Chapter Seventeen

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Ich saß in einem ruhigen und so leerem Raum, in dem mir das Blut nach und nach abgetropft wurde. Mein Herz raste noch immer bei dem Gedanken, dass George es endlich wusste. Sein Blick ging mir nicht mehr aus dem Kopf.

Als ich hörte, wie die Türe aufging und ich meinen Kopf aufrichtete, rechnete ich mit George, doch es war Kim. Sie kam mit verschränkten Armen langsam in meine Richtung. Sie starrte mich an.

,,Danke'' hörte ich sie sagen.
,,Das ist das mindeste, das ich tun kann...'' murmelte ich.
Für wenige Minuten herrschte es Stille.

,,Du weißt, dass du es nicht vor ihm hättest sagen müssen'' sagte sie.
,,Ich weiß...ich konnte es nicht länger für mich behalten und besser erfährt er es so als gar nicht oder von wem anderen...'' Sie nickte leicht verständnisvoll mit dem Kopf.

,,Was ich am Telefon gesagt habe - '' fing sie an, doch ich unterbrach sie sofort.
,,Nein, du hast recht.''
,,Ich hätte für sie da sein müssen. Ich hätte es ihr und allen anderen sagen müssen...''

,,Was...was hat er gesagt?'' fragte ich sie nun und starrte auf den Boden.
,,Er hat mich nur angesehen und ist dann an die frische Luft gegangen'' erzählte sie.
Dass er gar nichts gesagt hatte war gar nicht gut.

,,Er wird es verstehen'' sagte sie, nachdem erneut Stille geherrscht hatte.
,,Ja...'' murmelte ich nur.
,,Sei einfach ehrlich zu ihm, keine weiteren Lügen'' war das letzte, was sie sagte bevor sie den Raum wieder verließ.

Nach circa einer halben Stunde hatten sie vorerst genug Blut für die Transfusion. Ich musste für 10 Minuten noch im Raum sitzen bleiben, falls Kreislaufprobleme auftreten würden. Nach den 10 Minuten begab ich mich auf den Weg zum Zimmer, in dem Josy lag.

Im Gang vor der Scheibe stand Kim, die hineinschaute.
Als ich mich neben sie stellte und ebenfalls hereinschaute, sah ich George in der Ecke des Raumes gegenüber vom Bett am Tisch sitzen.

,,Rede mit ihm'' hörte ich Josy sagen, woraufhin ich seufzte und nur stumpf nickte.
Seit ich George kannte, seit wir zusammen waren, hatte ich Angst vor diesem Gespräch. Vor diesem Augenblick und der Tatsache ins Auge zu sehen, was für ein Mensch ich gewesen war.

Vielleicht war ich dieser Mensch nicht mehr, der ich mit 17 noch gewesen war, doch ich war all die Jahre noch immer der Mensch gewesen, der alle um sich herum belogen und sein Kind nach wie vor im Stich gelassen hatte.

Wie sollte man das überhaupt versuchen, gut zureden? Man sollte es auch gar nicht erst versuchen, denn es war rein gar nichts gut daran und das war mir schon länger bewusst. Dennoch hatte ich nie den Mut, etwas daran zu verändern.

Ich betrat den Raum und schloss hinter mir die Türe. Ich sah Kim weggehen, sie wollte uns womöglich wirklich alleine lassen. George hatte seinen Blick auf Josy gerichtet. Als ich meinen Blick auch das erste Mal auf sie richtete, stockte mir der Atem.

Ihr Gesicht und ihr Hals waren so angeschwollen und dick, wie ich es noch nie bei jemanden zuvor gesehen hatte. Sie trug eine Maske, über die ihr womöglich Sauerstoff verabreicht wurde. Sie sah wirklich nicht gut aus.

Ich starrte George an. So vieles wollte ich sagen, doch nichts verließ meinen Mund.
,,Sie ist also deine Tochter'' kam es plötzlich von ihm. Sein Blick war noch immer auf Josy gerichtet.
,,Ja...'' entgegnete ich ihm.

,,Alles, was du mir über ihren Vater erzählt hast, warst du'' sagte er.
,,Ja...'' wiederholte ich es.
Nun schaute er mich an, mit diesem stumpfen Blick.
,,Wieso hast du es mir verschwiegen?'' fragte er.

Ich öffnete meinen Mund und wollte darauf antworten, doch ich konnte es nicht.
Ich atmete einmal tief ein und aus, während ich versuchte nach den richtigen Worten zu suchen, doch es gab keine. Es gab nur die Wahrheit.

,,Ich hatte Angst'' gab ich also zu und schaute beschämt weg, da ich es nicht länger ertragen konnte ihm in die Augen zu schauen. Es änderte jedoch nichts an dem Gefühl und dem Wissen, dass er mich noch immer anschaute.

,,Was glaubst du, wie sich Kim gefühlt hat, als du sie alleine gelassen hast? Wie ängstlich Josy sich die ganzen Jahre schon fühlen muss?'' kam es von ihm.
,,Deine Angst ist nur eine Ausrede, Clay.''

Ich schaute ihn mit geweiteten Augen an.
,,Wärst du von Anfang an für sie da gewesen, würde sie jetzt hier nicht liegen, weil du gewusst hättest, dass sie keine Nüsse zu sich nehmen dürfte.''

,,Willst du sagen, dass es meine Schuld ist, dass sie hier liegt?'' entfuhr es mir schon beinah fassungslos. Ich konnte nicht glauben, dass er mir die Schuld dafür geben wollte. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie er aufstand und auf mich zukam.
,,Weiß ich nicht, trägst du überhaupt für irgendetwas Schuld?'' sagte er. Ich schaute ihn nicht an, sondern an ihm vorbei.

,,Du bist abgehauen und hast Menschen, die dich gebraucht haben, im Stich gelassen. Du hast Menschen, die ihr Leben für dich geben würden, belogen und deine einzige Antwort zu all dem ist Angst. Du solltest anfangen auch an andere zu denken und nicht nur an dich. Nicht nur du hast Angst'' mit diesen Worten verließ er den Raum.

Seine Worte hatten mich nicht nur getroffen, sondern auch verletzt.
Ja, ich hatte die ganze Zeit so gut wie nur an mich gedacht, doch hätte ich das auch hier und jetzt, wäre ich nicht einmal im Krankenhaus aufgetaucht. Hätte nicht vor ihm zugegeben, dass Josy meine Tochter war.

Ich war hier, weil ich für alle da sein wollte. Weil ich Verantwortung übernehmen wollte, doch das schien wohl nicht zu reichen. Aber natürlich schien es das nicht. George hatte nicht unrecht. Ich hatte Menschen, die mich gebraucht hatten, im Stich gelassen und Menschen, die mich liebten, belogen. Ein Moment wie dieser konnte die letzten Jahre nicht rückgängig machen, es brauchte weit aus mehr.


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Menschenkinnas ich wollte Sense Of Duty unbedingt heute fertig schreiben, aber das ist ehrlich nicht so einfach 😂

Aber die nächsten zwei Tage ist es zu 100% fertig.

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