Erinnerungen

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Ayana's PoV

In dieser Nacht gab es keine ungewöhnliche Ereignisse.
Danke!

Der Morgen war so wie jedes Mal bisher...

Einer nach dem anderen wachte auf, ging runter, laberte etwas mit mir und den anderen, wenn alle da waren frühstückten wir und laberten dabei noch mehr.

Und wenn ich meinen Bruder so anschaue...

Da fällt mir auf, dass ich ihn nicht wirklich kenne...

Dass ich als große Schwester meinen kleinen Bruder nicht kenne...

Ich weiß nicht wirklich etwas über ihn...

Und das schmerzt...

Meinen eigenen Bruder nicht wirklich zu kennen schmerzt...

Ich hoffe, dass ich die verlorene Zeit vielleicht noch irgendwie nachholen kann...

Wäre dieser Bastard nie so zu mir gewesen, hätte ich eine ganz normale große Schwester sein können.
Ich hätte DDR besser gekannt!
Und je nachdem, wie er gestorben ist, hätte ich ihn retten können!

Aber nein, ich durfte meine Brüder nie sehen, mit ihnen sprechen oder auch nur in ihrer Nähe sein!

Aber natürlich gab es Momente, in denen ich mit ihnen was machen konnte...

Meine Brüder wussten natürlich immer, dass ich existiere. Und auch sie wollten mit mir Sachen unternehmen...

Und manchmal, da gab es wunderbare Tage...

Manchmal kam ein gewisser Soviet zu Besuch...

Mein Vater, der Bastard, hat mich immer in meinem Zimmer eingesperrt. Er wollte so verhindern, dass dieser Soviet von meiner Existenz erfahren würde.

Der Bastard hatte auch eines Tages auf meine Frage, wieso Soviet nichts von mir erfahren durfte, folgendes gemeint:

Du bist also wirklich so dumm, hm..? Ayana... dass mein erstes Kind ein Mensch ist, ist eine Schande. Ich, das Dritte Reich, hab einen verdammten Mensch als Erstgeborene. Du bist für nichts zu gebrauchen. Und wenn Soviet von dir erfährt, was denkst du, passiert mit mir? Und vor allem... Was denkst du, passiert mit dir?

Nach diesen Worten hat er mich eingesperrt.

Damals war ich etwa 6-8 Jahre alt...

Und in diesem Moment hab ich mich einfach nur zerstört gefühlt und wollte abhauen. Einfach weg von diesem schrecklichen Ort. Also bin ich aus dem Fenster gesprungen.

Mein Zimmer befand sich im 1. Obergeschoss. Verletzt habe ich mich nur am Arm.

Weinend rannte ich davon, geradeaus, Richtung Wald.

Doch ich kam nicht weit. Ich bin gestolpert und da war jemand....

Der große Typ, mit einer roten Flagge und einem Hammer und einer Sichel drauf, ist auf mich zu gekommen.

Ich weiß noch ganz genau, dass ich mich in diesem Moment klein und hilflos gefühlt habe, aber gleichzeitig habe ich einen kleinen Funken Hoffnung gesehen.

Auf Russisch hatte er mich gefragt, ob ich mich verletzt hab. Damals war mein Russisch zwar nicht wirklich gut, aber genug um ihn zu verstehen.

Ja, ich hab früh Russisch gelernt.

Zögerlich habe ich ihn meinen verletzten Arm gezeigt. Während er sich meinen Arm anschaute, hat er mit mir etwas geredet.

Das Land stellte sich als Союз Советских Социалистических Республик (blin, ihr könnt es euch schon denken!) vor.

Das muss also dieser Soviet sein, der eigentlich nicht von mir erfahren sollte..., waren meine Gedanken.

Soviet hatte mich nie nach meinem Namen gefragt, was gut war, denn ich wollte einfach nur schweigen. Ich wusste nämlich, dass das sonst Ärger geben würde...

Während das Land irgendwas mit meinem Arm gemacht hatte, erzählte er mir ein Märchen.

Es hieß Снегурочка (kennt jemand von euch das Märchen Schneeflöckchen..?)

Ich verstand nicht wirklich alles, aber dieses Märchen lenkte mich von dem ab, was Soviet mit meinem Arm gemacht hat.

Noch nie bin ich jemanden begegnet, der sich so um mich gekümmert hat...

Und als das Märchen vorbei war, musste Soviet wieder gehen.

Was er dabei gesagt hat, weiß ich nicht mehr... Aber mein Arm war geheilt.

...

Das war ein schöner Moment in meinem Leben...

Ein anderer war auch, als ich für ein, zwei Stunden mit meinen Brüdern zusammen sein konnte...

Wie immer war ich in meinem Zimmer...

Vater und Soviet haben irgendwas besprochen oder so, keine Ahnung was sie immer machten...

Also saß ich in der Dunkelheit meines Zimmers und dachte nach...

Ich habe tatsächlich nachgedacht, ob es nicht einfacher wäre, einfach zu sterben...

Aber ich wollte warten. Warten, bis ich eine richtige Schwester werden kann.

Und ich wurde durch ein Rütteln an der Tür aus meinen Gedanken gezogen.

Das war's, dachte ich. Soviet hat erfahren, dass ich die Tochter von Vater bin... Jetzt bekomm ich wieder Ärger...

Aus Angst vor meinem Vater konnte ich mich nicht bewegen.

Und als sich die Türe öffnete...

Standen meine Brüder dort.

Wir sind in Papa's Arbeitszimmer gegangen, haben so getan, als wollten wir mit ihm spielen, DDR hat den Schlüssel dabei genommen, wir wurden rausgeschickt, weil ja Soviet da ist, sind dann direkt hier hoch gegangen und haben die Tür aufgemacht!, erzählte Deutschland stolz.

Aber ihr dürft doch nicht hier sein! Wenn Vater etwas davon erfährt, gibt's Ärger!, entgegnete ich besorgt.

Ich wollte nicht, dass er meinen Brüdern Leid zufügt... Und ich hoffe, dass er es auch nie gemacht hat...

Papa kann uns jetzt egal sein. Er ist doch sowieso mit Soviet beschäftigt! Keine Ahnung, was sie da machen, ich verstehe kein Wort über das Zeugs, was sie besprechen, aber das Wichtigste ist, dass er abgelenkt ist und wir so Zeit verbringen können!, versuchte DDR mich zu überreden.

DDR... Ich wünschte, du wärst noch am Leben... Ich wünschte, ich könnte dich wenigstens nur noch einmal sehen... Ein einziges, letztes Mal...

Jedenfalls haben mich meine Brüder überredet und wir haben zusammen etwas Zeit in meinem Zimmer verbracht...

Hätte es nur mehr solcher Momente gegeben...

Vater hatte nämlich davon erfahren, mich natürlich verprügelt, meine Brüder nie aus dem Auge gelassen, außer wenn er bei mir war, und den Schlüssel zu meinem Zimmer immer bei sich getragen.

Er hatte alles getan, damit meine Brüder mich nie wieder sehen...

...

Und ich weiß noch ganz genau...

Kurz bevor ich ins Koma gefallen bin, konnte ich meine Brüder sehen... Sie wollten den Bastard, der verdammt nochmal unser Vater ist, aufhalten... Doch sie waren zu spät...

Und ab da, konnte ich meine Brüder nur noch in Halluzinationen sehen.

Bis jetzt. Jetzt hab ich wieder Deutschland... Nur DDR ist für immer fort...

Es tut mir wirklich Leid, DDR...

Ich konnte nie deine große Schwester sein... Ich habe versagt... Es tut mir Leid...

Zorn Und Träne - Der Horror Eines LandesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt