Mit letzter Kraft | Kapitel 44.

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Mit letzter Kraft | Kapitel 44.

Cheong-san

Wie versteinert stand er da, hoch oben auf dem Bücherregal und noch immer sichtlich entsetzt über das eben Geschehene. Schwer atmend und mit rasendem Herzen schaute er hinunter, betrachtete den Jungen, der leblos auf dem Tisch umgeben von Zombies kauerte. Der Anblick war verstörend, die Art und Weise, wie die Zombies sich an seinem Körper zu schaffen machten. Die Augen von Gwi-nam waren weit aufgerissen, sie waren leer, geradezu leblos und starrten unausweichlich ins Leere.

Cheong-san hatte nie beabsichtigt, Yoon Gwi-nam zu töten, geschweige denn ihm ein Auge auszustechen. Zugegeben, der Laufbursche hatte Cheong-san keine andere Wahl gelassen als sich mit allen Mitteln gegen ihn zu wehren, es war also reine Selbstverteidigung gewesen und dennoch fühlte er sich schlecht. Es war die eine Sache einen Zombie zu töten, jedoch war es eine vollkommen andere, einen Menschen zu töten. Alleine schon bei dem Gedanken musste der Junge schwer schlucken, ehe er es schaffte, sich endlich von dem verstörenden Anblick loszureißen.

Der junge Schüler wurde abermals aus seinen Gedanken gerissen, als er spürte, wie das Bücherregal, auf dem er kauerte, unter seinen Füßen erneut zu wackeln begann. Die Zombies haben mittlerweile von dem leblosen Körper des einstigen Tyrannen abgelassen und setzen inzwischen alles daran, auch an Cheong-san zu gelangen. Panisch blickte der Junge sich um, als immer mehr dieser Infizierten versuchten, sich gegen das Bücherregal zu werfen. Cheong-san wandte sich hastig um und blickte zu den Glastüren am Ende des Raumes. Der Ausgang, um aus der Bibliothek zu gelangen, war nicht weit entfernt, stellte der Junge fest. Cheong-san zögerte nicht länger und wagte seinen ersten Sprung auf das folgende Bücherregal, auf welchem er auch schließlich problemlos landete. Erneut begann das Regal unter seinen Füßen zu wackeln und wieder wagte er einen Sprung auf das nächste Regal.

Soweit so gut, dachte der junge Schüler, ehe ein lautes Geräusch ihm jegliche Konzentration raubte. Erschrocken weitete der Junge seine Augen, als er hinter sich blickte. Das Bücherregal, gegen welches sich die Zombies zuvor mit aller Kraft gegen geworfen hatten, kippte nach vorne und knallte mit tosendem Laut gegen das Darauffolgende. Die Art und Weise, wie die Bücherregale nacheinander umgekippten, erinnerten fast schon an das Spiel mit den Dominosteinen. Cheong-san konnte regelrecht spüren, wie sich die Panik in ihm breit machte. Er musste schnell hier raus, bevor ihn noch eines der Regale erschlagen würde.

Gerade wollte Cheong-san seinen nächsten Sprung wagen, bis plötzlich das Regal, auf dem er sich befand, abrupt zu wackeln begann. Der Schüler verlor das Gleichgewicht, torkelte nach hinten, ehe er schließlich rücklings zu Boden stürzte. Die Bücherregale stürzten wie ein Kartenhaus über den Jungen zusammen und er wurde schließlich begraben unter hunderten von Büchern. Cheong-san konnte sich ein genervtes Seufzen nicht länger verkneifen und mittlerweile fragte er sich, ob sein Tag überhaupt noch schlimmer werden könnte. Er hatte es doch tatsächlich geschafft, sich versehentlich seinen Fuß unter das Regal zu klemmen. Zu seiner Überraschung jedoch schmerzte sein Fußgelenk nur ein kleines bisschen, was er vermutlich dem Adrenalin, der durch seinen Körper rauschte, zu verdanken hatte.

Hastig versuchte der Junge, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien, als er regelrecht hören konnte, wie die Zombies verzweifelt nach ihm suchen schienen. Das Bücherregal, welches sich noch immer mit ganzem Gewicht auf dem Fuß des Jungen befand, wollte sich einfach nicht verrücken lassen, so sehr Cheong-san es auch versuchte. Sollte es wirklich so für ihn enden? Vergraben unter hunderten von Büchern? Nein ... nein, das durfte einfach nicht sein. Noch ein letztes Mal nahm Cheong-san all seine Kraft zusammen und schaffte es letztendlich doch noch seinen mittlerweile schmerzenden Fuß unter dem Regal hervorzuheben, wodurch er jedoch mehr Krach machte als er eigentlich vorgehabt hatte. Cheong-san schnappte erschöpft nach Luft, während er sich vorsichtig seinen Weg durch den Bücherhaufen bahnte. Der Junge erschrak, als plötzlich ein lautes Keifen seine Aufmerksamkeit in Beschlag nahm. Panisch wandte der Junge sich umher, ehe er mit Schrecken feststellen musste, dass sich bereits der erste Zombie in seine Richtung zu drängen versuchte.

All Of Us Are Dead | Nur dieses eine Leben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt