Selbst beim Einkaufen ist man nicht allein

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Harry starrte schon mehrere Sekunden auf seine Einkaufsliste, ohne auch nur ein Wort davon zu lesen. Manchmal fragte er sich, warum er überhaupt einkaufen ging. Er könnte aufhören neue Lebensmittel zu kaufen und einfach hungern, wenn er das, was er daheim hatte, nicht essen wollte. Dann gab es vielleicht eben nur Spinat zum Abendessen. Was war schon dabei? Auf der anderen Seite wusste Harry aber auch nicht, was er mit seinem Muggelgeld anfangen sollte, welches er am Ende des Monats übrig hatte. Es war nicht viel. Aber so ausreichend, dass er gewiss eine zweite Person mit durchfüttern könnte. Heute Abend musste er noch in der Tankstelle arbeiten, obwohl seine Augen vor Müdigkeit fast zufielen. Das Fliegen mit Draco am Wochenende hatte so viele Erinnerungen hervorgeholt, dass Harry noch am Montag mit plötzlichen Panikattacken rechnen durfte.

Erschrocken wurde Harry erst aus seiner Starre gerissen, als er eine bekannte Stimme vernahm. "Fünf Kilo Kalbfleisch, bitte", schnurrte die altbekannte Stimme und ließ Harry einen Schauer über den Rücken laufen. Wie? Wie zum Geier war es möglich? Warum kaufte er ausgerechnet heute hier ein? "Fünf Kilo? Sind Sie sich sicher?", fragte die Verkäuferin und war bestimmt genauso überrascht und erschrocken wie Harry selbst. "Sie haben schon richtig verstanden!" Kühl, schnarrend, Snape. Harry wagte nur einen kurzen Blick hinter sein Regal hervor, um seinen ehemaligen Tränkelehrer an der Frischetheke zu sehen. Snape trug Muggelkleidung, leger und in Schwarz. Natürlich in Schwarz. Harry konnte beobachten, wie die Verkäuferin nach hinten verschwand, um weiteres Kalbfleisch zu holen. Snape begann sich leise seufzend umzusehen. Als sein Blick in Harrys Richtung wanderte, zog sich Harry sofort zurück. Das konnte nicht wahr sein!

Durfte er jetzt nicht mal einkaufen gehen, ohne auf jemanden zu treffen den er kannte? Schnell schob Harry seinen Einkaufswagen in Richtung Kasse. Er würde jetzt nicht abwarten, bis Snape mit seiner Großbestellung Fleisch fertig war und irgendwie auf ihn traf. Darauf konnte er jetzt gut verzichten. Mehr als gut! Der Dunkelhaarige sah gar nicht hin, was genau er auf dem Weg zur Kasse noch in seinen Einkaufswagen legte und was er im Eiltempo auf das Fließband legte. Er wollte keine Gedanken mehr an seinen Einkauf verschwenden, keine daran, dass er möglicherweise gleich auf Snape treffen konnte. Ihm reichte das aufwühlende Wochenende vollkommen aus. Das hing ihm doch noch immer in den Knochen! Er bezahlte, stopfte die Einkäufe irgendwie in die Tasche und verließ den Laden fast rennend. Dass er dabei beinahe einen anderen Mann umriss und fast gegen ein fahrendes Auto lief, erreichte sein von Flucht ergriffenes Gehirn nicht mehr. Stattdessen musste er das erneut aufkommende Wochenende aus seinem Gedächtnis verdrängen. Der Angst nicht fliegen zu können, der Erleichterung es doch noch zu können, der Panik, als Draco plötzlich gen Boden sauste, ihr Gespräch danach und ... und der zweite Flug. Sie waren nur auf Bodenhöhe gewesen, mehr hatte Draco sich an dem Tag nicht mehr getraut. Nur zwei, drei Meter über dem Boden, war das höchste.

Harry konnte wieder Dracos warmen Atem hören, seine Arme um seine Brust spüren und dessen Wärme. Nein. Er brauchte gerade keine Begegnung mit Snape! Harrys Atem rasselte unschön, als ihn plötzlich wer am Arm griff und ihn aufhielt. "Ihr Kaffee! Ihnen ist der Kaffee herausgefallen!" Harry drehte sich um und wünschte im nächsten Moment, er hätte einfach den Griff abgeschüttelt und wäre weiter gerannt. Natürlich. Zehn Meter hinter dem Fremden, der ihm gerade die Kaffeeverpackung in die Hand drückte, lief Snape seelenruhig auf sie zu. Harry schluckte, zumindest versuchte er es. So wie es schien, hätte der Dunkelhaarige sich einfach hinter einem Regal verstecken können, denn bis auf eine Packung, die derer der Fleischtheke nah kam, hatte der Tränkemeister nichts in der Hand. Er wäre fein aus der Sache heraus gewesen. "Danke", stammelte er perplex und schaffte es trotzdem nicht vor Schreck von dem Mann weg zu sehen, dessen Tod er einst glaubte erlebt zu haben. "Geht es Ihnen gut?", fragte der Fremde und Harry drehte sich mit reinster Willensgewalt um. Als er die Straße vor sich erblickte, glaubte er es kaum.

Horkrux FluchTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang