Kapitel 2.2 *überarbeitet*

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   Obwohl ich ihre Worte hörte, brauchte ich doch einen Moment, um sie zu verstehen. Sie wollte, dass wir, Werwölfe, ihr, einer Vampirin, halfen, die Macht über die Vampire zu übernehmen? Das war doch absurd. Wie kam sie denn auf eine so hirnrissige Idee?

Ich starrte sie einfach nur an, während meine Gedanken kreisten. Selbst mit ihr zusammen wären wir nicht stark genug. Allerdings würden sich, mit einer Vampirin an der Spitze, sicher auch Teile der Vampire gegen Arthur stellen. Immerhin war sie die eigentliche Herrscherin. Die Frage war nur, wie viele noch davon wussten. Ihre Gestalt selbst empfand ich nicht gerade als furchteinflößend oder anderweitig hilfreich, um die Vampire zu überzeugen.

»Und du glaubst, dass du stark genug bist, es mit ihm aufzunehmen?«, schnaubte ich abfälliger, als ich eigentlich wollte.

»Ich bin eine Älteste«, erwiderte sie ungerührt und so, als würde das irgendwas erklären. Für mich, da ich mich in der vampirischen Gesellschaft nicht sonderlich gut auskannte, war das jedoch nicht hilfreich und auch nichts wert.

Ich wusste natürlich, dass der Begriff Älteste für Vampire genutzt wurde, die schon sehr lange lebten und damit auch eine Menge Kraft angesammelt hatten, doch sie sah ich irgendwie nicht als solche. Wenn ich an die Vampirältesten dachte, dann waren das Wesen, denen man ihr Alter ansah, und vor allem ihre Macht.

Darum schnaubte ich leise und abfällig. »Arthur ist ebenfalls ein Ältester.« Zumindest das wusste ich.

Nun war es an ihr zu schnauben, wobei sie dabei eleganter und gezierter klang. »Das wäre er wohl gern. Vielleicht ist er alt, aber er besitzt nicht die Art von Macht, die einen Ältesten ausmacht. Allerdings ... besitzt er viel Wissen«, sagte sie. Wo ihre ersten Worte noch abwertend geklungen hatten, wurde sie jetzt vorsichtig.

»Genug Macht, um dich zu verraten und ... einzusperren.« So hatte ich das doch richtig verstanden, oder? Sicher war ich mir nicht mehr. Ich hatte zwar zugehört, doch alle ihre Worte verwirrten mich. Noch ergaben sie kein zusammenhängendes Bild.

Ich konnte sehen, dass sie zuckte. Da hatte ich wohl ins Schwarze getroffen.

»Was nicht heißt, dass ich nicht mächtig genug bin, ihm die Stirn zu bieten«, behauptete sie, wobei sie ihre Lippen leicht verzog, was ihr ein eher kindliches Aussehen verlieh. Das sorgte bei mir dafür, dass ich noch weniger eine Gefahr in ihr sah.

Ich verdrehte meine Augen. »Wenn dem so wäre, würdest du nicht hier bei mir sein und betteln.«

»Ich bettle nicht«, fuhr sie mich unerwartet an, was mich kurz überrascht die Augenbraue heben ließ. Da war also doch Feuer in diesem kleinen Körper, doch würde es reichen? »Ich biete dir und deinem Rudel eine Chance. Sei nicht dumm und nimm sie an.«

Ich musste schmunzeln. Ihre Worte klangen selbstsicher und ihre Stimme hatte einen auffordernden Ton. Außerdem hatte sie endlich damit aufgehört, mich mit dieser dummen, altmodischen Anrede anzusprechen.

Nachdenklich nahm ich ihre Aussage auseinander, bevor ich leise schnaubte. »Du konntest deine Sachen vortragen. Ich bin dir nichts mehr schuldig, oder?«, fragte ich, da ich testen wollte, ob sie wirklich so großzügig war, wie sie sich gab. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie die Macht, die in einem Blutschwur lag, nicht ausnutzte. Immerhin könnte sie von mir verlangen, dass ich ihr ein Heer zusammenstellte. Dem müsste ich nachkommen.

»Richtig«, sagte sie und erhob sich. Ihr silberner Blick direkt auf mich gerichtet. »Denk darüber nach und solltest du verstehen, was für eine Chance sich dir bietet, kontaktiere mich«, sagte sie und zog aus ihrem Kleid eine kleine Scherbe.

Sie schimmerte im leichten Licht, sah aber ansonsten recht unscheinbar aus. Was sollte ich damit? War das eine Waffe, die sie gegen mich erhob?

Statt mich jedoch damit anzugreifen, reichte sie mir diese. Obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich damit sollte, nahm ich sie an. In meinen großen Händen sah sie klein und unscheinbar aus. Als hätte jemand einfach ein Stück von einem kaputten Spiegel aufgehoben. Wäre da nicht das Schimmern im Glas, das mehr an eine Seifenblase erinnerte.

»Gut, wenn du nichts weiter willst, dann verschwinde jetzt«, sagte ich, stieß mich vom Schreibtisch ab und griff nach ihren Arm, um sie hinauszuziehen, wie ich es schon gemacht hatte, um sie hier hineinzubekommen.

Bevor ich sie jedoch berühren konnte, bewegte sie sich. So schnell, dass ich kaum sehen konnte, was sie tat. Meine Hand ging ins Leere, obwohl ich nicht das Gefühl hatte, dass sie sich weit bewegt hatte. Das verwirrte mich, doch ich ließ es mir nicht ansehen.

»Ich bin in der Lage selbst zu laufen«, erwiderte sie mit ruhiger Stimme, während sie mich nicht ansah.

Jetzt, wo sie die Möglichkeit erhalten hatte, mit mir zu sprechen, schien sie nicht mehr so unterwürfig. Irgendwie gefiel mir das sogar besser. So konnte ich mir auch einen guten Eindruck von ihrer Macht verschaffen. Sie war schnell. Sehr schnell sogar, aber das konnte nicht reichen, um eine Älteste zu sein. Was für eine Macht verbarg sie in diesem unscheinbaren Körper?

Ich klatschte auffordernd in die Hände. »Dann zeig es mir«, forderte ich und deutete auf die Tür, die hinausführte. Ich hoffte sehr, dass die anderen Wölfe keine Probleme machten. Erst einmal musste ich mir die Dinge, die geschehen waren, durch den Kopf gehen lassen. Danach würde ich Sarine aufsuchen. Sie würde sicherlich wissen, was ich tun musste.

Die Vampirin wandte sich in einer eleganten, fließenden Bewegung um, wobei ihre schwarzen Strähnen wie zufällig über meine Hand strichen. Sie fühlten sich seidig an. »Lass dir nicht zu lange Zeit«, sagte sie, als würde sie das letzte Wort haben wollen, während sie auf die Tür zuging.

Ich schnaubte. »Lass dich nicht töten, bevor ich dir antworten kann«, gab ich leger zurück.

Als sie die Tür öffnete, erhaschte ich einen kurzen Blick auf ihre leicht zum Lächeln verzogenen Lippen. Sie schwieg jedoch und verließ den Raum.

Angespannt blieb ich zurück, doch sie durchquerte lediglich den Saal und verließ die Bar wieder, ohne, dass es zu Problemen kam.

Erleichtert ausatmend, lehnte ich mich an meinen Schreibtisch und rieb mir die Nasenwurzel. Hoffentlich wusste Sarine was zu tun war. Ich jedenfalls wusste es nicht.

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Danke fürs lesen. Damit ist Kapitel 2 auch beendet.

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Was denkt ihr, was Kaelo jetzt tun wird?

Vampirprinzessin der Werwölfe Band 1 (Leseprobe)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora