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Das Essen wurde serviert.

Aber nur dem Deutschen.

Er ließ seinem Gefangenen bewusst nichts geben. Vorerst nicht.

,, Wie weit sind wir von der Grenze meines Landes entfernt?", fragte der Russe, obwohl seine Stimme vor Aufregung bebte.

,, Weit.", antwortete Reich nur, während er seine Teetasse hob. Er sah seinen Gesprächspartner nicht einmal an.

,, Wer hat mich gefunden? Warum wurde ich nicht umgebracht?" - ,, Weil ich es so wollte."

Nach und nach wurde er genervt von der Fragerei des Russen. Seine Fragen waren ihm so viel, er antwortete nur oberflächlich, sogar dies war ihm langsam über. 

,, Noch eine Frage und du wirst Morgen kein Essen bekommen."

Das ließ Sowjet verstummen. Kein Essen...

Trotzdem ließ Reich ihm etwas servieren, natürlich war es nicht viel.

Bald verließ der Deutsche den Raum. Er sagte nichts weiter.

Sowjet wurde zurück in sein Zimmer gebracht. Hinter ihm wurde es, von außen, abgeschlossen.

Sofort versuchte er, die Fenster zu öffnen.

Abgeschlossen.

Da realisierte er: Es war zu kalt. Es war zu dunkel. Eine Flucht wäre zu riskant und ungeplant.

Weil es dunkel im Raum war sah Sowjet Teile des Gartens. Kurz darauf ging er schlafen.



Am nächsten Morgen war Sowjet wieder ans Bett gekettet.

Doch kurz nachdem er aufwachte kam das Dienstmädchen, welches ihm Frühstück brachte und löste die Ketten.

Auf dem Tablett war Besteck, ein Glas, ein Teller, kein Messer- Kein Messer?

Das Dienstmädchen folgte seinem verwunderten Blick.

,, Der Meister wies mich darauf hin.", sagte sie nur.

Wütend schnaubte Sowjet. Er schnappte sich das Handgelenk der Dame und zischte:

,, Wie komme ich am schnellsten von hier weg?"

Hatte er etwa eine ihm wildfremde, deutsche Angestellte im Haus des Feindes nach dem Fluchtweg gefragt...?

Sie wehrte sich vorerst nicht. Stattdessen keifte sie: ,, Der Meister ist ein gütiger Mann! Es besteht kein Bedarf, das Gebäude vor jeglichen Verhandlungen zu verlassen oder zu fliehen."

Schnell riss sie sich los. Ihr vorher erzürntes Gesicht wich und wurde wieder ausdruckslos.

Sie nahm das Tablett wieder an sich und verschwand durch die Tür.

Behandelte man so einer Seele, die einem nichts getan hatte...?

Verzweifelt lehnte der Russe sich zurück. Da fiel ihm auf: Er trug keine Ketten mehr. Weder an den Fuß- noch an den Handgelenken.

Und die Tür öffnete sich langsam... Man hatte ihn nicht eingeschlossen...

War es etwa ihre Absicht, ihm zu helfen? 

Hatte sie ihm nicht vor wenigen Sekunden eine Flucht verwehrt?

Egal.

Egal!

Die Freiheit lag ihm zu Füßen! 

Sowjet sprang auf, beinahe auf sein noch heilendes Bein. Er floh.

 Er konnte die Freiheit beinahe schon fühlen! Den frischen Abendwind der russischen Steppe! Oh, wie sehr er es vermisste, frei zu sein!

Doch die Illusionen wurden ihm bald geraubt. Nach kurzer Zeit verlief er sich in den großen Fluren des Hauses. Der Villa, des Schlosses-

Egal! 

Verzweiflung grub sich durch seine Brust. 

Er war gerade dabei aufzugeben, da tauchte vor ihm eine große, gläserne Tür auf. Sie führte zum Garten. Sofort kam seine Energie zurück.

Schnell, oder eher so schnell es ging, stieß er sie auf, denn sie war offen. 

Seine Beine trugen ihn durch den leicht verschneiten Garten. Um ihn herum standen hohe, spitze Zäune. Man könnte gerade noch so drüber klettern...

Niemand bewachte ihn! Niemand!

Es war die Chance!

Guilty | Countryhumans | IFBGachaWhere stories live. Discover now