Lu - er ist ein Model und er sieht gut aus..

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Nun standen wir vor diesem beschissenen Fotoladen. Auf was hatte ich mich da bloß eingelassen? Ich hasste es, fotografiert zu werden und dieses ganze Modelbusiness ging mir gegen den Strich. Eigentlich hätte ich's mir denken können. Das hier war schließlich irgendwo auch Sandros Welt. Er hatte oft im Studium nebenbei gemodelt, um Geld dazu zuverdienen. Nichts Weltbewegendes und Großartiges, aber darauf hatte er es ja auch nicht angelegt. Wie sagte er immer so schön: ‚Schönheit ist vergänglich, damit kann man sich kein lebenslanges, beständiges Kapital sichern.' Und damit hatte er ja auch vollkommen recht.

Schön ... würde ich Sandro als schön bezeichnen? Frauen fanden ihn auf jeden Fall schon immer sehr hübsch, nur hatte er kein Auge für sie übrig. Hmm ... und die Anzahl der Typen im Heaven ließ wohl darauf schließen, dass er auch unter Männern heiß begehrt war. Ja doch, irgendwie fand ich ihn auch schön. Konnte man das überhaupt so sagen, bei einem Freund?

Das Zuknallen einer Tür riss mich aus meinen Gedanken. Sandro war ausgestiegen und wartete ungeduldig vor dem Auto auf mich. Missmutig öffnete ich die Autotür und schwang voller Begeisterung meine Füße ins Freie. Nur eine Wurzelbehandlung wäre schöner gewesen. Zeit schinden würde mir wohl nichts mehr bringen.
„Na endlich! Komm schon, ich will Noah nicht warten lassen.", bat er mich.
„Noah?", fragte ich nach, weil ich mir sicher war, dass er mir gegenüber diesen Namen noch nie erwähnt hatte. Im Gegensatz zu meinen tollen Freunden konnte ich mir nämlich Namen merken! Egal ob ich mit ihnen schlief oder nicht.
„Ja, unseren Fotografen, Noah Wolf. Der mag es überhaupt nicht, wenn man seine kostbare Zeit stiehlt.", erklärte mir Sandro und ging auf den Eingang zu. Da blieb mir nichts weiter übrig, als ihm schlicht und ergreifend zu folgen.

Drinnen erwartete uns eine schlichte Lobby mit einem Empfangstresen, an dem eine Empfangsdame gerade das Telefon bediente. Sandro schlenderte, mit einem breiten Grinsen im Gesicht, auf sie zu. Als die ältere Dame uns entdeckte, strahlte sie ebenso herzlich zurück. Sie gab uns kurz ein Handzeichen, das wir warten sollten und begann, etwas auf ein Blatt Papier zu kritzelte, während sie weiter in den Hörer plapperte, um uns im nächsten Augenblick das Blatt in die Höhe zu halten.

- Rechter Flur, letzter Raum. Noah erwartet dich –

„Ihr kennt euch gut, oder?", frage ich Sandro, als wir bereits den rechten Flur entlang gingen. „Ja, ich war hier schon sehr oft. Früher vor der Kamera, in letzter Zeit nur als Kunde. Mit Noah hab ich auch schon oft gearbeitet. Damals war er noch nicht so erfolgreich wie jetzt. Aber ich freu mich für ihn. Er hatte schon immer ganz besondere Fotos gemacht." Ich hatte gespannt Sandros Worten gelauscht, da hatten wir eine große Tür erreicht, hinter der man lautes Stimmengewirr erahnen konnte.

„Wie ich höre, ist er schon in Höchstform.", stellte Sandro fest, öffnete die Tür und ließ mir so keine Gelegenheit, seine Aussage zu hinterfragen. Die Stimmen wurden lauter und in der Halle, Raum konnte man diese Größe gar nicht mehr nennen, herrschte reges Treiben. Überall liefen Menschen herum und riefen sich Anweisungen zu. Von den ganzen Eindrücken, etwas überrumpelt blieb ich erstmal stehen und sah mich um. Direkt vor mir war so etwas wie eine Bühne aufgebaut. Eine Art dunkelbrauner, alter Dielenboden mit einem riesigen Hintergrund, der außen Schwarz war und nach innen hin zu einem dunklen weinrot verlief. Das Ganze wurde vom unzähligen Scheinwerfer ausgeleuchtet. Ein Mann, nicht älter als Vierzig, linste durch eine Kamera und machte scheinbar ein paar Probeaufnahmen. Unser Weg führte uns direkt auf ihn zu, schien sich wohl um besagten Noah zu handeln.

Als wir ihn erreicht hatten, hielt Sandro mich mit einem Handzeichen an, still zu sein. Der Meister sollte wohl nicht in seiner Arbeit gestört werden. So nutzte ich die Zeit und musterte den Kerl genau. Er hatte längere blonde Haare, die er mit einem Gummi zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Mittlerweile hatten sich aber viele der Strähnen gelösten und standen im wild vom Kopf, als hätte er sich schon des Öfteren die Haare raufen müssen. Ansonsten war er eher unscheinbar, mit seiner dunklen Jeans und einem einfachen weißen T-Shirt. Er sah die ganze Zeit nur durch sein Objektiv und gab immer wieder Anweisungen an einen Paul, der hier und dort einen Schirm bewegte oder die Position eines Strahlers wechselte. Uns schien er gar nicht wahrzunehmen, obwohl wir unmittelbar neben ihm standen. Sandro beobachtete interessiert diesen Noah und schmunzelte vor sich hin. Er schien diesen Mann gern zu haben. Irgendwie war es plötzlich ein komisches Gefühl, nichts von dieser Seite aus Sandros Leben zu wissen. Aber da war ich wohl selber schuld.

Blue eyes (Cupcakes 2)Where stories live. Discover now