01 | Das letzte Mal?

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Für die jenigen, die aus dem Teufelskreis entkommen wollten, es aber nie konnten.
Dieses Kapitel ist für euch.

A L I C I A

Ein Stein fällt mir vom Herzen, als ich die Scheidungspapiere in den Händen halte.

Ich habe es endlich geschafft.

Ich musste Monate lang schuften, um die Kosten dafür zusammenzukriegen. Normalerweise müsste man sich die Kosten aufteilen. Jeder würde 50% zahlen, doch da ich weiß, dass er komplett ausrasten würde, wenn er erfährt, dass ich an die Scheidung überhaupt nachdachte.

Doch wie sonst, könnte ich unsere -meine Tochter- vor ihm schützen können?
Vor einem gewalttätigen Mann.
Vor meinem Ehemann.

Es hätte mir so vieles erspart, hätte er sein echtes Gesicht schon vor unserer Ehe gezeigt.
Aber ein Narzisst, zeigt sich erst wenn es zu spät ist. Wenn man keine Chance mehr dazu hat, sich von ihnen zu trennen.

Im selben Augenblick, hörte ich Amalia weinen, die eben noch ihren Mittagsschlaf hielt.
Mit einem befreiendem Gefühl, ging ich zu ihr ins Zimmer, und nahm sie in meine Arme.

Dass sie geweint hatte, sah man ihr überhaupt nicht mehr an, denn ein herzhaftes lächeln zierte nun ihr Gesicht. Ihre Grübchen stachen auf beiden Seiten ihrer Wange hervor und ihre lockigen Haare standen kreuz und Quer.

„Bald ist es vorbei, mi corazón. Versprochen."
Ich küsste ihre Stirn und umarmte sie kräftiger.
Sie verstand mich zwar nicht, aber man merkte ihr an, dass es sie etwas mitnahm. In der Umgebung ihres Vaters, ist sie nicht so glücklich, wie sie es sonst ist, wenn er nicht da ist.

Amalia war ein schlaues Kind, denn sie merkte es, wenn etwas nicht stimmte und demnach verhielt sie sich auch so.

Ich genoss diesen Augenblick sehr, wo wir beide ohne Hintergedanken Zeit zu zweit verbringen konnten. Wo uns keiner diese wundervollen Momente zerstören konnte.

Doch das wurde es dieses Mal, als er aus dem Wohnzimmer meinen Namen schrie.

Mein Puls beschleunigte sich, als ich merkte, dass ich die Scheidungspapiere offen auf dem Tisch liegen gelassen habe.
Mit zittrigen Händen legte ich Amalia in der Spielecke ab.

Während seine Stimme immer lauter und wütender wurde, holte ich mein Handy aus der Hosentasche und machte irgend eine Kindermusik auf lautester Stufe an.
Hinter mir zog ich die Tür zu, damit sie ja nichts von dem, was gleich passieren würde, mitbekam.

„Bitte, Gott lass es dieses Mal nicht so schlimm enden." murmelte ich mit geschlossenen Augen, als ich Richtung Wohnzimmer ging. Ich hatte unglaubliche Angst vor ihm, denn ich wusste nicht, zu was er allem imstande wäre.

Als ich ihn sah, hielt er genau diese Papiere in seiner Hand. „Kannst du mir verdammt nochmal erklären, was das hier soll?!" schrie er und kam einige Schritte näher.

Mein Herz raste so schnell und so laut, sodass ich ihn fast nicht hörte.
Ich wünschte, ich könnte ihn nicht hören.

Er ging noch ein paar Schritte auf mich zu, sodass nur ein paar Zentimeter uns trennten.
Er wartete mit weit geöffneten Augen auf eine Antwort meinerseits.

Ich schluckte, versuchte vergebens den großen Klos, der sich in meinem Hals befand runterzuschlucken. „Ich will die Scheidung." ertönte meine viel zu leise und unsichere Stimme, die meine Angst vor ihm verriet.
Ich hoffte er würde wenigstens mein Zittern nicht bemerken.

Durch sein kurzes auflachen, löschte er jede Hoffnung, die noch eben in mir herrschte aus.
„Du willst die Scheidung?" fragte er provozierend nach, während er seine Augenbrauen hochzog. Ich schluckte.
„Ja."

Er nickte einige Sekunden.

Patsch.

Ein lauter, ohrenbetäubender Knall ertönte.

Er hat mir eine Backpfeife verpasst.

„Willst du immer noch die Scheidung?" fragte er und legte seinen Kopf schief. Meine Wange brannte und pulsierte.

Für meine Tochter, würde ich jeden seiner Schläge auf mich nehmen, damit sie ein besseres Leben, ohne Gewalt führen kann.

Ich wusste nicht, wie ich hier rauskommen sollte aber ich wollte es mehr als alles andere.

„Ja." kam es nun selbstbewusster von mir.

Patsch.

Dieses Mal, hat er mein Ohr getroffen.
Und dieses Mal, schaffte er es mich zu Boden zu werfen. Mein Ohr piepte, während meine Sicht glasig wurde. Im nächsten Augenblick tritt er mir in den Bauch, sodass ich auf die andere Seite geschleudert wurde.
Ich hielt mir den Mund zu, da ich auf keinen Fall wollte, dass Amalia hörte, wie ihre Mutter vor schmerzen aufschrie.
Ebenso hoffte ich, dass die Musik in ihrem Zimmer laut genug war, um die Schläge zu übertönen.

„Du willst mir meine Tochter wegnehmen?" schrie er und öffnete seinen Gürtel. Er fing an mit dem Gürtel auszuholen. Er traf meinen Arm, meinen Rücken, mein Gesicht und zuletzt meine Beine.
Meine Körperteile brannten und schmerzten wie die Hölle, genauso wie meine Seele.

Und ich war mir so sicher, dass die Wunden, die gerade eben entstanden, für den Rest meines Lebens Narben sein werden.

Er kniete sich zu mir und zog an meinem Haaren, sodass ich ihn anschaute.
„Du willst die Scheidung? Dann kriegst du sie, aber wundere dich nicht, wenn eines Tages deine Tochter nicht mehr bei dir ist."

Das waren seine letzte Worte, bevor er ging und mich hier, wie ein Haufen Müll verletzt liegen lassen hatte.


















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Wie fandet ihr das erste Kapitel von der Mutter?



Voten bitte nicht vergessen. ⭐️




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Lies (Lügen)Where stories live. Discover now