Alles endet | Kapitel 46

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Der Handywecker klingelt. Müde öffne ich mein Auge. Mein Körper schmerzt überall. Ich bleibe eine Weile liegen und starre die weiße Decke an. Ich suche einfach nach einem Grund aufzustehen. Doch der, der mir ständig einfällt fickt meinen Kopf nur stärker.

"Fuck. Was soll's", spreche ich durch meinen trockenen Hals, drehe mich auf die rechte Seite und greife das Handy. Energielos ziehe ich die linke Fingerspitze übers Display. Der Wecker verstummt.

Ich habe keine Zeit mehr. Wenn ich wirklich mal im Knast lande oder der Sensenmann früher kommt, als gehofft, muss meine Mutter wenigstens ein Leben haben. Denn der Überlebensmodus in dem sie sich die letzten zwanzig Jahre befindet, wird sie früher oder später brechen.

Ich verlasse das Zimmer. Während ich mir den Schlafsand aus dem Auge wische, greift Herr Shimaoka nach den Schlüsseln am Harken. "Viel Spaß auf der Arbeit", lüge ich ihn an, als er ins Treppenhaus verschwindet. Denn es ist mir einfach nur egal, ob er Spaß bei der Arbeit hat.

Ich gehe meiner Morgenroutine nach. Erst wird was gegessen. Normalerweise achte ich auf Proteinhaltige Nahrung, doch heute scheiß ich drauf. Wie ich es früher gewohnt war, öffne ich die Tür zu den Instandnudeln. Ich bücke mich und nehme mir die extra scharfen. So kann ich wenigstens noch was fühlen. Danach putze ich mir die Zähne. Wieder sehe ich einen einäugigen Jungen. Mitleiderregend. Kennt man ihn aber nur ein Stück besser bekommt das Wort eine ganz andere Bedeutung.

Die Zahnbürste steht nun wieder im Becher. Meine Hände sind zu einer Schale geformt und werfe mir das kalte Wasser ins Gesicht und wische es mir in der gleichen Bewegung wieder ausm Gesicht. Nun stehe ich mit der U. A. Uniform an der Tür  zum Schlafzimmer meiner Mutter. Ein tiefer Atemzug, dann öffne ich sie. Die Jalousie bis ganz nach runter gezogen lassen keinen einzelnen Sonnenstrahl hinein. Ich stelle mich neben sie ans Bett. "Mutter" So wie ich es kenne, weckt dieses leise Flüstern bereits ihre Augen. Verschlafen und bis auf die Augenringe müde schaut sie mich an. "Was gibt's?"

"Du musst den Job annehmen", sage ich diesmal in einer normalen Lautstärke. Sie reibt sich das Auge. "Was für einen Job? Ach den meinst du", wird sie Stück für Stück wacher. "Aber das Unternehmen hat sich geirrt. Jemand wie ich bekommt nicht einfach so eine Stelle. Ich habe mich dafür ja nicht einmal beworben."

Mein Blick schwelgt zwischen Ernst und enttäuscht. "Ergreife doch einfach die Chance, wenn sie dir schon per Mail zugeschickt wird. Das schlimmste, was passieren kann, ist das du abgelehnt wirst." Sie schaut in meine Augen. Ein Blick zwischen unsicher und misstrauisch. Und vielleicht wird sie eines Tages dahinter kommen, dass ich ihr die Stelle beschafft habe. Hoffentlich bekomme ich das noch mit.

Wie jeden Tag betrete ich den Klassenraum. Doch diesmal wurde ich nicht am Tor erwartet. Diesmal ist der letzte Platz der Fensterreihe frei. Diesmal fühle ich mich bodenlos traurig. Denn jeden Moment erwarte ich einen Aufprall, wie beim Sprung von der Brücke. Ich bin ein mieser Wichser, ein gnadenloses Stück Scheiße.

Der Unterricht beginnt. "Weiß jemand, was mit Yasu ist?", fragt eine ihrer Freundinnen. "Hitoshi weißt du was?", fragt mich der Junge vor mir. "Du hängst doch immer mit ihr ab." Erstaunt davon, dass ich nicht mehr als durchsichtige Wand behandelt werde, starre ich ihn an bis ich: "Keine Ahnung", antworte. Mittagspause in der Cafeteria. Aus Selbstmitleid setze ich mich an den Tisch, der Big three. "Oh, Hallo Hitoshi!", begrüßt much das blauhaarige Mädchen. "Warum muss er sich ausgerechnet an unseren Tisch setzten", murmelt der Junge Richtung Boden. Ich entgegne nichts und setze mich neben dem Blauschopf. "Nimmst du eigentlich an dem Turnier teil?" Sie meint wohl mich. Der andere antwortet ja erst recht nicht. Um zu antworten halte ich das Sushi zwischen Holzstab und Holzstab. "Ja, ich nehme daran Teil."

Ich schaue auf den weißen Teller vor mich. Ausgerechnet Sushi. Warum bloß? Ich grinse traurig. "Heute habt ihr doch einen Erholungstag bekommen und morgen geht es für euch weiter." Wer auch immer gefragt hat. "Kommst du überhaupt weiter oder bist du schon ausgeschieden?", stellt sie eine Frage. Doch mir fehlt der Wunsch zu antworten. Ich nicke um ihr wenigstens irgendwas zu geben. "Du kannst auf so eine Frage doch nicht mit Ja oder Nein antworten", beschwert sie sich. Und dabei ist vor einigen Tagen erst ihr Freund gestorben. Ist es wirklich so einfach zu tun, ob wäre nichts passiert?

"Hitoshi, wir müssen kurz mit dir sprechen", vernehme ich die tiefe Stimme von "All Might!", kreischen alle um mich herum im Chor. Mit Hunger im Magen und zeri ernsten Blicken von All Might und Herr Aizawa sitze ich im Sekretariat. Herr Aizawa ist der erste, der was zu sagen hat. "Yasu ist tot. Sie wurde zusammen mit der Leiche eines älteren Mannes aufgefunden. Den ersten Erkenntnissen der Polizei nach, handelt es sich um einen Informanten. Aber das wusstest du sicherlich schon."

Was? "Nein, ich wusste davon nichts. Wieso denken Sie das?" Doch er fühlt sich in seiner Annahme nur bestätigt. "Du hast gerade erfahren, dass deine Klassenkameraden gestorben ist. Würde man so reagieren, wenn man es das erste mal erfährt?" Er beugt sich auf seinem Stuhl nach vorne. Seine Ellenbogen stützt er auf den Tisch ab. "Du hast nicht mal gezuckt. Ich bat Yasu gestern dich aufzumuntern. Heute Nacht fand man sie tot auf. Hitoshi was hast du getan?"

Alles endet wohl irgendwann. Es funktioniert eben alles solange bis es das nicht mehr tut. Nun gibt auch All Might seinen Senf auf die Wunde eines Schuldigen Oberschülers hinzu. "Du hast auch schon gestern beim Giver gelogen. Er hat nie ein Scharfschützengewehr benutzt." Ich schaue auf und sehe wie Herr Aizawa mit den Tränen kämpft, denn irgendwas muss raus und es quält ihn. Lauthals schreit er weinend: "Hast du Mirio umgebracht?"

"Ich habe dich noch nie weinen sehen", entgegne ich und schließe damit das letzte Stück Empathie in einem kalten Käfig weg. Mein Blick bleibt kalt. "Ich will einen Anwalt sprechen."

"So soll es sein", sagt All Might. Im gleichen Moment öffnet sich die Tür. Mehrere Polizisten betreten den Raum. Einer zieht mich hoch und drückt meinen Oberkörper nach vorne. Meine Arme werden auf den Rücken gedrückt. Ich spüre kalten Stahl und ein Klicken. Gedemütigt, sprachlos und mit einem Klos im Hals der wie die Reue in meinem Herzen stört, werde ich durch das Schulgebäude gebracht. Ein paar Schüler stehen nur blöd rum. Andere holen ihre Handys raus und hoffen auf virtuelle Wertschätzung.

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