Kapitel Achtzehn - Die Zerstörung meines Protegos

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Cadogan war längst aus dem Bild, als der Fette Mönch und ich uns bedeutungsvoll ansahen. "Ich kann Ihnen höchstens Minuten verschaffen."

"Das muss genügen", erwiderte ich atemlos, ehe ich zum ersten Mal den Gemeinschaftsraum der Gryffindors betrat. Er war überraschend ähnlich den Filmen. Schwere rote Teppiche und Möbel, alte Portraits von alt ehrwürdigen Zauberern, die hochnäsig auf mich herabschauten und ein ausladender Kamin, in welchem zu dieser späten Stunde kein Feuer mehr prasselte.

Doch ich hielt mich nicht mit der Betrachtung von Einzelheiten auf, sondern stürmte die Treppe hoch, von der ich hoffte, dass sie zu den Jungenschlafsälen führte. Auch hier lag J. K.s Beschreibung goldrichtig. Mein Herz hämmerte so heftig, dass ich Angst hatte, jemand könnte es hören.

Als ich sah, dass die zweite Tür offen stand, wusste ich, ich hatte keine Zeit zu verlieren. Ich stürmte hindurch und da war ich nun, gefangen im Halbdunkel und vor mir ein gefährlich aussehender Mann mit einem Messer. Noch hatte ihn niemand bemerkt.

Er wirbelte zu mir herum und in seinen Augen stand so viel Leid, dass es beinahe an Wahnsinn grenzte. Seine Haare waren viel länger als über die Schulter. Gewellt und so fettig, dass es aussah, als wäre er gerade aus der Dusche gestiegen. Er war spindeldürr und trug eine Art schwarze Kutte, die ihn so ähnlich mit einem Dementoren machte, dass es mir in den Fingern zuckte, meinen Zauberstab gegen ihn zu erheben.

Er starrte mich an wie ein in die Enge getriebenes Tier und ich hatte keine Ahnung, wie ich ihm sagen konnte, was ich sagen wollte, ohne Worte zu gebrauchen. Also gestikulierte ich wild, dass er mit mir kommen sollte. Er fuhr sich mit dem Finger kurz über die Kehle und obwohl ich wusste, auf welcher Seite er stand, hätte ich in diesem Moment nicht mit Sicherheit sagen können, ob er seine Drohung wahr machen würde. Er sah einfach nur furchteinflößend aus.

Ich schüttelte entschlossen mit dem Kopf und winkte wieder, mir zu folgen. Er wirkte völlig verwirrt, weil ich aus Angst nicht die Flucht ergriff. Misstrauisch wanderten seine Augen über meinen Hufflepuff-Umhang.

"Zieh Leine!", zischte er so laut er es wagte.

Obwohl er kaum ein Geräusch dabei machte, regte sich hinter einem der Vorhänge etwas. Bettfedern quietschten, jemand setzte sich langsam auf.

Da sah ich ihn. Er lag ganz offen und achtlos über Harrys Koffer geworfen - der Tarnumhang. Ich bewegte mich blitzschnell, griff danach und warf das wertvollste Heiligtum des Todes über mich und Sirius Black. Er riss die Augen auf und ich legte energisch meinen Finger gegen die Lippen. Just in dem Moment, da Ron hektisch seine Vorhänge bei Seite riss. In diesem Moment wusste ich, dass die Ratte längst weg war.

"Krummbein?" Argwöhnisch sah er sich im Raum nach dem vermeintlichen Kater um, ehe er sich wieder hinlegte. Es dauerte nicht lange und ein langgezogenes Schnarchen wähnte uns in Sicherheit.

Jetzt folgte Black mir auf mein Handzeichen, meine Rettungsaktion hatte ihn wohl überzeugt. Im Laufschritt nahmen wir die Treppe hinunter zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum und verließen den Turm eine Sekunde ehe McGonagall am unteren Treppenabsatz erschien.

"Hier entlang!", wisperte er und wir wandten uns nach links, wo es eine weitere Treppe nach oben ging. Es schien, jetzt - da er unter dem Umhang seines ehemaligen besten Freundes war - könnte er wieder klarer denken. Er bewegte sich wie jemand, der die Schule in und auswendig kannte, was ich- die sich auch nach über einem halben Jahr noch regelmäßig verlief, über die maßen bewunderte.

Der Gang, in den er uns führte, war völlig ausgestorben - bis jetzt. Nur das Mondlicht, das durch die hohen Fenster fiel, offenbarte mir seine ausgemergelten Züge als wir anhielten und uns einander zuwandten.

Harry Potter und das Mädchen aus FantasieWhere stories live. Discover now