31. Deep, Drunk Talks

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Jemand schrie. Haymitch zuckte. So heftig, dass ihn etwas in den Rücken stieß und er aufstöhnte. Der junge Sieger versuchte vergeblich, sich aufzusetzen, doch ein heftiger Schmerz pochte hinter seiner Stirn. Adrenalin schoss durch seine Venen, sein Hirn bereits in Alarmbereitschaft, aber er konnte sich nicht bewegen. Es fühlte sich an, als hätte jemand seine Glieder mit Blei beschwert. Panik stieg in seiner Brust auf und er riss die Augen hoch, zumindest hatte er das gewollt. Es war zu hell im Raum. Er konnte kaum etwas erkennen, sodass er nicht mehr als ein Blinzeln zustande brachte.

„Haymitch!" Der Schrei ging ihm durch Mark und Bein und Haymitch hatte das Gefühl, dass sein Herz jede Sekunde vor Schreck den Geist aufgeben würde. Er hatte Effies Stimme noch nie so verängstigt gehört. Ihre Angst war ansteckend. Er hatte keinen Schimmer, wo er war, wo sie war. War sie in Gefahr? Wieso gehorchte sein Körper ihm nicht?

Etwas berührte Haymitchs Wange und wieder zuckte er. Seine Augen hatten sich immer noch nicht an das Licht gewöhnt. Es schmerzte. Irgendetwas lief verdammt schief und er versuchte, sich einen Reim aus seiner Situation zu machen, aber seine Erinnerungen waren ... wie weggewischt. Haymitch zog verwirrt die Brauen zusammen und wurde eine Sekunde später von Effies Parfüm getroffen, das seinen Puls ein wenig beruhigte.

„Haymitch", wiederholte Effie und klopfte mit ihren Fingern gegen seine Wange, als würde sie ihn aufwecken wollen. Ihr Ton war hysterisch und es machte ihn nervös. „Sag doch was."

Haymitch öffnete den Mund und ein Stöhnen glitt ihm über die Lippen. Langsam, so langsam, gelang es ihm, die Augen zu öffnen und dabei etwas zu sehen. Seine Netzhaut brannte trotzdem wie die Hölle. Effies Gesicht nahm seine gesamte Sicht ein. Es war nur wenige Zentimeter von seinem eigenen entfernt und Entsetzen spiegelte sich in ihren himmelblauen Augen. Ihr Mund war leicht geöffnet, als wäre sie kurz davor, erneut aufzuschreien. Seine Muskeln entspannten sich bei ihrem Anblick. Sie schien unverletzt zu sein; außer Gefahr. Das Messer, welches er mit seiner rechten Hand umklammert hielt, lockerte sich und er schleuderte es fort. Nur zur Sicherheit.

Effie schien die Bewegung nicht einmal wahrzunehmen. Ihre Augen waren weiter auf ihn fixiert, die Furcht auf ihren Zügen wich nicht fort. Haymitchs Sinne brauchten Zeit, um aufzuholen. Ihre Finger tätschelten immer noch seine Wangen, als würde sie sichergehen wollen, dass er tatsächlich wach war. Sie zitterten. Ein Blick zu ihrer Gestalt sagte ihm, dass ihr gesamter Körper bebte. Sie hatte sich neben ihn auf den Boden gehockt, über ihn gebeugt und-

Haymitch riss den Kopf zur Seite und sein Stirnrunzeln vertiefte sich. Das hier war sein Raum. Er war im Penthouse. Keine akute Gefahr. Er lag auf dem Boden, neben der Tür zum Bad. Sein Kopf und die obere Hälfte seines Rückens lehnten gegen die Wand. Sein Hirn ratterte, versuchte aufzuarbeiten. Nichts. Er lag auf dem Boden seines Zimmers, fühlte sich mehr tot als lebendig und hatte keine Ahnung, wie er hier gelandet war. Sein Kopf war vollkommen leer.

Verdammte Scheiße", murmelte Haymitch und setzte sich auf. Er bereute die Bewegung sofort, denn sein Körper schien nicht bereit für irgendeine Art von Aktivität. Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Kopf. Wie ein Nagel, den ihm jemand mit einem Hammer in den Kopf schlug.

„Ich dachte ...", begann Effie erneut, hielt dann jedoch inne und starrte ihn an, als würde sie jede Sekunde das Bewusstsein verlieren. Ein Keuchen kam ihr über die Lippen und sie presste sich die Hände vors Gesicht. Sie nahm einen tiefen, röchelnden Atemzug, bevor sie weitersprach. „Ich wollte nach dir schauen. Ich habe geklopft, mehrmals, aber du hast nicht reagiert. Dann sah ich dich bewusstlos auf dem Boden liegen ... Ich dachte du wärst tot."

Ich dachte du wärst tot. Haymitch lachte. „Da hast du dir falsche Hoffnungen gemacht, Süße. Mich wird man nur schwer los. Schwerer als mir lieb ist."

An Era Awakens (Hayffie)Where stories live. Discover now