Ufullkommenhet er en Form av Frihet 2

Kapitel 22

Ihre Sicht

Ich stand in der Mixed-Zone im Biathlonstadion. Das Verfolgungsrennen sollte in wenigen Momenten starten. Tarjei würde fast 40 Sekunden nach seinem Bruder auf die Strecke gehen. Seine Position war einfach nur perfekt. Und dann hörte ich den Startschuss. Sofort war ich im Wettkampfmodus. Ich fieberte bei jeder seiner Bewegungen mit und musste dabei zusehen, wie er immer mehr Zeit auf seinen Bruder verlor. Zusammen mit einer kleinen Gruppe kam er beim ersten Schießen an. Ich starrte wie gebannt auf die Anzeigetafel. Tarjei legte sich hin und richtete sich ein, bevor er die Scheiben fokussierte und den ersten Schuss abgab. Drei Treffer konnte er landen, bevor der vierte Schuss vorbei ging.

„Ah, nei." Sivert neben mir lachte, während Tarjei die letzte Scheibe traf.

„Er hat nur einen Fehler geschossen. So schlimm ist das nicht." Sivert grinst mich an.

„Ich weiß. Ich bin nur echt aufgeregt." Gab ich zu.

Nach seiner Strafrunde ging Tarjei an Position 5 zusammen mit Sebastian Samuelsson und Eduard Latypov auf die zweite Runde. Allerdings schon 1:25 Minuten hinter seinem Bruder. Allerdings hatte er schon bei der nächsten Zwischenzeit den Anschluss an den Schweden und den Russen verloren. Er lief mittlerweile mit einem Italiener. Zusammen mit diesem kam er zum zweiten Liegendschießen. Dort hatte sein Bruder gerade zwei Fehler geschossen. Es war also seine Chance näher zu kommen. Während seines gesamten Schießens war ich nervös und hibbelig auf und ab gelaufen.

„Meine Güte. Wie kannst du denn deine Wettkämpfe bestreiten? Du bist ja nervöser, als es Tarjei am Start war." Diesmal ist es Filip, der mich anspricht.

„Ich liebe ihn nun mal und wünsche mir, dass er seine Ziele erreicht. Also lasst mich nervös sein." Ich grinse sie an.

„Ai, ai. Madame." Er salutiert und wendet sich wieder dem Rennen zu.

Mit einem Rückstand von nur noch circa 50 Sekunden geht er zurück auf die Strecke. Er läuft wieder zusammen mit dem Italiener. Allerdings macht er die ganze Führungsarbeit. Hoffentlich übernimmt er sich damit nicht.

Dann ist Johannes beim ersten Stehendschießen. Verdammt ist der Wind stark. Und diese Feststellung wird auch sofort deutlich, als Johannes drei Strafrunden schießt und damit seine Führung verliert. Doch Johannes Fehler gibt Tarjei eine Chance und die nutzt er auch. Mit einem sauberen Schießen ohne Fehler macht er sich auf Position vier auf den Weg zurück ins Rennen. Jetzt, wo er wieder in Podest Nähe ist, werde ich wieder nervöser. Ich habe es schon immer gehasst, dass sich beim Biathlon alles über das Schießen entscheidet. Ich weiß noch genau, wie ich in Sotchi mit angesehen habe, wie Emil die fast sichere Goldmedaille in der Staffel verschossen hatte. Hoffentlich passiert das jetzt nicht auch.

Nervös tippele ich herum und warte darauf, dass er zurück zum Schießen kommt. Ich weiß, dass er diese Medaille haben möchte.

Und dann kommt das letzte Schießen. Fillon Maillet und Latypov kommen gleichzeitig zum Schießen. Ich weiß, dass einer der beiden einen Fehler machen muss, damit Tarjei noch weiter nach vorne kommen kann. Ich weiß aber auch, dass er Null schießen muss. Doch Fillon Maillet tut mir den Gefallen nicht. Er schießt Null und zieht davon. Doch Latypov patzt. Er lässt eine Scheibe stehen. Das ist die Chance für Tarjei. Er beginnt zuerst und schießt schnell. Ich reiße meine Arme nach oben, als er die Scheiben alle abgeräumt hat.

Er geht nur wenige Sekunden nach Latypov zurück auf die Strecke. Und dann passiert etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Er tritt sofort an und versucht Latypov zu erreichen. Und er schafft es. Mit nur einem kleinen Anstieg ist er an ihm vorbei. Jetzt hat der Kampf begonnen. Tarjei muss jetzt kämpfen um Silber zu gewinnen.

Und ich muss versuchen nicht durchzudrehen. Ich laufe nervös in der Mixed-Zone auf und ab und flüstere immer wieder Anfeuerungsrufe vor mich hin, auch wenn ich weiß, dass er mich nicht hören kann. Und dann kommt der letzte Kilometer. Ich laufe näher an die Grenze zwischen Mixed-Zone und Zieleinlauf. Und dann sehe ich ihn wie er auf die Zielgerade läuft.

Mir schießen die Tränen in die Augen und ich jubele Tarjei zu, wie er ins Ziel läuft. Er hat es geschafft. Er hat mehr geschafft, als er erwartet hat und ich kann nicht im Ansatz beschreiben, wie stolz ich auf ihn bin.

Und dann kommt er in die Mixed-Zone. Jetzt ist mir alles egal. Ich renne auf ihn zu und falle ihm um den Hals und lasse meinen Tränen freien Lauf.

„Du hast es geschafft. Du hast es wirklich geschafft. Ich bin so stolz auf dich." Ich sehe ihn an.

Am liebsten würde ich ihm einen Kuss geben, aber ich weiß, dass es nicht geht. Es könnte das Ende meiner Spiele sein.

„Hey, du musst doch nicht weinen." Er lächelt.

„Ich freue mich nur so. Ich liebe dich."

„Ich dich auch Snuppa. Ich dich auch." Er sieht mich an und ich löse mich wieder von ihm, damit er sich umziehen kann.

Danach sehe ich mir die Flower Ceremony an. Es ist wunderbar, vor allem, weil Tarjei auch diese Medaille so feiert.

Danach fahren wir zusammen zurück ins Hotel. Währenddessen tippt Tarjei ein wenig auf seinem Handy herum und zeigt mir dann ein kleines Video, was auf dem Account der norwegischen Biathleten zu sehen ist. Es ist überschrieben mit POV: Your boyfriend is about to win an Olympic medal. Es zeigt mich dabei, wie ich mit Tarjei mitfiebere und ihn anfeuere, sowie meinen Umarmungsangriff auf Tarjei nach dem Rennen.

„Ich reiße den Beiden den Kopf ab." Ich sehe Tarjei an.

„Ich habe gar nicht mitbekommen, dass sie mich filmen." Ergänze ich.

„Ich finde es schön. Und es berührt mich wirklich, dass du so für mich mitfieberst." Er sieht mich an.

Und ich lehne mich nur an ihn und sehe mir das Video noch einmal an.

„Na ja, eigentlich ist es ja gar nicht so schlimm. Trotzdem. Es ist mir ein bisschen peinlich." Gebe ich zu.

„Es muss dir nicht peinlich sein. Wer weiß, wie ich beim 30km Rennen bei dir aussehe." Er schmunzelt und ich freue mich schon auf das Rennen.

„Na dann. Ich freue mich schon auf das Video." Ich grinse ihn schelmisch an.