damit will ich gehen und ich gehe auch. Egal was Chris sagt. Es tut so weh und das macht er auch noch in regelmäßigen Abständen... Wenn er das nun für immer so machen möchte, soll er das machen. Ich bin reif für die Irrenanstalt.

Die Tränen drücken sich in die Freiheit und ich kann sie nicht aufhalten. Ich gehe schon mit gesenktem Kopf an Carl vorbei, damit er das bloß nicht mitbekommt.

Ich rufe noch tapfer: ,,Ich bin da!" Und renne hoch. Dort kann ich meinen Tränen freien Lauf lassen. Ich hasse diesen Typen manchmal... Wieso kann ich mich nicht einfach entlieben?

Ich will Dich!Where stories live. Discover now