Toliver

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Nach einigen erhellenden Diskussionen über Olivers Beziehung zu seinem Topf, bekommt ihr hier einen näheren Einblick. Die Geschichte ist/war schon in meinem Adventskalender veröffentlicht, den ich aber wieder entfernen werde, weswegen sie hier nochmal erscheint.

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Wie viel einfacher wäre das Leben, wenn man sich nicht mit Menschen herumschlagen müsste?

Eine Weile schon hatte Oliver mit dem Gedanken gespielt und nun war er nur einmal mehr in seiner Theorie bestätigt worden. Die Worte, die sie sich an den Kopf geworfen hatten, füllten seine Gedanken und alles, was Oliver wollte, war sie zu vergessen.

Er griff nach dem einzigen Gegenstand, den er im Moment bei sich haben wollte, wie es schien auch dem einzigen, der ihm keine Probleme bereiten würde: seinem Kochtopf.

Seine Hand glitt über die dünne Metallwand und schloss sich um die schwarzen Gummigriffe, bevor er den Topf mit beiden Händen auf dem Herd abstellte. Eine Weile sah Oliver ihn an, dann legt er eine Hand an den Griff und gab mit der anderen etwas Olivenöl in den Topf.

Das Messer, mit dem er dann begann die Zwiebeln zu schneiden, war auf der Liste seine liebsten Küchenutensilien wesentlich weiter unten zu finden. Das Messer konnte ihn verletzen, der Topf nicht.

Als Oliver die Zwiebeln mit dem Messer in das heiße Öl gab, spritze es ein wenig, doch der Topf hielt es davon ab, Olivers Hände zu treffen. Ebenso beim Hackfleisch, dass Oliver wendete, bis es braun angebraten war.

Nach dem Zugeben von etwas Pfeffer und Oregano, folgten auch schon die passierten Tomaten und um das Ganze noch etwas gesünder zu gestalten, ein Päckchen rote Linsen. Bis diese weich waren dauerte es eine Weile und so überließ Oliver das Gemisch guten Gewissens dem Topf.

Zu guter Letzt schmeckte Oliver die Soße noch einmal ab und gab noch etwas mehr Gewürz hinzu, dann war er mit dem Ergebnis zufrieden. Nudeln hatte er ebenfalls gekocht. Und automatisch deckte er den Tisch für zwei Personen.

In die Mitte kam der Topf, auf seinen hölzernen Untersetzer und dann ließ Oliver sich neben ihn an den Tisch fallen. Er zögerte, anzufangen, spielte mit dem Gedanken, doch Bescheid zu geben, dass das Esse fertig war.

Er war es so gewohnt, dass jemand mit ihm am Tisch saß und redete, dass die Stille jetzt nur noch mehr auffiel. Der Topf war eben doch kein so guter Ersatz für seinen Freund.

Zu Olivers Erleichterung ertönten kurz darauf Schritt und er spürte, wie jemand hinter ihm in den Raum trat. „Es tut mir leid", hörte er, „Ich wollte dich nicht so anfahren."

Oliver stand auf und drehte sich zu seinem Freund um. „Hör zu, wenn du Probleme in der Uni hast, dann rede doch mit mir, bitte", wiederholte er den Kernpunkt ihres Streites, wenn auch wesentlich ruhiger, als zuvor.

„Ich möchte dich nicht damit belasten", gab sein Gegenüber zurück, doch er war schon im Begriff, nachzugeben. „Es belastet mich nicht", meine Oliver ehrlich. Er machte einen Schritt nach vorne und griff nach der Hand seines Freundes, „Ich möchte wissen, was los ist und dir würde es auch helfen."

„Vielleicht hast du Recht", gab sein Freund zu und ließ sich von Oliver in die Arme ziehen. Für einige Momente hielten sie so inne, beide froh, dass der Streit beigelegt war.

„Ich habe gekocht", flüsterte Oliver dann und bekam als Antwort ein leises Lachen. „Ich habe es mir fast gedacht."

Das war ihr übliches Spiel, wenn mal stritten. Oliver kochte und sein Freund verschwand im Arbeitszimmer und zeichnete, bis sie sich beide beruhigt hatten. Lange hielt der Streit nie und sie waren beide froh, wenn sie sich wieder vertrugen und dann gemeinsam essen konnten.

Der Topf stand noch immer still auf dem Tisch und hielt das Essen warm, im stillen Bewusstsein, dass er Oliver mal wieder geholfen hatte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 14, 2023 ⏰

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