Kapitel 14 - Livia mit Ripper (von Liz Rosen)

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»Ich glaube nicht, dass wir die Erlaubnis haben, hier zu sein. Lass uns lieber wieder zurückgehen«, bitte ich und sehne mich zurück in das kleine italienische Restaurant in der Nähe, in dem wir zu Abend gegessen haben. Ohne Reservierung ist es zwar schwer gewesen, noch einen Platz zu bekommen, aber einer der Barkeeper hat Ripper mit großen Augen angestarrt, als wir den Laden betreten haben, und dann dafür gesorgt, dass wir zumindest ein warmes Abendessen bekamen, nachdem unser Anschlussflug gestrichen wurde. Ich unterdrücke ein frustriertes Schnaufen. Es ist bestimmt nicht mein Plan gewesen, eine Woche vor Weihnachten zu heiraten und anschließend in einen Flieger zu steigen, der beinahe abgestürzt ist, weil draußen das reinste Schnee-Chaos herrscht. Und noch weniger habe ich vorgehabt, dann in London festzusitzen und weder nach Hause nach Arizona noch auf die kleine Insel zu können, auf der Ripper und ich unsere Flitterwochen verbringen wollten. Aber mein absolutes Highlight ist dieses Hotel – das einzige in der Nähe wohlgemerkt – das kein einziges Bett mehr zur Verfügung hat. Und Ripper, dessen Grinsen von Sekunde zu Sekunde breiter wird. Für ihn ist all das ein großes Abenteuer, aber ich will nur noch in ein Bett und mich an ihn kuscheln. Haben wir noch nicht genug durchgemacht?
Es platscht, als ich durch eine Pfütze auf dem Boden gehe. Das dreckige Wasser spritzt über meine Stiefel und färbt das helle Grau in ein tiefes Schwarz, als die Tropfen auf den Stoff treffen. Verflucht! Kann der Tag noch schlimmer werden?
»Du hast die Rezeptionistin doch gehört, Täubchen. Sie haben keine Zimmer mehr, also müssen sie damit rechnen, dass die Gäste sich selbst Schlafplätze schaffen.« Ripper wirft mir über die Schulter einen Blick zu und zieht mich dann weiter den Gang entlang. Immer tiefer in das Kellergewölbe des Hotels. So sauber und edel es auch im oberen Bereich ist, hier ist nichts mehr von dem Sterne-Hotel zu sehen. Spinnweben hängen an der Decke, es riecht modrig und überall ist es auf seltsame Weise feucht. Und kalt. Jeder Millimeter meines Körpers friert und meine Finger sind bereits blau angelaufen. Kein Wunder, dass hier keine Menschenseele ist, immerhin gibt es keine Heizung. Dennoch hat Ripper darauf bestanden, die vollgestopfte Eingangshalle zu verlassen, nur um mit mir allein zu sein. Und ich bin ihm gefolgt – so wie ich es immer tue. Aber noch nie habe ich es bereut. Bis heute. Ich bleibe stehen. Rippers Schritte stoppen. Verwirrt dreht er sich zu mir um.
»Was? Stimmt etwas nicht?«, fragt er, und am liebsten würde ich in Tränen ausbrechen. Es ist zwei Tage vor Weihnachten! Versteht er das nicht? Es ist unser allererstes Weihnachten als Familie und wir sind kilometerweit von den anderen entfernt. Ich vermisse sie. Sie alle. Carnage, Slayer, Allison, Hannah und die anderen. Aber am meisten fehlt mir Darkaria. Ich hätte sie nie zurücklassen dürfen. Aber nun kann ich nichts mehr daran ändern und bin verflucht dazu, in einem schäbigen Keller zu heulen. Oder noch schlimmer: im Knast. Was ist, wenn man uns hier unten erwischt? Auf den Türen, durch die wir gegangen sind, stand ganz groß, dass der Zutritt für Gäste verboten ist. Außerdem hat Ripper zwei dieser Türen aufgebrochen. Genau genommen sind wir also in den Keller eines Hotels eingebrochen.
»Wir sollten gehen«, murmle ich leise und kämpfe gegen die aufkommenden Tränen, die drohen, mich von innen zu zerreißen. Meine Augen brennen und meine Sicht verschwimmt, doch ich blinzle tapfer. Ich darf nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit zu weinen beginnen. Ich bin schließlich nicht mehr die Tochter eines Predigers, sondern die Frau eines Bikers. Und das würde sich niemals wieder ändern.
»Du bist so süß, Täubchen.« Ripper dreht sich zu mir um und legt eine Hand an meine Wange. Sein Daumen streicht zärtlich über meinen Wangenknochen. Sofort fühle ich mich ein wenig besser. Seine Berührung sorgt dafür, dass sich der Sturm in meinem Inneren legt. Augenblicklich werde ich ruhiger und ich schniefe leise. »Ich brauche die Erlaubnis von niemandem, um meine Ehefrau zu ficken.« Rippers harter Ton passt nicht zu der liebevollen Geste, mit der er meine Wange liebkost, und sofort weiß ich, dass ich einen wunden Punkt getroffen habe. Nein, jetzt muss er niemanden mehr fragen. Ich bin seine Ehefrau. Es klingt noch ungewohnt, aber nicht schlecht. Ehefrau. Wir sind verheiratet. Ich kann es noch gar nicht glauben, aber es ist die Wahrheit. Niemand kann mich ihm noch wegnehmen.
»Ripper, bitte! Ich will meine Flitterwochen nicht in einem Keller verbringen. Ich will nach Hause. Mir ist kalt und ich bin müde.« Und ich will mehr als die Berührung an meiner Wange. Ich sehne mich nach dem Feuer, das Ripper in mir entfacht, wenn er mich streichelt. Mich richtig streichelt und nicht diese Kreise, die er auf meine Wangenknochen zeichnet, weil der Rest meiner Haut in dickem Stoff verpackt ist. Ich unterdrücke ein Schnauben. Obwohl mir eiskalt ist, kommt mir der Wintermantel um meine Schultern übertrieben vor, immerhin habe ich keine Probleme damit, Rippers Körper zu erkunden. Er trägt nur seine Lederjacke über seiner Kleidung und sonst nichts. Dennoch scheint ihm heiß zu sein, denn Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn, während er nach meinen Hüften greift und mich nach hinten an die Wand drängt. Automatisch findet sein Knie einen Weg zwischen meine Beine. Ich keuche. Etwas Hartes drängt sich an meinen Oberschenkel und dämpft die Sehnsucht nach meiner Heimat bei den Dark Slaughters ein wenig. Stattdessen flackert ein neues Gefühl in meiner Brust auf. Lust. Es ist absolut unpassend an einem Ort wie diesem, aber wir hatten den ganzen Tag keine Sekunde für uns allein gehabt und nun ... naja, früher habe ich es monatelang ohne Sex ausgehalten, aber mit Ripper in der Nähe, schaffe ich keine 24 Stunden.
»Ich will einfach nur in dir sein.« Ein Knurren verlässt Rippers Mund. Zeitgleich drückt er seinen Körper fester an mich und legt seine Stirn an meine. Sein warmer Atem bläst mir ins Gesicht. Der Geruch nach Leder und Motoröl, der ihn immer umgibt, umfängt mich. Er hüllt mich ein und drängt die Kälte zurück, sodass ich nicht mehr das Gefühl habe, jeden Moment zu erfrieren. »Egal, ob wir in einem verfickten Keller, auf einer einsamen Insel oder in der Hölle sind. Aber das kann ich nicht, wenn du weinst. Also haben wir zwei Möglichkeiten. Entweder wir gehen zurück in die Haupthalle und gesellen uns zu den saufenden Idioten dazu, die sich auch noch die letzten Gehirnzellen ertränken, oder ich ficke dich gegen diese Wand und danach sehen wir uns nach der Waschküche um, damit wir Decken klauen und uns ein Bett daraus machen können.« Rippers Stimme macht keinen Hehl daraus, welche der beiden Alternativen mein Ehemann bevorzugt und auch seine Hände, die sich tiefer in meine Hüfte bohren, bis ich die Beine anhebe und um sein Becken schlinge, zeigen deutlich, dass Ripper alles dafür geben wird, dass ich ja sage. Und ich will es. Ich will es so sehr. »Also soll ich dafür sorgen, dass dir wärmer wird, Täubchen? Oder gehen wir zurück?« Ripper reibt seine Nasenspitze an meiner. Sein Atem beschleunigt sich und ich kann spüren, wie sein Glied immer härter wird und gegen meine Mitte drückt.
»Ripper? Wir können nicht ...« Ja! Alles in mir schreit danach, ihm zu geben, was wir beide wollen und mich an seinem Schaft zu reiben, bis wir schreiend zum Höhepunkt kommen. Egal, wie sehr ich mich in der Vergangenheit bemüht habe, ich bin immer laut, wenn ich von den Wellen mitgerissen werde und meine Lust mich übermannt. Und Ripper liebt das. Genau wie ich. Aber jetzt wäre es zu unserem Nachteil. Wie lange wird es dauern, bis jemand kommt, um nachzusehen, weil sie Geräusche aus dem Keller hören? Ein paar Minuten? Nicht lange genug jedenfalls. Soll ich es trotzdem riskieren? Mein Körper fleht mich an, es zu tun. Hitze steigt in mir hoch. Ich erzittere. Meine Brustwarzen, die schon von der Kälte hart und steif sind, beginnen zu kribbeln und in meinem Schoß setzt ein Pochen ein, das schon bald zu einem Pulsieren wird. Mein Eingang zuckt. Er zieht sich zusammen und protestiert aufgrund der furchtbaren Leere in mir. Ich brauche Ripper in mir. Ganz dringend. Er soll dafür sorgen, dass ich mich besser fühle und vergesse, wie fruchtbar der Tag begonnen hat.
»Wieso nicht?«, verlangt Ripper zu wissen, als wäre es für ihn üblich, in Kellerabteile einzubrechen und Sex zu haben. Wie oft er das schon getan hat? Ich will es nicht wissen. Andere Frauen zählen nicht. Jetzt nicht mehr. Ich werde die letzte sein, die ihn tief in sich spürt und das ist alles, was zählt.
»Was, wenn jemand kommt?«, flüstere ich, lasse jedoch zu, dass Ripper einen Kuss auf meine Wange presst und seine Hände von meiner Hüfte nimmt, um seine Lederjacke auszuziehen. Um nicht runterzufallen, schlinge ich instinktiv meine Arme um seinen Hals.
»Dann werde ich ihm die Augen ausstechen. Versprochen«, prophezeit er und zieht nicht nur seine Jacke, sondern auch sein Shirt aus, was mir zeigt, dass ich diese Diskussion verloren habe. Ripper wird mich nehmen, egal, wie viel ich protestiere.
»Ripper!« Ich versuche, entrüstet über seine Worte zu sein, aber seine Hände, die ihren Weg zu den Knöpfen meines Wintermantels finden, sorgen dafür, dass ich eher atemlos klinge. Und das Stöhnen, das darauf folgt, macht es nicht besser. Aber ich kann es nicht ändern. Mittlerweile steht mein Körper beim bloßen Gedanken an seinen harten Schaft in mir in Flammen.
»Entspann dich, Livia. Es ist Weihnachten. Ein Fest der Liebe. Wer will es mir verdenken, wenn ich die schönste Frau in diesem Gebäude besitzen will? Niemand, richtig.« Rippers Stimme hat einen rauen Unterton angenommen, der mein Herz dazu bringt, schneller und schneller zu schlagen. Ich stöhne. Verflucht, er weiß genau, was er tun muss, damit mein Gehirn sich verabschiedet und in meinem Kopf nichts anderes übrigbleibt als ein rosaroter Nebel, der meine Sinne flutet und es mir unmöglich macht, mich zu beherrschen.
»Noch ist nicht Weihnachten«, erinnere ich ihn und kann nicht verhindern, dass ein Lächeln sich auf meine Züge legt. Das Fest der Liebe. Früher habe ich immer mit meinem Erzeuger und der kirchlichen Gemeinde die Geburt Gottes gefeiert, aber Rippers Zugang gefällt mir besser. Liebe. Familie. Glück. Ja, genau dafür sollte Weihnachten stehen.
»Wirklich? Dabei habe ich schon mein Geschenk bekommen.« Der Ausdruck in Rippers Gesicht wird ernst und er sieht mir tief in die Augen, bevor er sich leicht hinunterbeugt und seine Lippen für einen Moment auf meine presst. Sie fühlen sich rau an und schmecken nach den Erdbeeren, die er zum Nachtisch gegessen hat, aber das macht den Kuss nicht weniger schön. Das Kribbeln in meinem Magen wird stärker und ich keuche überrascht auf aufgrund der Glückseligkeit, die mich gefangen nimmt. Er braucht seine Worte nicht zu erklären. Ich verstehe sie auch so. Das größte Geschenk von allen ist es für ihn, mich als Frau zu haben, und diese Erkenntnis macht mich sprachlos. Na ja, fast. Eines kann ich sehr wohl sagen.
»Ich liebe dich«, hauche ich, als Ripper den Kuss löst und zeitgleich den letzten Knopf öffnet, um seine Finger anschließend unter den Pullover gleiten zu lassen, den ich trage.
»Ich liebe dich auch, Täubchen.« Rippers Mundwinkel verziehen sich zu einem Grinsen. »Und jetzt sei brav und hilf mir, dich auszuziehen.« Er zwinkert mir zu und fährt mit seinen Händen bis zu meinem BH.
»Ja«, japse ich und kümmere mich nicht mehr darum, ob uns jemand findet. Ripper hat recht. In wenigen Tagen ist das Fest der Liebe und es ist das erste Mal, dass ich mich wirklich geliebt fühle. Und das können auch ein Schneesturm, überfüllte Hotels oder feuchte Kellerabteile nicht zunichtemachen. Ich bin glücklich. Endlich. Nichts und niemand kann mir das wieder wegnehmen. Auch nicht Gott.

London's (W)Right PlaceWhere stories live. Discover now