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Das Erste was ich wahrnahm waren Stimmen um mich herum, welche ich zunächst nicht zuordnen konnte. Meine Sinne waren geschwächt und mein Körper fühlte sich noch immer so an, als würde er unter dem Zauber stehen, der mir zugefügt wurde. Ich versuchte den Stimmen um mich herum zu lauschen, doch anfangs wollten sich die Sätze die gesprochen wurden einfach nicht in meinem Kopf zusammen setzten. Es dauerte ein paar Minuten, bevor ich spürte wie mein Körper langsam zu mir zurück kam. „Was wollt ihr von ihr?" Diese Stimme, ich kannte diese Stimme. Sie gehört... Katherine? Blinzelnd öffneten sich meine Augen und ich sah sie über mir stehen, den Rücken zu mir gewandt. Was? Eigentlich wollte ich die Worte aussprechen, doch meine Stimme wollte einfach nicht nachgeben. Doch etwas Erleichterung durchfuhr mich, als ich sie sah. Es geht ihr gut! Die nächste Stimme die ich zuordnen konnte, war die von Alaric und fast sofort fiel meine Erleichterung von mir und die Erinnerungen an die Stunden zuvor kehrten zurück. Aus welchem Grund auch immer, hatte einer seiner Hexer mich gefangen genommen. Mich hier her gebracht und nun gab es kein Entkommen mehr. Meine Gedanken waren noch zu unsortiert um zu hinterfragen, was das ganze sollte.
Langsam richtete ich mich auf und mein verschwommener Blick schweifte durch den Raum. Klaus war da, Katherine stand vor mir und im Raum waren noch drei weitere Personen. Den Mann konnte ich sofort zuordnen, er war derjenige gewesen, der den Zauber auf mich gewirkt hatte. Die andere Frau war vermutlich auch eine Hexe, doch die dritte Person... „Mom?" Alle Augen richteten sich auf mich und auch Katherine hatte sich zu mir gedreht. Es konnte nicht sein, es war nicht möglich, doch die Person war unverkennbar meine Mutter. Eilig richtete ich mich auf meine Füße, doch sie waren so zittrig das ich fast nach vorne kippte, wäre nicht Katherine da gewesen, die mich auffing und wieder auf die Couch setzte. „Hallo mein Schatz." Es war sie. Die Stimme war eindeutig ihre. Alles an ihr war genauso wie ich es in meiner Erinnerung hatte! Ihre rotbraunen Haare, die meinen so ähnlich waren, ihr Gesicht und auch ihre Augen. Und doch schien etwas anders zu sein. Der Ausdruck den ich in ihr sehen konnte, er war ganz anders, als ich es jemals zuvor gesehen hatte. Er zeugte von Selbstsicherheit, von Kälte und von Macht. Sie strahlte etwas aus, was mir Angst machte, etwas was bedrohlich wirkte. Abgesehen davon, dass sie offensichtlich hier war, dass sie offensichtlich lebte. „Mom? Wie? Du... aber ich hab dich gefunden... das Blut.." „Alles zu seiner Zeit mein Schatz." 

Ihre Stimme, die doch so gleich war wie ihre, wirkte anders. Etwas an ihrer Stimmlage sendete ungute Gefühle aus und die Wärme, an welche ich mich noch erinnerte, bevor sie in ihre Depression verfallen war, war nicht aufzufinden. Doch als sie so Krank geworden war, da hatte sie trotzdem immer noch eine gewissen Vertrautheit gehabt, doch auch das war nicht mehr heraus zu hören. Erst als sich eine feminine Hand auf meine Schulter legte, spürte ich, wie ich zitterte. Ich hatte keine Ahnung wie ich reagieren oder was ich sagen sollte. Mein Kopf schien zu rasen, doch kein Gedanke ergab irgendeinen Sinn. „Nun, wir sollten die langersehnte Zusammenkunft nicht stören. Gehen wir nach nebenan." Katherine rührte sich nicht, ihre Hand verweilte weiterhin auf meiner Schulter. „Katarina. Das galt auch für dich." Ich blickte in ihre Augen, die auf meine Mom gerichtet waren und konnte klar den Konflikt darin erkennen. Nach einer unsicheren Sekunde erhob sie sich, warf mir einen Blick zu und folgte den anderen aus dem Raum heraus. Die Hexe schloss die Türe hinter sich und lies meine Mom und mich allein zurück. Sie lächelte mir zu, das erste Mal seit dem ich aufgewacht war, doch die Geste wirkte eher höflich statt glücklich. „Du hast bestimmt viele Fragen. Aber lass mich dir zuerst sagen, dass es mir wirklich leid tut, dass wir uns unter diesen Umständen wieder sehen." Sie seufzte schwer, wobei sich ihre Schultern leicht anhoben. „Eigentlich hatte ich mir unser Wiedersehen anders vorgestellt, aber als ich Erfahren habe, dass du in das ganze verwickelt bist, musste ich dich einfach herbringen lassen." 

Ihre Worte verwirrten mich mehr und mehr und ich spürte wie sich bereits Kopfschmerzen bei mir ankündigten. Es war alles so überwältigend und ich versuchte wirklich nach und nach die erhaltenen Informationen zu sortieren, doch es fiel mir leider nicht so leicht. Doch eine Sache tauchte in meinem Gedankenwirbel immer wieder erneut auf. „Wie kannst du am Leben sein? Ich hab dich gefunden!" Tränen bildeten sich in meinen Augen und ich gab mir alle Mühe der Welt nicht gleich los zu weinen. „Du hast dich umgebracht! Es stand sogar in deinem Kliniktagebuch, dass du daran gedacht hast!" Meine Stimme war zwar laut, doch ich sie klang auch etwas zittrig und ungläubig. Mom zögerte eine Sekunde, dann trat sie mit eleganten Schritten auf mich zu, doch anstatt sich neben mich zu setzten, schnappte sie sich einen Stuhl und setzte sich schräg gegenüber von mir hin. Sie wirkte wie ein andere Mensch, so als wäre sie vollkommen verändert. „Nun, ich werde dir gerne alle deine Fragen beantworten, aber zuerst solltest du erfahren, warum ich das ganze getan habe." Ich nickte nur, zu mehr war ich aktuell nicht imstande. Sie räusperte sich kurz und es war das erste Mal, dass ich ein echtes Gefühl in ihrem Ausdruck erkannte, doch welches genau es war, konnte ich nicht wirklich deuten. „Nun, du weißt ja wie es mir ging, als ich Krank geworden bin. Du hast ja offensichtlich mein Kliniktagebuch gelesen, was ich dir nicht verübeln kann." Sie zögerte für einen Moment. „Es hat alles keinen Sinn mehr gemacht, mein Leben ist an mir vorbeigerauscht und ich hatte das Gefühl, dass es für mich nichts mehr gab, woran ich hätte festhalten können." Nun war es an mir zu schlucken und die Tränen in meinen Augen quollen weiter an. „Ein paar Wochen vorher, habe ich in einer Bar diesen Mann kennengelernt. Er hat sich mir als Klaus vorgestellt und ich fand ihn von Anfang an wirklich sehr charismatisch, aber ich wusste von Anfang an das er ein Geheimnis hütet. Und ich hatte Recht." Wäre die Situation nicht so absurd und emotional hätte ich vielleicht gelacht über diese Worte. Charismatisch. Welch eine Wortwahl für diesen Mann.

Bloodstream // Katherine PierceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt