(154) Let's go!

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Unsere Nacht verlief extrem ruhig.
Die Zwillis hatten im drei Stunden Takt Hunger und das ganz brav nacheinander. So konnte ich Alex in Ruhe schlafen lassen, damit er fit ist, wenn er zur Arbeit muss.

Als ich irgendwann meine Augen öffne, da es mir gefühlt schon viel zu lange ruhig ist, liegt Alex schon nicht mehr im Bett. Aaron und Malea sind auch nicht da.

Was ist hier los?

Mein Wecker zeigt mir zehn Minuten nach neun Uhr an.

War irgendetwas? Ne, da hätte mich Alex sicherlich geweckt! Josi! Beweg deinen Arsch doch einfach aus dem Bett und geh gucken.

Ich folge meinem Gedankengang und schleiche die Treppe hinunter. Auf halbem Weg drehe ich wieder um, da ich vergessen habe, mir eine Hose anzuziehen. Als meine Beine dann endlich bedeckt sind, starte ich einen erneuten Versuch und laufe die Treppe hinunter. In der Küche scheint niemand zu sein, nur aus dem Wohnzimmer höre ich Geplapper von Phil und Paul. Meine Füße tragen mich bis zum Türrahmen des Wohnzimmers, worauf ich mich seitlich dagegen lehne und gerührt die beiden Männer mit Babys im Arm beobachte.
Aaron ist während dem Nuckeln eingeschlafen, weshalb Phil auch andauernd mit dem Sauger über die kleinen Lippen streicht. Manchmal wacht er dann doch nochmal auf und trinkt weiter. Malea nuckelt noch kräftig, hat die Augen aber auch schon auf halbmast und wird nicht mehr lange durchhalten. "Guten Morgen, ihr vier!" Ich rede extra ganz leise, damit sich keiner erschreckt. Paul und Phil drehen gleichzeitig die Köpfe zu mir und Grinsen mich schief an. "Ich hoffe, die Entführung war okay. Naja, eigentlich hat der Papa die Würmer mit runter gebracht, damit du noch ein bisschen schlafen kannst. Er war ziemlich empört, dass du ihn nachts nicht geweckt hattest. Die beiden waren aber ganz lieb! Wir haben schon für frische Windeln gesorgt und satt scheinen sie auch zu sein!" Phil schenkt mir ein breites Grinsen, das ich nur sehr gerne erwidere: "Danke, das ist total lieb von euch! Malea und Aaron haben sich heute Nacht so geschickt hintereinander gemeldet, da habe ich gar keine Hilfe gebraucht. Außerdem möchte ich Alex so viel wie möglich schlafen lassen, schließlich muss er arbeiten!" "Ob er das so einfach akzeptieren wird?" Phil gibt den Versuch, Aaron weiterhin zum Trinken zu bringen, auf und legt ihn stattdessen an seinen Oberkörper an, damit die Luft aus dem kleinen Mann entweichen kann. Malea hat es geschafft, die Flasche leer zu trinken und liegt schlafend, mit geöffneter Milchschnute, in Pauls Armen. "So, jetzt noch Luft raus, dann ist die Kleine auch fertig!" Paul scheint zufrieden mit seiner Leistung und legt Malea ebenfalls senkrecht an seinen Oberkörper an. "Wenn ihr das so wunderbar im Griff habt, gehe ich ganz kurz telefonieren. Ist das okay?" Phil legt meinen Sohn in den Stubenwagen und wirft mir einen irritierten Blick zu:
"Klar, warum nicht? Wir sind doch da und passen auf!" "Super! Bis gleich!" Kurz bevor ich mich umdrehe, überkommt mich doch der Drang, die Milchschnuten schnell zu küssen. Darum laufe ich zuerst zu Aaron, lege meine Lippen federleicht auf seine und drehe mich dann zu Malea und Paul.
Herr Richter versteht sofort und streckt mir mein Mädchen entgegen. Als auch die zweite Schnute von Mama geküsst wurde, flitze ich endlich in mein Zimmer.

Nervös und mit zitternder Hand, wähle ich Susi's Nummer in den Kontakten aus und lass es bei ihr durchklingeln:

Susi: "Hey süße. Du hast Glück, habe gerade Pause. Mein letzter Arbeitstag... Wahnsinn, oder?"
Ich: "Wow. Dann hast du es endlich geschafft! Bald bist du ganz in unserer Nähe! Ich freue mich schon so!"
Susi: "Ist irgendwas? Du hörst dich so komisch an!"
Ich: "Ja... Ich... Ich habe etwas vor, aber ich bin mir nicht sicher, ob das vielleicht viel zu früh ist. Also, ich bin mir schon sicher, dass ich das will, aber keine Ahnung, ob er das auch will!"
Susi: "Ähm, muss ich das jetzt verstehen?"
Ich: "Susi, ich heirate Alex!"
Susi: "Oh...äh.. okay. Er dich auch?"
Ich: "Weiß ich nicht. Also ich bin mir bei mir sicher, aber er muss ja auch zustimmen, damit es klappt und.."
Susi: "Aaaaaaah, du willst ihm einen Antrag machen? Du?"
Ich: "Ja, wieso? Nicht gut?"
Susi: "Doch! Doch! Doch! Das ist aber wieder sowas von typisch Josi... Wann, Wo, Wie, Was?"
Ich: "Wie typisch?"
Susi: "Na, dass bei dir wieder alles anders läuft. Haha. Hab ich das jetzt vorhin richtig verstanden? Du bist dir nicht sicher, ob er das auch will?"
Ich: "Naja, ich denke ja eigentlich schon. Aber ich weiß nicht, ob ihm das alles zu schnell geht..Was, wenn ich ihn überrumpele und er nachher nein sagt?"
Susi: "Wird er nicht!"
Ich: "Was, wenn er nur so mit mir zusammen sein will, ohne Heirat und so?"
Susi: "Will er nicht!"
Ich: "Und wenn er dann nur ja sagt, weil er Angst hat, mich zu verletzen, wenn er nein sagt?"
Susi: "Josi! Atme mal ganz tief durch! Mach dir doch nicht so viele Gedanken! Alex wird dich hundert Prozent nicht abweisen. Dafür liebt er dich zu sehr. Das sieht doch ein blinder mit Krückstock!"
Ich: "Dein Wort in Gottes Ohr. Wenn er mich nachher aber nicht will, dann bist du schuld, weil du gesagt hast, dass er mich will!"
Susi: "Hahaha, das Risiko gehe ich ein. Das ist sooooo süß! Hey! Aber das eins klar ist: Ich bin deine Beratung in Sachen Brautkleid, verstanden!"
Ich: "Boah, ich kack mir in die Hose, weil ich nicht weiß ob Alex mich heiraten will und du denkst über das Brautkleid nach."
Susi: "Ach, mach dir nicht ins Hemd. Wann willst du das machen? Erzähl!"
Ich: "Schätzungsweise nächste Woche. Ich muss noch ein paar Dinge organisieren und ich weiß nicht, ob das so klappt, wie ich mir das vorstelle. Da muss Michael auf alle Fälle mitspielen."
Susi: "Ich kann dann ja so lange auf die Kleinen aufpassen, wenn du möchtest. Wie sieht's mit Ring aus?"
Ich: "Das ist die nächste Frage. Es wird auf jeden Fall nichts aus Gold. Ich mag das nicht. Eher Silber, vielleicht mit Roségold, mehr aber auch nicht. Du weißt ja, ich mag es nicht so übertrieben. Aber ich weiß nicht, wie ich das mit der Ringgröße machen soll... Alex trägt ja sonst keine Ringe und fragen kann ich ihn ja schlecht!"
Susi: "Da gibt es doch solche Schablonen, in die man die Finger reinstecken kann. Das musst du halt nachts mal machen. Dann hast du die Größe!"
Ich: "Super Idee! So werde ich das machen! Danke Süße!"
Susi: "Kein Problem! Halt mich auf dem Laufenden. Ich muss leider wieder arbeiten. Also, machts gut und schalte die unnötigen Gedanken ab!"
Ich: "Sagst du so leicht. Also, bis denn. Tschüss."

Jetzt bin ich noch viel nervöser als vorher, weil eines ganz sicher feststeht:
ICH WERDE ALEXANDER HETKAMP EINEN HEIRATSANTRAG MACHEN!

Bevor ich wieder nach unten düse, atme ich zwanzig mal tief durch, hüpfe einmal durch die Gegend und schüttel mich selbst durch. Was das bringen soll, weiß ich auch nicht, aber ich tue es einfach.

Auf dem Weg nach unten, purzel ich fast die Treppen runter, da ich so wackelige Beine und diese kaum unter Kontrolle habe. In der Küche angekommen, lasse ich mir schnell einen Kaffee raus. Phil steht neben mir an der Spüle und wäscht grob die benutzten Fläschchen aus: "Warum zitterst du so?" "Hmmm? Ich zittere doch nicht!", ich winke ihm ab und verstecke meine Hände in den Hosentaschen meiner Jogginghose.
Herr Funke trocknet seine Hände am Geschirrtuch ab und legt seine leicht schrumpeligen Finger um mein Handgelenk: "Dein Puls galoppiert fast davon! Was ist los? Den Kaffee kannst Du erstmal vergessen!" "Nichts, ehrlich. Ich bin heute nur irgendwie nervös... Vielleicht weil ich jetzt gleich bei der Trageberatung anrufe und einen Termin ausmache. Allerdings hat Tom mir noch keine Nummer gegeben. Mensch... Tom anrufen und nachher... komm ich da zu Fuß hin?", ich füge meinen Sätzen meine lauten Gedanken an, was ich selbst kaum bemerke, da ich so durch den Wind bin. Herr Funke wird sicherlich gleich einen Platz in der Klapse für mich reservieren, zumindest verspricht mir das sein Gesichtsausdruck.

"Setz dich bitte mal hin!" Der Lockenkopf schiebt mich zu einem der Esszimmerstühlen und verlässt eilig den Raum. Als er zurück kommt, hat er ein Blutdruckmessgerät, eine kleine Leuchte und alles für eine Blutzuckermessung dabei. "Was wird das jetzt?", ich weiß nicht, was er jetzt mit mir vorhat, aber mir gefällt das ganz und gar nicht. "Du bist komisch und stehst total neben dir! Irgendwas stimmt nich. Bevor wir..." "Phil, das hat einen anderen Grund!", ich lächle im gequält entgegen. "Was ist los? Ist etwas passiert?" "Nein noch nicht. Aber ich... habe Angst davor und darum...", ich reibe meine Handflächen an meiner Jogginghose ab, da diese schon ganz feucht sind. "Kann ich dir irgendwie helfen?" Phil macht sich extreme Sorgen, das sehe ich ihm an.
Da es aber keinen Grund zur Besorgnis gibt, er mir das unter keinen Umständen glauben wird, weihe ich ihn eben auch ein. Seine Freundin wird sich wahrscheinlich eh verplappern.

"Du musst mir versprechen, dass du das für dich behältst. Vorerst wissen es nur Susi und du, okay?" "Bist du wieder Schwanger?" Phil wirft diese Frage in den Raum, als wenn er nach einem Kaffee fragen würde. "Nein!", ich starre ihn entsetzt an und schüttel mit dem Kopf. "Ich...will.. Alex einen Antrag machen und sterbe fast vor Angst, okay?!", ich beiße mir auf die Unterlippe, starre Phil erwartungsvoll an und kann gar nicht einschätzen, wie seine Reaktion ausfällt. "Boah, ich dachte schon, es sei irgen... Warte! DU willst Alex einen Antrag machen?" Die riesengroßen Augen bringen mich schon fast zum Lachen. "Ja! Schlimm?", ich knete unsicher meine Hände und werfe einen Blick auf den Boden. Die unerwartete stürmische Umarmung reißt mich fast vom Stuhl:
"Super! Wir warten eigentlich schon die ganze Zeit darauf, dass Alex in die Gänge kommt. Eure spürbare Liebe ist ja fast schon nicht mehr auszuhalten! Warum bist du dann aber so durch den Wind?" "Na, weil ich Angst habe, dass er vielleicht nicht will", mit einem Schulterzucken stoße ich einen tiefen Seufzer aus, worauf Phil mein Gesicht zwischen seine Hände nimmt: "Nenn mir einen einzigen Grund, warum Alex nicht "ja" sagen sollte! Also ganz ehrlich, wenn nicht ihr zwei, dann keiner... Hast du schon einen Plan?"
Phil nimmt mir dann doch ein bisschen meine Ängste und sorgt für ein Abebben des Sturms in mir. Ich erzähle ihm mein Vorhaben und was ich noch alles organisieren muss. Herr Funke ist sichtlich überrascht und begeistert von meiner Idee, was mich wieder viel mehr pusht und somit meine Motivation komplett steigert. Im Anschluss darf ich dann doch einen Kaffee trinken, während der Herr Notarzt das ganze Gedönse wieder wegräumt.

Also:
Punkt 1: Tom nach der Nummer der Trageberatung fragen und dort einen Termin vereinbaren.
Punkt 2: So ein Ringgrößen-Mess-Dings organisieren.
Punkt 3: Mit Michael reden, da gewisse Dinge eine vorherige Anmeldung brauchen.
Das wird ein anstrengender Tag, aber: Let's go!

Einzelkämpfer (ASDS)Where stories live. Discover now