Kapitel 22

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Die Welt um mich herum verschwand. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Körper war taub, meine Gedanken rasten. Ich musste hier weg. Weg von diesem Ort. Weg von den Gefühlen, die in mir tobten. Ich bewegte mich wie von selbst. Meine Füße liefen über den Asphalt durch die Straßen.

Ich bemerkte nicht, wie sich mein Atem verschnellerte. Ich bemerkte nicht, als meine Lungen anfingen zu brennen. Und ich bemerkte die Tränen erst, als ich an einer Hauswand niedersank, weil meine Beine zu schwach waren, um mich weiter zu tragen. Meine Kehle verschnürte sich, während ich verzweifelt versuchte zu atmen. Ich konnte es nicht. Zu viel war passiert. Die Angst war zu groß. Die Verzweiflung zu präsent.

Und ich war enttäuscht.

Enttäuscht von Jason, dass er mir nichts gesagt hatte, aber auch enttäuscht von mir selbst. Ich hätte wissen müssen, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmte. Ich hätte auf keinen Fall anfangen dürfen ihm zu trauen. Ich hätte ihn gleich zur Rede stellen sollen. Ich hätte bemerken müssen, dass meine Gefühle nicht echt waren und durch irgendetwas verursacht wurden.

Doch selbst jetzt war ich mir nicht sicher, ob diese Gefühle nur durch diese Verbindung ausgelöst worden waren oder ob ein Teil Wahrheit dahintersteckte. Ich hatte wirklich angefangen ihn zu mögen, dachte ich zumindest. Aber ich dachte auch, dass ich ihm vertrauen könnte.

Am besten wäre es gewesen, wenn ich ihn niemals kennengelernt hätte.

Dann könnte ich jetzt in Frieden leben und müsste mich nicht um meine Existenz sorgen. Und ich müsste mir keine Gedanken über meine Zukunft mir irgendeiner unlösbaren Verbindung war.

Und obwohl mir noch ein paar übrige Zweifel zuschrien, dass die Zwillinge verrückt waren, wussten mein Körper und mein Verstand die Wahrheit. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, hatte ich von Anfang an eine Verbindung gespürt.

Nur hätte ich damals nie gedacht, dass es so schnell ausarten würde. Vor dieser ganzen Sache hatte ich mir nie wirklich Gedanken über einen Freund oder etwas dergleichen gemacht. Vor allem, da meine Eltern so etwas nicht gutheißen würden. Und jetzt sollte ich ihnen erklären, dass ich mit einem von den Blacks für immer zusammen sein würde. Vorausgesetzt sie könnten sich überhaupt noch an mich erinnern.

Jason hatte zwar gesagt, erst würden mich die Menschen vergessen, die mir nicht so nahestanden, aber da Lia keiner dieser Menschen war, konnte alles als nächstes passieren.

Ich seufzte. Mittlerweile waren meine Tränen wieder versiegt und mein Atem ging etwas langsamer.

Ich wünschte nur, ich hätte mehr Zeit das Ganze zu verarbeiten. Aber ich wusste nicht Mal wie viel Zeit mir noch blieb.

Nein, so darf ich nicht denken. Noch war ich hier und konnte irgendeine Lösung finden.

Vorsichtig rappelte ich mich hoch. Meine Beine waren immer noch etwas wackelig, aber darum konnte ich mich jetzt nicht kümmern.

Ich musste endlich aufhören ständig in Selbstmitleid zu versinken. Wenn Gott oder das Universum oder was auch immer entschlossen hatte mir diese Bürde aufzutragen, konnten sie mich mal. Noch war nichts verloren. Es musste eine Lösung geben, wie ich weiterleben konnte.

Ich kramte nach meinem Handy. Als erstes würde ich Sebastian bitten mich abzuholen und ihm endlich alles erzählen. Ich hatte schon viel zu lange gewartet und alles mit mir allein rumgeschleppt. Außerdem konnte ich ihm vertrauen. Er war mein Bruder und jemand, der die ganze Situation ohne meine Emotionen betrachten konnte. Zudem hatte er mir immer geholfen.

Ich könnte über meine Dummheit fast den Kopf schütteln. Anstatt mich mal auf andere zu verlassen oder mich ihnen anzuvertrauen dachte ich alles allein durchstehen zu müssen, obwohl ich doch Leute hatte, denen ich wichtig war und die mir helfen konnten.
Sebastian kam wie versprochen, gleich zu mir.

Verschwunden und VergessenWhere stories live. Discover now