X. Das letzte Morgengrauen

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VOM TODE UNBERÜHRTX

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VOM TODE UNBERÜHRT
X. Das letzte Morgengrauen

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Chaja war immer noch wach, als die Morgendämmerung über das Walddorf hereinbrach. Ebenso wie der gesamte Haushalt der Raskins. Selbst Ulja und Ilja, denen sie jede weitere Erklärung für die düstere Stimmung, ihre halb erfrorene Mutter und das Feuer, das in dieser Nacht den Himmel erhellte, ersparten, konnten nicht mehr lange schlafen.

Sie alle waren müde, dunkle, pflaumenblaue Schatten unter den Augen die einzige Farbe in ihren erschöpften Gesichtern, doch die Schrecken der Nacht hingen an ihnen wie die glimmende Asche, die den Schnee verdunkelte, und der Hauch des Todes und raubten ihnen den Schlaf.

„Nein, du wirst dich erkälten, Mama", meinte Majda leise und zog die Felle wieder dorthin zurück, wo sie gelegen hatten, bevor Dorka sich von ihnen befreit hatte. Zu ihrer Besorgnis schien ihre Mutter sie nicht zu hören, ihre Augen wanderten ziellos durch das Zimmer, während sie nickte.

„Kalt ... kalt ... Ja, Vanja muss frieren ... Bring sie zum Ofen, ja?", murmelte Dorka.

„Sie wird nicht frieren, das verspreche ich." Majda zwang ein Lächeln auf ihre Lippen, obwohl sich ein verräterischer Glanz in ihre Augen stahl, und streichelte Dorkas Hand. „Sie schläft jetzt friedlich."

Geköpft und verbrannt.

Nur die Stimme des Priesters und die segnenden Berührungen drangen wirklich durch den Nebel ihres Trancezustand, verschafften ihr ein wenig der Klarheit von Svets Licht. Der Gott, der wieder einmal seine Kinder verraten hat. Sein steinhartes Herz konnte durch ihren Schmerz nicht erweicht werden.

„In Svets Reich wird deine Tochter niemals Kälte leiden", erklärte der Priester.

„Hat sie es jetzt gefunden, Meister?" Dorka schaute ihn ängstlich an. „Was ist, wenn sie immer noch in der Dunkelheit verloren ist?"

„Hab keine Angst. Ich habe ihre Seele geleitet. Ruh dich jetzt aus, Kind." Seine spindeldürren Finger schlossen ihre Augen, so wie er es am Abend mit Vanjas getan hatte, um ihnen den Blick auf den Himmel zu verdecken. Als ob diese Geste Dorka tatsächlich von der Last des Wachseins befreite, entspannte sich ihr faltiges Gesicht und sie sank in einen sanften Schlummer.

Davor, der die letzten Stunden über mit den Befehlen des Priesters beschäftigt gewesen war, hörte auf, sein Schwert zu schärfen. Die schlaflose Nacht war ihm von allen am wenigsten anzumerken. Seine Augen leuchteten klar und wachsam und in all seinen Bewegungen lag die Präzision eines Mannes, der kein bisschen Ruhe entbehren hatte müssen.

„Es ist so weit."

„Dann lasst uns gehen." Chaja erhob sich. Ihre Beine fühlten sich in diesem Moment nicht mehr schwach, sondern schon taub an. Außer dem bandagierten Unterarm konnte sie ihren Körper kaum noch spüren.

Vom Tode unberührtWhere stories live. Discover now