11. Kapitel

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"Komm schon! Bist du nicht langsam mal fertig mit Lernen?", fragte ich Aline ungeduldig, während ich sie amüsiert dabei beobachtete, wie sie sich durch den unordentlichen Haufen an Zetteln wühlte, der auf ihrem Bett ausgebreitet war.
Alines Hälfte des Zimmers sah aus wie das reinste Chaos - wobei Eve auch nicht gerade viel strukturierter schien.
"Diese ganzen Tests machen mich fertig", seufzte Aline frustriert.
"Dann klingt eine Pause doch bestimmt vielversprechend", grinste ich und küsste sanft ihren Hals.
Sie warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu und schob mich ein Stück von sich weg.
"Ich dachte, ich wäre der Streber von uns?", murmelte ich schmunzelnd.
"Bist du ja auch", erwiderte sie.
Leise lachend nahm ich ihr ihre Notizen weg und hielt sie in die Luft.
"Mein Gott, hast du so eine Sehnsucht nach mir, dass du schon eifersüchtig auf die Lernzettel wirst?", zog sie mich auf und versuchte ihre Zettel zu fassen zu bekommen.
Trotzig hielt ich sie noch ein bisschen höher, was Aline zum Lachen brachte.
Sie hob die Hände und gab sich geschlagen. "Okay, okay. Ich lerne morgen weiter. Aber wehe, du lenkst mich dann schon wieder ab!", fügte sie drohend hinzu.
Ich rückte etwas näher zu ihr, legte eine Hand in ihren Nacken und zog ihr Gesicht zu mir heran. Aline grinste in den Kuss hinein und drückte mich dann nach hinten, sodass ich auf dem Rücken auf ihrem Bett lag und sie sich rittlings über mich knien konnte.
"Du brauchst dir gar keine Sorgen zu machen wegen der Prüfungen", murmelte ich. "Die letzte hast du doch auch mir Bravour gemeistert"
Ein anspielendes Grinsen stahl sich auf meine Lippen. "Und es sah ziemlich... beeindruckend aus, wie du deine Kräfte eingesetzt hast..."
Aline hob anklagend die Brauen.
"Du wolltest 'heiß' sagen"
"Eigentlich wollte ich 'attraktiv' sagen", widersprach ich, was Aline zum Lachen brachte.
"Du denkst aber auch nur an das eine!"
Ich grinste. "Wenn ich auch eine umwerfende Frau wie dich vor mir habe"
Mit einem verlegenen Schmunzeln verdrehte sie die Augen.
"Sei einfach still", hauchte sie und beugte sich zu mir herunter, um mich zu küssen - als plötzlich die Tür aufgerissen wurde.
"Schonmal was von Anklopfen gehört?", fragte Aline ihre Zimmermitbewohnerin gespielt vorwurfsvoll.
"Machst du doch selber nicht", erwiderte Eve grinsend, woraufhin Aline ein Kissen in ihre Richtung schleuderte, sie jedoch knapp verfehlte.
"Ich störe also", stellte Eve mit einem vielsagenden Blick fest.
Amüsiert blickte ich zu Aline, die tatsächlich etwas rot zu werden schien.
Eves Grinsen wurde etwas breiter und sie wackelte mit den Augenbrauen, ehe sie das Zimmer wieder verließ.
"Also? Wo waren wir stehen geblieben?", fragte ich schelmisch grinsend.
Aline verdrehte schmunzelnd die Augen und beugte sich zu mir herab, um mich in einen langen, langsamen Kuss zu verwickeln.
Ich ließ meine Hände über ihren Körper gleiten und küsste sie immer heftiger, während sie die Finger in meinen Haaren vergrub.
"Was ist, wenn Eve nochmal reinplatzt?", fragte Aline leise, als ich unter ihr Shirt fuhr und ihr dieses gerade ausziehen wollte.
Ich zuckte grinsend die Schultern.
"Na und?"
Entrüstet lachend schüttelte sie den Kopf. "Das kann dir doch egal sein!"
"Ihr Oberweltler seid alle so verklemmt!", entgegnete ich grinsend.
"Du kennst doch gar keine anderen Oberweltler außer mir", wandte Aline ein.
Ich schmunzelte.
"Ist auch gut so. Eine Oberweltlerin ist nervig genug"
Diese Anmerkung brachte mir einen spielerischen Hieb gegen die Brust ein.
"Idiot!"
"Schisser."
"Ich hab keinen Schiss! Ich will bloß nicht gestört werden", entgegnete sie mit einem anzüglichen Grinsen und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
Auf meine Lippen stahl sich ebenfalls ein Grinsen.
"Dann habe ich eine Idee. Komm mit!"
Ohne auf Widerrede von ihr zu warten, setzte ich mich auf und zog Aline vom Bett.
"Wohin willst du?", fragte sie amüsiert - auch wenn sie wusste, dass sie darauf keine Antwort erhalten würde.
Ich schwieg geheimniskrämerisch und lief mit meiner Freundin im Schlepptau durch die Eingangshalle der Akademie und schließlich nach draußen.
Wenig später erreichten wir die Lichtung im Wald mit dem kleinen See, an dem wir uns das erste Mal näher gekommen waren.
"Dann beweis mir mal, dass du keinen Schiss hast", raunte ich ihr zu und zog mir mein Shirt über den Kopf.
Sie tat es mir grinsend gleich.
Unsere Hosen folgten kurz darauf.
Lächelnd zog ich sie an mich und küsste sie leidenschaftlich.
Sie schmiegte ihren Körper an meinen und legte mir die Arme um den Hals.
"Warst du schon mal Nacktbaden?", fragte ich mit einem herausfordernden Grinsen, als ich mich von ihr löste.
Sie weitete die Augen.
"Nein. Warst du denn schon..."
Sie hielt inne, als ich nickte. "Echt jetzt?"
"Klar", entgegnete ich schmunzelnd, streifte mir die Boxershorts ab und ließ mich in das angenehm kühle Wasser des Sees sinken.
"Willst du da noch länger rumstehen oder kommst du jetzt?", rief ich lachend und spritzte etwas Wasser in Alines Richtung.
"Halt die Klappe und dreh dich um", wies sie mich an.
Ich hob grinsend die Hände und drehte mich mit dem Rücken zu ihr.
"Okay, okay."
Ich hörte, wie Aline ihre Unterwäsche zu Boden fallen ließ und wie sie mit einem leisen Plätschern ins Wasser glitt. Dann schlang sie ihre Arme von hinten um mich und küsste mich sanft auf die Schulter.
Ich spürte die Wärme ihres Körpers an meiner Haut und ein angenehmer Schauer durchlief mich.
"Ich bin sicher, du warst noch niemals so Nacktbaden", hauchte sie mir ins Ohr und ich konnte das zufriedene Grinsen in ihrer Stimme hören.
"Ganz sicher nicht", antwortete ich mit heiserer Stimme und drehte mich zu ihr um.
Das Wasser war so tief, dass nur ihre Schultern, ihr Hals und ein Stück ihres Dekolletés zu sehen waren. Doch schon alleine dieser Anblick raubte mir den Atem.
"Du starrst mich an, oder?", fragte Aline gespielt vorwurfsvoll.
"Es ärgert dich schon ein wenig, dass du nicht auch im Dunkeln sehen kannst, oder?", entgegnete ich mit einem selbstgefälligen Grinsen.
"Ein wenig", räumte sie ein.
Dann legte sie wieder ihre Arme um meinen Nacken und zog mich näher zu sich heran, während ihre Lippen auf meine trafen.

"Verdammt nochmal, Shadow, konzentrier dich endlich!", fauchte Professor Jones, der langsam aber sicher die Geduld mit mir verlor.
Ich stöhnte genervt.
"Können wir nicht für heute aufhören? Das bringt doch eh nichts mehr!"
Jones Hand schlug blitzartig auf den Tisch, was mich zusammenzucken ließ.
"Wir hören erst auf, wenn ich es dir sage", zischte er.
Verärgert stieß ich die Luft aus.
"Was wollen Sie von mir, Professor? Sie haben doch gesehen, dass ich es nicht kann. Das war wahrscheinlich ein glücklicher Zufall bei der Kampfprüfung. Sie verschwenden Ihre Zeit mit mir... Ich bin niemand Besonderes!"
Zu meiner Überraschung nickte Jones.
"Du hast Recht"
Fragend sah ich ihn an.
"Du bist niemand Besonderes. Du bist genau genommen sogar unterdurchschnittlich. Wahrscheinlich wirst du deinen Abschluss an der Akademie nicht einmal schaffen", fügte er achselzuckend hinzu.
"Wieso sagen sie mir das?", fragte ich gereizt.
"Du weißt doch selber genauso gut wie ich, dass du hier nicht hingehörst", erwiderte Jones.
"Tue ich ja auch nicht", stimmte ich zu und verschränkte genervt die Arme. Was genau wollte er von mir?!
"Ich gehöre nicht zur privilegierten Oberschicht und ich..."
"Genug!", unterbrach mich Jones mit dröhnender Stimme.
Dann durchzuckte ein scharfer Schmerz meinen Kopf.
Schreie.
Rauch.
Blut.
Mein Vater, der um sein Leben kämpfte.
Fünf Männer, die ihn zu Boden rangen.
Meine Mutter, die meinen Namen rief.
Red, der zitternd neben mir auf dem staubigen Boden lag.
Schüsse.
Und inmitten dessen Professor Jones, der mich aufmerksam beobachtete.
Als ich begriff, dass ich mich in einer Erinnerung von mir befand, wurde mir klar, dass Jones nun eben jene dunkle Magie gegen mich verwendete, die ich an ihm zur Schau gestellt hatte.
"Verschwinden Sie aus meinen Gedanken!"
Ein schwarzer Strudel aus Schatten wirbelte die Erinnerung durcheinander und ließ schließlich den Blick auf eine andere Szenerie frei.
Ein hübsches Gesicht, eingerahmt von goldblonden Locken.
Funkelnde grüne Augen.
Ein trauriges Lächeln.
"Du weißt ich kann nicht anders, Will."
Ein junger Mann mit dunkelbraunen, mit Tränen gefüllten Augen.
"Wir können einfach fortgehen."
Sie schüttelte den Kopf und strich ihm liebevoll über die Wange.
"Wohin sollten wir schon gehen?"
Ich riss die Augen auf und blickte dem Mann entgegen, dessen jüngere Version ich eben gesehen hatte.
"Du solltest aufhören, dich selbst zu bemitleiden, Shadow", merkte Jones an und klang dabei fast so gefühlskalt und beherrscht wie immer. Fast.
Irgendetwas an seiner Erinnerung hatte ihn um seine Fassung gebracht.
"Deine Herkunft spielt keine Rolle", fuhr er fort. "Du kannst etwas ändern. Aber dazu musst du verflucht noch einmal lernen, deine Kräfte bewusst einzusetzen und aufhören, deine Stärke zu leugnen!"
Ich nickte langsam.
"Also wollten sie mich bloß provozieren?"
"Wenn das der einzige Weg ist, dich dazu zu bringen, deine Kräfte zu benutzen... dann werde ich tun, was nötig ist."
Ich räusperte mich.
"Diese Frau. War sie Ihre...?"
Weiter kam ich nicht.
Jones' finsterer Blick ließ mich hastig verstummen.
"Ich werde dir helfen, dein Potential voll auszuschöpfen. Nur eine Bedingung: Du wirst keinesfalls Fragen zu irgendetwas stellen, was du in einer meiner Kernerinnerungen siehst. Und du wirst nicht darüber reden."
Die letzten Worte sprach er betont langsam und deutlich.
"Haben wir uns verstanden, Shadow?!"
Die Schärfe in seiner Stimme und sein bohrender Blick, ließen mich meine sarkastische Anmerkung herunterschlucken. Ausnahmsweise entgegnete ich nichts und nickte bloß folgsam.
"Warum genau helfen Sie mir?", fragte ich, als Jones wieder mir gegenüber Platz nahm.
"Du wirst mir wohl erst beweisen müssen, dass du es wert bist, das zu erfahren", antwortete er mit spöttischem Lächeln.
Ich schmunzelte selbstsicher.
"Dann werde ich das tun."

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