7. Türchen

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"Wir machen es so, du hängst die Kugeln auf und ich mache mich an die Lichterkette?", schlug Patrick vor und lud die Kisten von seinen Armen auf den großen Esstisch, der in einer Ecke des Wohnzimmers stand.
"Einverstanden."
Ich gesellte mich zu ihm und öffnete die Kartons, die mit den Worten Kugeln und Schmuck beschriftet waren.

Matte und glänzende rote Christbaumkugeln leuchteten mir entgegen. Daneben lagen einige goldene und anders verzierte Kugeln.
Der Schmuck erinnerte mich sehr an den zuhause, nur wirkte er hier nicht so trostlos.
Nicht mit schlechten Erinnerungen behaftet.

Mit vorsichtigen Bewegungen machte ich mich daran eine Kugel nach der anderen aus ihrem Karton zu holen und am Baum zu verteilen.

Patrick versuchte sich daran die Kabel der Lichterkette zu entwirren und nach einigen Minuten, in denen ich aus dem Augenwinkel seine miserabelen Versuche beobachtet hatte legte ich meine Arbeit für den Moment nieder und kam ihm zur Hilfe.

Ich musterte den undurchdringlichen Kabelsalat, entriss ihn Patrick, der einen leisen Protest murmelte und begann an den einzelnen Kabeln zu ziehen, bis sich die ersten Knoten lösten.

"Du bist ziemlich gut darin," stellte Patrick fest und ich bemerkte den beeindruckten Ausdruck auf seinem Gesicht.
"Ich hab das früher immer gemacht, weil meinem Vater die Geduld dafür gefehlt hat," erklärte ich und arbeitete geschäftig weiter, das bittere Gefühl, welches mich dabei durchflutete ignorierend.
"Das kenne ich." Patrick grinste vor sich hin und schien eindeutig in Erinnerungen zu schwelgen.
Bessere Erinnerung als ich haben musste.

"So, es ist vollbracht!"
Ich drückte dem Brünetten das entwirrte Kabel gegen die Brust, wirbelte herum und machte mich an dem restlichen Baumschmuck zu schaffen.

"Alles gut?", fragte Patrick, der mich beobachtete während er sich hinkniete und die erste Kerze an einem der Tannenzweige befestigte.
"Natürlich," erwiderte ich und nahm mir eine der roten Christbaumkugeln," warum sollte etwas nicht stimmen?"
"Ach, nur so." Er sah zu mir auf und ich lächelte gezwungenermaßen, um ihn von seinem Gedankengang abzubringen.
"Wenn etwas sein sollte melde ich mich natürlich sofort bei dir," murmelte ich leise und verfluchte mich kurz darauf für den sarkastischen Tonfall, den ich eingeschlagen hatte.
Patrick konnte am wenigsten etwas für meine Vergangenheit und es war unfair meine negativen Gefühle an ihm auszulassen.

Den restlichen Baum schmückten wir schweigend fertig.
Jeder hing seinen Gedanken nach und hängte Kerzen oder Kugeln auf.

Der Baum verströmte seinen würzigen Duft und das Feuer knistertete im Hintergrund.
Es wäre die perfekte Umgebung, würden meine Gedanken nicht düster vor sich hin laufen.

Nachdem unsere Arbeit vollbracht war räumte Patrick die leeren Kisten wieder dahin, wo er sie zuvor hervor gezaubert hatte und wir nahmen auf der Couch Platz.

Schweigen legte sich über uns und ich regte mich darüber auf nicht offener zu sein und ein Gespräch zu beginnen.
Auf der anderen Seite, was brachte das schon?
Patrick ließ mich aus Mitgefühl all diese Dinge erleben und in ein bis zwei Tagen würden wir uns verabschieden und nie wieder sehen.
Eine Freundschaft aufzubauen war unnötig, wenn man in Betracht zog wie viel Zeit uns gemeinsam blieb.
Vielleicht war die Stille genau das Richtige und wir sollten die restliche Zeit einfach zusammen absitzen und versuchen keinen Ärger zu bekommen.

"Möchtest du etwas Essen?", drang Patricks Frage in mein Gehör und ich sah von meinem Handy auf, das ich zuvor geholt hatte, um meine Familie auf dem Laufenden zu halten.
Ich zuckte mit den Schultern:" Klar. Sollen wir etwas kochen?"
"Gerne," Patrick lächelte und ich erblickte einige Lachfältchen um seinen Mund.

Es war nicht schwer zu erkennen, dass er eindeutig ein fröhlicher Mensch war.
Wie konnte es bei jemandem mit einer so tollen Familie auch anders sein?

"Und danach backen wir Plätzchen!"
Mit den Worten riss Patrick mich aus den Gedanken und grinste mich breit an:" Irgendetwas, was dir schmeckt! Meine Mutter hat ein Rezeptebuch und da steht wirklich jedes Rezept drin, das es gibt."
"Oh." Ich blickte auf mein Handy, das auf meinem Oberschenkel ruhte.
So viel zu meinem Plan die restliche Zeit hier ruhig anzugehen.
Und doch zog mich etwas zu dieser Idee hin.
Wenn ich bei meiner Familie war musste ich mich um nichts kümmern. Meine Mutter kochte und jeder brachte Plätzchen mit. Das letzte Mal, dass ich Weihnachtsgebäck gebacken hatte musste Jahrzehnte zurück liegen.
"Okay!" Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte war das Wort draußen und ich lächelte unsicher.

"Dann komm!" Begeistert sprang Patrick von der Couch auf und eilte zur Küche. "Für heute Mittag oder eher Nachmittag habe ich einen einfachen Kartoffelsalat und Würstchen geplant. Das Buch mit den Rezepten gebe ich dir und dann darfst du dir was aussuchen."

Schmunzelnd folgte ich dem Brünetten in die Küche, wo er bereits ein Buch aus einem der Schränke zog und es auf den Tisch legte.
"Das ist das gute Stück. Nimm dir während ich koche Zeit und such dir etwas aus, das wir später backen können."
"Oh, okay."

Adventskalender- KTWhere stories live. Discover now