KAPITEL ZWEI

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DIE BLASSEN SONNENSTRAHLEN brannten Taehyung mehr in seinen geröteten Augen als die Ohrfeige, die er von Yohan kassierte.

»Du hast eine Regel, an die du dich halten musst, Taehyung! Eine verdammte Regel!« Yohan besaß zumeist ein ruhiges und gefasstes Gemüt und in den Jahren in denen Taehyung ihn nun kannte, hatte er den Mann noch nicht allzu oft aus der Haut fahren sehen; selbst wenn er nicht rechtzeitig am Morgen im Schloss auftauchte. Am heutigen Tag schien ihn das jedoch mehr zu reizen als sonst und Taehyung war nicht in der Laune, sich die Maßregelung von Yohan anzuhören oder es gar zu einer Tracht Prügel kommen zu lassen. Anstatt ihm zu antworten, stapfte Taehyung an ihm vorbei.

»Du siehst aus, als hättest du in einem Viehstall geschlafen. Und stinken tust du auch so.«

Damit hatte Yohan auch nicht ganz unrecht, wenn Taehyung ehrlich war. Zwar hatte er nicht in einem Stall geschlafen, aber er war dort von Roux gefickt worden. Geschlafen hatte er anschließend völlig betrunken im Gastraum der Taverne auf einer der Bänke, bis der Gastwirt, der ihn länger toleriert hatte als nötig, ihn am Morgen rausgeworfen hatte.

»Sieh zu, dass du dich möglichst schnell wäscht und dir etwas präsentables anziehst«, sprach Yohan weiter und hielt Taehyung die Tür des Dienstboteneingangs auf, damit sie nicht gesehen wurden.

»Warum, das Frühstück habe ich sowieso schon verpasst. Ich hole mir was aus der Küche«, brummte Taehyung mürrisch. Sein Kopf und seine Gliedmaßen fühlten sich unsagbar schwer an und seine Kehle war völlig verdorrt und rau. Er wollte etwas trinken, etwas essen, wenn er es nicht direkt wieder auskotzen würde und sich dann in seinem Gemach hinlegen — mehr hatte er heute wahrlich nicht vor. Die Verabredung mit Yohan zum Schwertkampf würde er einfach ablasen. Die Nachricht von Hoseoks Tod, auch wenn er mit dieser gerechnet hatte, belastete ihn. Und auch wenn er die Wut und die Trauer, die damit einherging, bei einem Schwertkampf am besten rauslassen konnte, würde er nur von Yohan für seine blinde Wut im Kampf gemaßregelt werden — er hatte Taehyung schon unzählige Male gepredigt, dass er seine Emotionen im Kampf hüten musste.

»Nein, du wirst dich waschen und wieder runterkommen«, antwortete Yohan und holte Taehyung damit in die Gegenwart zurück.

In dem dämmrigen Licht des Flures blieb Taehyung stehen und funkelte ihn an. Er mochte den alten Mann. Möglicherweise hatte er ihn sogar ein kleines wenig in sein Herz geschlossen. Er war ihm ein ausgezeichneter Lehrmeister und auf eine fast verkorkste Art und Weise vielleicht auch etwas wie ein Freund. Aber Taehyung fühlte sich scheußlich und seine Stimme gegenüber Yohan war harscher als gewollt als er sich weigerte.

Sein Gegenüber verengte die Augen und griff zu Taehyungs Überraschung nach seinem Kragen.

»An jedem anderen Tag ist es mir egal von wie vielen Männer und Burschen du in irgendwelchen Etablissements in der Stadt gefickt wirst und dass du dich besäufst wie ein ehrloser Bastard ohne Namen, das ignoriere ich. Aber heute nicht! Heute wirst du dich von deiner besten Seite zeigen und der Ratsversammlung deines Onkels beiwohnen, da er um deine Anwesenheit gebeten hat. Und ich bin nicht bereit meinen Kopf dafür zu verlieren, weil dein Schädel dröhnt und du dich nicht um dich kümmerst«, zischte Yohan und stieß Taehyung kräftig einen Schritt zurück, bevor er seinen Kragen losließ. »Du bist der Prinz von Kirin. Verhalte dich so, zumindest wenn es von dir verlangt wird. Reiß dich zusammen.«

Yohan wusste nicht, welche Nachricht ihn am gestrigen Abend erreicht hatte. Würde Taehyung ihm davon erzählen, hätte der alte Mann möglicherweise mehr Verständnis für Taehyungs gereiztes Gemüt. Anstatt ihm von Hoseok zu erzählen, brummte Taehyung nur etwas unverständliches, kassierte von Yohan einen Schlag auf den Hinterkopf und verschwand dann über eine der versteckten Dienstbotentreppen hinauf in Richtung seines Gemachs.

Die Ritter der Krone ‒ Der neue Thron | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now