Kapitel 79

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Vielleicht wird Sonntag jetzt mein Upload-Tag?   Ziemlich optimistisch, aber ich versuche es mal :-)

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war das Bett neben mir leer und kalt.
Ich drehte mich noch ein paar mal nach links und rechts, gab das Einschlafen aber bald auf.
Ich angelte gähnend nach meinem Handy.
Kurz nach neun.
Vielleicht war Henry in seinem Bett oder bei irgendwem auf der Couch gelandet.
Ich stand auf und machte mich auf den Weg in die Küche. Henrys Zimmertür stand offen, der Raum dahinter war leer.
In der Küche saß Raphi am Tisch und frühstückte.

„Guten Morgen", sagte er fröhlich und schenkte mir ein strahlendes Lächeln.
Ich lächelte zurück und ließ mich aufs Sofa ihm gegenüber fallen, nachdem ich mir einen Kaffee eingeschenkt hatte.
„Wie war die Vernissage?", fragte er dann und schob sich einen Löffel Müsli in den Mund.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ganz cool, aber du hast nichts verpasst".
Raphi nickte.
„Hast du Henry schon gesehen?". Ich trank einen Schluck Kaffee und sah ihn dann fragend an.
„Oh ja", er grinste amüsiert. „Vor etwa einer Stunde kam er hier rein gestolpert, hat sich geduscht, umgezogen und ist wieder gegangen. Er hatte so Augen", Raphie zog sein eigenes linkes Auge demonstrativ mit Daumen und Zeigefinger auseinander. Dann schüttelte er leise lachend den Kopf.
Ich schnaubte.
Ein bisschen aus Empörung, weil er mir nicht mal eine Nachricht geschrieben hatte. Ein bisschen aber auch aus Neid und aus Enttäuschung, weil mein Tag dann wohl ohne Henry ablaufen würde.

Als ich es mir abends im Bett gemütlich machte, kuschelte sich Henry neben mir in die Decke. Müde und ausgelaugt schmiegte er sich dicht an mich. Henrys Körper hatte vermutlich all seine Endorphine und das letzte Fünkchen Energie ausgeschüttet und musste nun wieder Kraft tanken.
Während ich meinen Laptop aufklappte und einen Film heraus suchte, hörte ich bereits wie seine Atmung gleichmäßig und ruhig wurde und als ich mich im Endeffekt doch für eine Folge meiner Lieblingssendung entschied, war er bereits eingeschlafen.
Sein Kopf ruhte auf meinem Bauch.
Plötzlich fühlte ich mich ihm unglaublich fern. Als hätten unsere Lebensrealitäten nicht mehr viel miteinander zu tun.

Henry hatte sich seine vergangenen Stunden über, verschwitzt auf der Tanzfläche zwischen fremden Menschen durchgeschoben, erschöpft auf irgendeiner Afterhours mit und zwischen anderen lethargischen Personen doch noch eine Line Pep gezogen, um dann überdreht auf die nächste Party weiterzuziehen.
Ich hatte 9 Stunden geschlafen, war ohne Kater aufgestanden, hatte gefrühstückt, die Küche aufgeräumt und dann mit Mel den Tag auf dem Wochenmarkt vertrödelt. Dann hatte ich gekocht, alleine gegessen und erneut die Küche aufgeräumt.
Es fühlte sich an, als hätte ich das Leben, das Henry führte, einfach so verlassen. Als wäre ich kein Teil mehr davon. Ich dachte, dass ich mich selten so allein gefühlt hatte. 
Doch im gleichen Moment  fragte ich mich , ob die Dinge, die ich für so unvereinbar hielt, es auch wirklich waren? Versuchte ich nicht einfach mein eigenes Gewissen zu beruhigen und meine Entscheidung zu rechtfertigen, indem ich eine gemeinsame Lösung als zum Scheitern verurteilt ansah?

Ich seufzte tief.
Zärtlich strich ich Henry übers Haar und versuchte all meine Liebe für ihn, in diese simple Geste zu packen.
Henrys Lider flackerten und er sah mich aus müden Augen an.
"Du hast mir gefehlt", murmelte er dann und drängte sich noch ein bisschen näher an mich. "Mit dir macht alles immer ein bisschen mehr Spaß".
Ich nahm ihn fest in den Arm, streichelte ihm über den Rücken, übers Haar, über die Wange.
Ich wusste nicht, wie lange ich ihm noch die Wahrheit verschweigen konnte. Es brach mein Herz. Aber ich tat es doch für ihn. Für seine Zukunft.
Ich klappte den Laptop zu, stellte ihn neben mein Bett und zog die Decke ein bisschen weiter über mich und über ihn.
"Gute Nacht", flüsterte ich und drückte ihm einen Kuss auf den Scheitel.

TrifoliumWhere stories live. Discover now