chapter 2 - liability

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track no. 2
𝘽𝙖𝙗𝙖 𝙊'𝙍𝙞𝙡𝙚𝙮 𝘣𝘺 𝙏𝙝𝙚 𝙒𝙝𝙤



SONNTAGE TRANSPORTIEREN in ihrer regulären wöchentlichen Wiederholung normalerweise das Gefühl von einem Abschluss. Ein letztes Mal ausschlafen, ein letztes Mal nichts tun, zeitig zu Bett gehen... Sie sind immer belastet von einer gewissen Melancholie. Meist aber ganz sicher nicht von morgendlichen Panikattacken, weil sich ein Familienmitglied zu einem (fast) unangekündigten Überraschungsbesuch entschieden hat.

Yoongi war schneller wieder vom Balkon gestürmt, als es ihm in seinem verkaterten und bekifften Zustand eigentlich hätte möglich sein dürfen. Im Bad hatte er nur kurz einen Blick auf das Desaster geworfen, das sein Gesicht darstellte. Etwas schlampig aufgetragenes Make-Up und Augentropfen von Jin hatten ihren Zweck notdürftig erfüllt. Das größte Problem war damit aber noch lange nicht gelöst.

Die meisten Drogen sind noch Tage nach dem Konsum im Urin nachweisbar (mal ganz abgesehen davon, dass sein letzter Zug von einem Joint nicht mal fünf Minuten in der Vergangenheit lag). Dort sogar teilweise noch länger als im Blut. Aber wie entgeht man nun der bevorstehenden Entlarvung, wenn besagtes Familienmitglied so misstrauisch ist, dass es dir wahrscheinlich sogar bis auf die Toilette folgen wird?

Yoongi hatte keine Zeit mehr, sich künstlichen Urin auf Ebay zu bestellen (und schon mal gar nicht die Kohle dafür). Auch hatte er keinen Vorratsschrank mit eigenem aus nüchternen Zeiten. Zumal der ihm angesichts der Tatsache, dass die meisten modernen Tests Temperaturmesser besaßen und er schlecht das Zeug in Anwesenheit seines Vaters mit einem Föhn erhitzen konnte, auch rein gar nichts genützt hätte. Ergo gab es nur eine einzige Möglichkeit: frischen Urin von einer Person besorgen, die ganz sicher clean war.

»Namjoon-hyung!«

Der Kopf seines besten Freunds erschien am Eingang des Badezimmers. Sein Gesichtsausdruck und seine ganze Körperhaltung suggerierten bereits, dass er ahnte, worum es ging.

»Ich brauch deine Hilfe«, bestätigte es Yoongi ihm kurz angebunden, eine Hand um den Rand des Waschbeckens geklammert.

Namjoons Mundwinkel wanderten nach unten. »Nur wegen dem Weed oder...?«

»Müssen wir darüber jetzt diskutieren?«

»Ich will nur klarstellen, wie viele Sorgen ich mir machen muss und ob ich –«

»Joon!«

Yoongis Finger verkrampften sich um das Porzellan. Wie gerne hätte er Namjoon gesagt, dass er sich ändern würde, wenn er es könnte. Er wäre so gerne anders. Aber er konnte ihn nicht anlügen. Zumindest nicht in dieser Hinsicht.

»Komm schon...«, versuchte er es stattdessen in guter alter Manier. »Du kannst mir das nicht antun... Du weißt, was passiert, wenn der Test positiv ist.«

»Dann solltest du dir ja keine Sorgen machen müssen, oder? War doch nur Gras. Das versteht dann doch sicher auch dein Vater.«

Namjoons Schlagfertigkeit war nur eine Farce, doch sie traf Yoongi trotzdem. Immerhin war er derjenige, der etwas dringend brauchte und sein bester Freund war der Einzige, der ihm das gerade geben konnte. Der Einzige in diesem Haushalt, dessen Urin seit jeher rein wie frisch gefallener Schnee war. Natürlich nur, wenn man das eine Mal nicht mitzählte, als Yoongi ihn kurz nach ihrem Umzug nach Seoul bei Taehyung dazu gebracht hatte, mit ihnen Gras zu rauchen. Namjoon hatte nach drei Kotz-Orgien an jenem Abend beschlossen, dass er Drogen hasste. Ein für alle Mal.

»Bitte, Joon!«

Yoongi konnte wahrlich dabei zusehen, wie die Fassade seines besten Freundes nach und nach bröckelte. Und er befeuerte es mit dem flehendsten Blick, zu dem er imstande war. Er hasste sich selbst dabei. Wahrscheinlich nicht genug, denn sonst würde er Namjoon nicht immer und immer wieder in solche Situationen bringen. Yoongi wusste, dass es zwischen ihm und seinem Vater einen Deal gab. Dass dieser seinem Mitbewohner ein Versprechen abgerungen hatte, immer ein Auge auf seinen Sohn zu haben, solange er es nicht konnte. Es war die Bedingung gewesen, dass Yoongi nach dem sogenannten Entzug in Busan überhaupt wieder in die WG hatte zurückkehren dürfen.

When We R.I.P. || ʸᵒᵒⁿᵐⁱⁿDove le storie prendono vita. Scoprilo ora