Kapitel 11

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Seine Sicht

Die ruhigen Tage ohne Trainingsstress waren viel zu schnell vorbei und noch viel schneller verfielen Liva und ich zurück in einen Trott, den man von außen gesehen als nicht unbedingt gesund empfinden würde. Zwischen gut dosiertem Training hatten wir auch Unmengen an Terminen mit unseren Sponsoren, was zur Folge hatte, dass wir mehr Zeit in Livas altem Haus verbrachten, als in unserem gemeinsamen aus. Aber das war nicht schlimm. Die Saison war viel zu wichtig, um irgendwas dem Zufall zu überlassen. Mir war schmerzlich bewusst, dass es meine letzte Chance sein würde, eine Einzelmedaille bei Olympischen Spielen zu gewinnen. Und diese Chance wollte ich ergreifen. Natürlich war mir bewusst, dass ich viel Konkurrenz um die Startplätze für Olympia haben, nicht zuletzt mein Bruder. Aber auch Vetle, Sturla und Johannes Dale, sowie die aufstrebenden Andersen-Brüder und Sivert Bakken, die sich während der Vorbereitung sehr empfohlen hatten. Trotzdem war ich guter Dinge, dass ich bei den Spielen eine Chance bekommen würde.

Und auch für Liva ging es um einiges. Sie wollte als Titelverteidigerin über die 10km unbedingt an den Start gehen und auch sonst wollte sie allen zeigen, dass noch mit ihr zu rechnen war. Intern kämpfte sie vor allem gegen Therese um die Vormachtstellung an der Spitze des Teams. Eine Konkurrenz, die hauptsächlich durch die Presse iniziert worden war und in Realität gar nicht wirklich bestand. Natürlich waren Liva und Therese noch immer keine besten Freundinnen, aber so schlimm wie es die Presse darstellte war es gar nicht.

In unserer Trainingsroutine ging der Sommer und auch der Herbst verlief bis zu den Saisoneröffnungen sehr schnell. Wir hatten schon einiges an Schneestunden gesammelt und wir waren beide guter Dinge unsere Form zu testen. Dieses Jahr waren wir Biathleten wieder in Sjusjoen und ich musste mich durchaus beweisen, auch wenn ich bis jetzt sicher im Team war sollte ich mir keinen allzu großen Patzer leisten.

Beginnen sollte die Saisoneröffnung mit einem 10km Sprint, eigentlich eine Distanz die mir lag. Kurz vor 14 Uhr standen wir an diesem Samstag nun am Start um in 30 Sekunden Intervallen zu starten. Ich würde mit Startnummer 30 ins Rennen gehen und dann hoffentlich ein gutes Rennen machen. Aber die Konkurrenz war doch größer als erwartet, da sich die Franzosen dazu entschieden hatten unsere rennen als Test zu nutzen, was auch sehr legitim war.

Als ich das vertraute Piepen der Start Uhr hörte, warf ich mich mit aller Kraft auf die Strecke. 3,3km Runden waren recht angenehm zu laufen und ich fühlte mich auch auf meinen Skiern unfassbar wohl. Als ich zum ersten Schießen kann, legte ich mich auf Bahn drei, relativ nah zu der Bahn an der ich angeschossen hatte. Da kaum Wind herrschte war ich mir relativ sicher, dass das Liegendschießen kein Problem werden sollte. Doch ich hatte mich gewaltig geirrt. Bereits der erste Schuss traf sein Ziel nicht. Danach atmete ich dann doch noch einmal mehr, um meine Konzentration wieder auf Vordermann zu bringen. Und die Taktik ging auf. Ich konnte die folgenden vier Scheiben abräumen und lief dann eine relativ schnelle Strafrunde, um möglichst schnell auf die Strecke zurück zu können. Über die Rund konnte ich einiges an Zeit gut machen und kam trotzdem entspannt am Schießstand an. Die Laufform passte also. Ich begab mich in den Anschlag und fokussierte die Scheiben. Ich wählte einen, für den Sprint doch sehr bedachten Rhythmus und konnte alle Scheiben treffen. Guter Dinge begab ich mich auf die Strecke und konnte noch einiges an Zeit gut machen, bevor ich die Ziellinie überquerte. Mein Blick landete sofort auf der Anzeigetafel. Ich lag verfluchte 1,1 Sekunden hinter Haavard Gutuboe Bogetveit. Eigentlich hätte ich schneller als er sein müssen. Verdammter Mist. Das positive an der Sache war, dass ich von den A-Kader Athleten der bisher Beste. Eine Stunde später war das Rennen dann beendet und ich war noch auf Platz drei zurückgefallen, da Sivert ein unfassbares Rennen geliefert hatte und uns noch geschlagen hatte. Ich war mir ziemlich sicher, dass er es in den A-Kader schaffen würde.

Ziemlich zufrieden mit meinem Tag fiel ich nach den Pressekonferenzen in mein Bett in der Hütte, die ich zusammen mit Vetle und Sturla bewohnte, da mein Bruder die Wettkämpfe ausließ.

Am nächsten Morgen ging es dann schon früh wieder los, da wir schon viertel nach zwei wieder dran waren. Heute würde es einen Massenstart geben und ich hoffte auf ein noch besseres Ergebnis als gestern.

Und es lief wirklich gut. Ich konnte mich in der ersten rund gut in einer vorderen Position halten und gelangte ohne Sturz und Stockbruch zum ersten Schießen. Ich lies mich auf die Matte nieder und begab mich in den Anschlag. Anders als gestern schaffte ich es alle Scheiben zu treffen, was mich in die Situation brachte, mit der Führungsgruppe zurück auf die Strecke gehen zu können. Beim zweiten Schießen hatte ich dann leider weniger Glück, da ich den vierten Schuss daneben setzte. Trotzdem ging ich nicht mit einem übermäßigem Rückstand auf die Strecke. Über die nächsten zwei runden und die letzten zwei Schießen deutlich aufzuholen, aber ich hatte nach dem letzten Schießen trotzdem noch 10 Sekunden Rückstand. Aber es lief auf der letzten Runde noch besser als erwartet und ich konnte bis zu Sturla, der in Führung lag aufholen. An einem der Anstiege auf der Strecke entschied ich dann, einen Angriff zu setzen um mich von Fillon Maillet und den anderen zu trennen. Und es gelang mir. Ich hatte mir einen kleinen Vorsprung erarbeiten könne und diesen hielt ich bis zum Zieleinlauf. Ich hatte gewonnen, aber vor allem meine Form bestätigt. Bisher lief meine Saisonvorbereitung wirklich gut und ich war mir sicher, dass ich meine Form halten könnte, um vor allem bei den Olympischen Spielen etwas reißen zu können.

Auf meinem Handy scrollte ich dann durch die Ergebnisse des Langlauf Saisonauftakts. Therese hatte natürlich gewonnen, aber auch Liva hatte ein gutes rennen abgeliefert. Sie lag auf Rang zwei hinter Therese und das Battle der Saison zeichnete sich schon jetzt deutlich ab.

Als Reaktion wählte ich Livas Nummer um ihr zu gratulieren, wie sie es bei mir schon über unseren Messangerdienst gratuliert hatte.

Ufullkommenhet er en Form av Frihet 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt