Kapitel 9~

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Ängstlich sah ich Milo an. Er überflog den Brief und nahm mich dann in den Arm. „Das wird nicht passieren, Runa. Ich werde das nicht zu lassen!" Haltsuchend klammerte ich mich an ihn. Ich fühlte mich wie betäubt. Liam hatte mich beobachten lassen. Dann hatte ich mir den Schatten doch nicht eingebildet. Milo strich mir über die Haare und hielt mich fest. „Dir wird nichts geschehen, Runa. Liam kann nicht ausbrechen, das ist unmöglich, selbst wenn er behauptet, er könnte es", sagte Noah ernst und ich wollte ihm glauben, ich wollte es wirklich, aber ich wusste, dass Liam sich nicht überschätzte. Wuschel legte sich halb auf meinen Schoß und ich vergrub eine Hand in seinem Fell. Das kleine Kätzchen lag neben Wuschel und sah etwas verängstigt aus. Wir saßen eine Weile so da, Noah war irgendwann runtergegangen um die Einkäufe aufzuräumen.

„Er kann nicht ausbrechen, Runa. Die Wärter dort wissen Bescheid und werden ihn nun nicht mehr unbeobachtet lassen. Dir wird nichts passieren, okay", versicherte Milo mir und ich nickte nur. Er seufzte. „Du glaubst uns nicht." „Wie soll ich euch glauben? Ich weiß, wie Liam ist. Er wird nicht aufgeben..." Verzweifelt vergrub ich die Hände in meinen Haaren und schrie. Ich hatte solche Angst. Milo drückte mich fest an sich und redete beruhigend auf mich ein. „Ich will das nicht mehr Milo. Es wird nie aufhören! Hörst du! Er wird nie aufhören!", schrie ich. „Runa, beruhig dich bitte. Er kann dir nichts tun und er kann auch nicht ausbrechen. Das ist unmöglich. Du bist sicher!", sagte er ernst und ich wurde langsam tatsächlich ruhiger. Zitternd lehnte ich mich an ihn und Wuschel kuschelte sich auch an mich. „Runa, es wird alles gut, du wirst sehen."



Einige Tage später


Seit Tagen konnte ich nicht mehr richtig schlafen. Bei jedem kleinsten Geräusch von draußen zuckte ich zusammen. Wuschel war die ganze Zeit an meiner Seite, passte aber auch gleichzeitig auf Flocke auf. Milo und Noah waren eher entspannt. Sie waren sich sicher, dass Liam nie ausbrechen konnte, aber ich glaubte das nicht. „Komm Runa, lass uns ein wenig spazieren gehen. Du kannst dich nicht die ganze Zeit einschließen, das ist nicht gesund", meinte Milo und ich seufzte. Unmotiviert zog ich mich warm an, es war kalt draußen und es lag viel Schnee. Wuschel blieb mit Flocke drinnen, es war viel zu viel Schnee für sie. Die Hände tief in meine Taschen vergraben folgte ich Milo und Noah durch den Schnee. Ich fühlte mich nicht wohl. Immer wieder sah ich mich um, da ich mich immer noch beobachtet fühlte.

Milo legte einen Arm um mich und seufzte. „Entspann dich Runa. Hier ist außer uns niemand, wir haben uns genau umgesehen", meinte er und ich schluckte. „Ich fühle mich einfach beobachtet", wisperte ich. „Hier ist außer uns niemand, das kannst du uns glauben", meinte nun Noah und ich senkte den Blick. Es war ja wirklich nett von den Beiden, dass sie mir dauernd versicherten, dass alles gut war, aber ich fühlte mich nicht sicher. Die Beiden hatten Liam nicht so gut kennengelernt wie ich, sie wussten einfach nicht, wozu er in der Lage war. Selbst wenn sein Geschäft jetzt zerschlagen war, er würde sich ganz bestimmt rächen. Milo seufzte. „Lasst uns zurückgehen. Es hat so keinen Sinn", murmelte er und wir gingen zurück. Als wir da waren zog ich mich zusammen mit Wuschel und Flocke zurück in mein Zimmer. Flocke war neugieriger geworden in den letzten Tagen, entfernte sich aber nie sehr weit von Wuschel. Jetzt gerade legen die Beiden neben mir auf dem Bett und ich versuchte meine Geschichte weiterzuschreiben, aber ich war absolut planlos, also legte ich mein Tablet weg und seufzte. Wuschel leckte mir über die Hand und ich kraulte ihn. Auch Flocke kraulte ich und sie schnurrte leise.

„Ich könnte wieder gehen...aber...das würde das Problem auch nicht lösen und ich würde Milo wieder verletzen..." Nachdenklich sah ich Wuschel an und er legte den Kopf schräg. „Runa! Essen ist fertig!", rief Noah und seufzend stand ich auf. Wuschel hob Flocke hoch und trug sie mir hinterher, die Treppe nach unten. Erst im Wohnzimmer ließ er sie runter und folgte mir dann ins Esszimmer. Wuschel und Flocke legten sich auf ihren Stammplatz und ich half Milo beim Tischdecken. Es gab Nudelauflauf, eigentlich liebte ich Nudelauflauf, aber ich hatte momentan einfach keinen Appetit, es war zu viel Stress für mich. Milo seufzte und ich aß meinen Teller leer, damit er zufrieden war. Danach fütterte ich Wuschel und Flocke und half beim Küche aufräumen. Danach verschwand ich wieder hoch in mein Zimmer und ließ mich aufs Bett fallen. Wuschel trug Flocke wieder hinter mir her und legte sich mit ihr in sein Körbchen. Nachdenklich starrte ich die Decke an und überlegte, ob ich nicht vielleicht wirklich zurück gehen sollte. Ich entschied mich dazu, wenigstens mal mit Milo und Noah darüber zu reden. Lange konnte ich eh nicht mehr bleiben, da ich bald wieder arbeiten musste.

Wuschel sah kurz auf, als ich das Zimmer verließ, blieb aber liegen, als ich es ihm befahl. Als ich gerade die Treppe runterging, hörte ich Milo und Noah miteinander reden. Eigentlich wollte ich nicht lauschen, aber als mein Name fiel tat ich es doch. „Milo, du erdrückst Runa wieder, es ist wie damals", meinte Noah. „Scheiße, Noah ich weiß, aber du siehst doch, wie Runa leidet. Ich kann mir das nicht mehr mitansehen!" Milo klang verzweifelt und ich ließ mich auf die Treppe sinken. Ich hätte von Anfang an nicht herkommen sollen, ich machte es für uns beide nur immer schlimmer. „Aber so vertreiben wir sie nur wieder. Sie verkriecht sich doch jetzt schon. Sie hat furchtbare Angst vor Liam und glaubt uns auch einfach nicht, dass er nicht ausbrechen kann." „Und was sollen wir deiner Meinung nach jetzt machen?" „Ich weiß es nicht, aber lass uns doch versuchen, Runa normal zu behandeln und nicht zu bedrängen." Milo seufzte und ich schlich leise wieder nach oben. Ich legte mich ins Bett und zog die Decke über mich. Vielleicht sollte ich einfach versuchen, so zu tun, als wäre alles okay, dann müssten sie sich nicht mehr solche Sorgen machen. Ab morgen würde ich so tun, als würde ich auch glauben, dass Liam nicht ausbrechen konnte.

Dazu brauchte ich allerdings Schlaf, aber den bekam ich nicht. Ich konnte einfach nicht schlafen. Genervt stand ich irgendwann auf, zog mich leise warm an und schlich dann nach unten. Leise öffnete ich die Terrassentüre und setzte mich auf die Terrasse. Es war kalt, aber das war okay, es lenkte mich ab. „Runa, was tust du hier draußen?", fragte Noah mich plötzlich und ich drehte meinen Kopf erschrocken zu ihm. Er stand im Türrahmen und trug lediglich eine Boxershorts. Seine Haare lagen unordentlich auf seinem Kopf und allgemein sah er sehr verschlafen aus. „Ich brauchte frische Luft", murmelte ich und er lächelte. „Bleib nicht zu lange draußen, nicht dass du krank wirst", meinte er und drehte sich wieder um. Ich versprach es ihm und er ging wieder nach oben. Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken und sah in den Sternenhimmel. Als mir kalt wurde ging ich wieder rein und hoch in mein Zimmer. Leise zog ich mich um und legte mich dann hin. Tatsächlich schlief ich dann ein und das auch erstaunlich ruhig.

Am nächsten Morgen ging es mir ein wenig besser und ich ging runter ins Erdgeschoss. Allerdings traf ich nur auf Noah der in der Küche stand und aufräumte. „Guten Morgen", begrüßte ich ihn und er drehte sich zu mir um. „Guten Morgen Runa, gut geschlafen?", fragte er und ich nickte. „Wo ist Milo?" „Einkaufen, aber er müsste eigentlich bald wieder da sein." Ich nickte und machte mir ein Brot, da ich ein wenig Hunger hatte. Auf einmal klingelte Noahs Handy und er ging ran. Plötzlich erbleichte er und legte auf. „Was ist?", fragte ich besorgt, denn ein ungutes Gefühl beschlich mich. Noah antwortete nicht, sondern rief jemanden an, aber scheinbar ging derjenige nicht ran. „Noah?", fragte ich und er legte sein Handy weg. „Liam ist ausgebrochen und Milo geht nicht an sein Handy."

You are Mine, little Bird 2Where stories live. Discover now