Kapitel 8

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Alec |

Der Abend wird um einiges angenehmer, nachdem wir uns ausgesprochen haben. Endlich verliert sie ihre Beklommenheit und benimmt sich mir gegenüber normal.
Drake und Joane amüsieren sich ordentlich und auch wenn sie gestern schon den ein oder anderen Drink zu viel hatten, genehmigen sie sich auch heute das ein oder andere Bier.
»Du bist der erste Mann, den ich kenne, der so gut tanzen kann.«
Jo ist ziemlich angetan von Drake und zu meiner Verwunderung scheint mein Bruder auch Interesse an ihr zu haben.
»Danke, aber du hast es auch drauf.« Mir fällt auf, dass Sienna oft auf ihr Smartphone schaut und es zurück in ihre kleine Handtasche steckt.
Den ganzen Abend kann ich nicht aufhören, sie anzuschauen. In dem Kleid sieht sie auch wirklich hübsch aus. Meine Augen wandern von ihrem Gesicht über ihr Dekolleté. In dem Moment fühle ich mich schlecht.
Lori ist kaum unter der Erde und ich schaue meine Ex-Freundin auf diese Weise an. Das kann nicht richtig sein.
»Wir fahren noch zu Jo. Auf einen kleinen Absacker!«, ruft Drake und holt mich aus meinen Überlegungen.
Noch bevor Sienna protestieren kann, stehen die beiden auf und machen sich auf den Weg, den Club zu verlassen.
»Ich weiß echt nicht, was in sie gefahren ist«, sagt Sienna und steht auf, um den beiden zu folgen.
»Nun, ich schon«, antworte ich.
Beide schauen wir uns an, um im nächsten Moment loszulachen.
Wie lange habe ich ihr Lachen nicht mehr gehört?
»Immer noch ein zweideutiger Witzbold«, sagt sie kopfschüttelnd und folgt schließlich ihrer lauthals singenden und tanzenden Freundin.

Joane wohnt in Venice, wohin wir uns ein Taxi teilen. Die ganze Fahrt ist Sienna sehr still, außer einem gelegentlichen Zustimmen oder Lächeln wirkt sie zurückhaltend.
Nach der Ankunft steigen wir aus und ich bezahle unter Protest den Fahrer.
»Wir sind keine Frauen, die erwarten, dass der Mann alles zahlt«, mosert Joane, doch ich ignoriere sie geflissentlich, muss jedoch schmunzeln.
»Ich schnappe noch etwas Luft. Ihr könnt ja schon hoch gehen. Ich komme gleich«, sagt Sienna und läuft geradewegs in Richtung Strand.
»Ich begleite sie lieber.«
Drake und Jo verschwinden im Hauseingang und ich gehe ihr nach. Kurz bevor sie den Sand betritt, streift sie sich ihre Riemchenschuhe von den Füßen und geht weiter.
»Läufst du vor mir weg?«, rufe ich ihr hinterher und schiebe meine Hände tiefer in die Taschen meiner Jeans.
»Ich laufe nie vor etwas weg, Alec. Darin unterscheiden wir uns wohl.«
Sie dreht sich um und geht rückwärts weiter.
»Wie lange willst du mich deswegen leiden lassen?«, will ich von ihr wissen.
»Du leidest?«
Sie grinst und schwenkt den Kopf.
»Du weißt, was ich meine.«
»Ja, ich weiß was du meinst. Und es könnte noch etwas dauern.«
Sie lächelt, wendet sich von mir ab und hält auf das Wasser zu.
Würde heute der Mond nicht voll am Himmel stehen, würden wir nicht mal unsere Hand vor Augen sehen.
Erst als sie mit den Füßen das Wasser berührt, bleibt sie stehen.
»Was denkst du, wie lange die beiden brauchen, bis sie merken, dass es mit ihnen nicht klappt?«
Ihre Frage klingt nachdenklich und ich ahne, was in ihr vorgeht.
»Warum denkst du, dass es nicht klappt?«
»Jo ist sprunghaft, auch wenn sie immer so tut, als wäre sie auf der Suche nach der perfekten Beziehung.«
Was sie sagt, trifft zum Teil auch auf meinen Bruder zu.
»Um ehrlich zu sein, Drake hat meistens One Night Stands. Eine ernsthafte Beziehung hatte er noch nie.«
Sie lacht und schaut zu mir.
»Liegt wohl in der Familie.«
»Wie meinst du das?«
»Du hast auch keine Beziehung gesucht. Lass mich raten. Du bist immer noch glücklicher Single und hast jede Woche eine andere fürs Bett. Stimmt's?«
Das ist also ihre Meinung von mir?
»Du denkst, ich springe von einem Bett ins nächste? Bin verantwortungslos und beziehungsscheu?«
»Bis du es nicht?«
Irgendwie habe ich es verdient, dass sie so über mich denkt.
Doch ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mich nicht trifft.
»Ach Alec. Ich nehme dich doch nur auf den Arm. Es ist nicht schlimm, wenn du dein Leben noch genießen möchtest. Irgendwann kommt schon die Richtige und dann verliebst du dich Hals über Kopf.«
Die Wellen rauschen heran und ich gehe einen Schritt zurück. Sienna hingegen geht noch einen Schritt nach vorn, sodass das Wasser bis zu ihren Knöcheln klettert.
Die kühle Seeluft weht heran und wirbelt ihr Haar wild herum. Sie klemmt sich die Schuhe zwischen die Beine und versucht es zu bändigen, indem sie es mit einem Gummi fixiert.
»Lass uns zurückgehen. Wahrscheinlich warten sie schon auf uns.«
Langsam begeben wir uns auf den Rückweg und das Schweigen zwischen uns ist so laut, dass es kaum auszuhalten ist.
Bevor wir das Wohnhaus betreten, schaut Sienna mich an, drückt mit ihrer Schulter die Tür auf und lächelt.
»Worum wollen wir wetten, dass sie bereits vögeln?«
Sie bringt mich zum Lachen und ich folge ihr in den Hausflur.
»Um ein Date«, rutscht es mir raus.
In dem Augenblick bleibt Sienna wie versteinert stehen, sodass ich prompt in sie hineinlaufe.
»Ein Date? Dein Ernst?«, fragt sie ungläubig und steigt eine Treppenstufe hinauf, sodass wir auf Augenhöhe sind.
»Warum nicht? Wir könnten Surfen gehen. Was essen und etwas reden. Außer-.«
Erst jetzt komme ich drauf, dass sie vielleicht vergeben ist.
»Außer was?«, hakt sie nach.
»Gibt es in deinem Leben wen?«
Sie zuckt mit der Schulter und knabbert an ihrer Unterlippe.
»Es gibt da jemanden, ja.«
Irgendwie dachte ich es mir. Doch niemand sprach von etwas romantischem.
»Wir können uns einfach zum Surfen treffen. Wie Freunde.«
»Freunde?«
»Jaa, Freunde. Jetzt los, geh rauf.«
Ich schiebe sie etwas an, damit sie die Treppen nach oben nimmt.
»Ich werde es mir überlegen«, flüstert sie und grinst. Dann bewegt sie sich endlich.
Oben angekommen steckt der Schlüssel von außen an der Tür und Sienna schließt auf.
»Okay, die Wette gilt«, sagt sie plötzlich und schaut mich über ihre Schulter an. »Und nur zur Info. Ich bin jetzt in der Lage, auf einem Board zu stehen. Ich hab' viel geübt.«
Ich nicke anerkennend und folge ihr hinein.
Drinnen herrscht gespenstische Ruhe und ich schaue mich um.
»Hallo?«, versuche ich uns anzukündigen, doch niemand antwortet.
»Das Schlafzimmer ist ganz hinten am Ende des Flurs«, feixt Sienna, nimmt sich einen Keks aus der Dose, die auf dem Küchentisch steht und beißt hinein. Langsam gehe ich durch den Flur und tatsächlich höre ich eindeutige Geräusche, die aus dem Schlafzimmer zu kommen scheinen.
Mir ist es unangenehm hier zu stehen und dem zuzuhören, weswegen ich Sienna anschaue.
»Ich bring dich nach Hause. Ich glaube, die zwei brauchen noch ein wenig mehr Zeit.«
Sie kichert und steckt sich den letzten Bissen des Gebäcks in den Mund.
»Ich nehme Jos Wagen und fahre dich nach Hause. Morgen früh hole ich sie ab, bevor wir zur Arbeit fahren.«
Sie schnappt sich den Autoschlüssel aus der Schale im Flur und zusammen verlassen wir die Wohnung.
Auf dem Weg nach unten schreibt Sienna Joane eine Nachricht und schickt sie ab.
»Wo wohnst du?«
»Gar nicht weit von hier. Ich navigiere dich.«

Wir sind auf dem Weg zu meinem Haus und kurz denke ich darüber nach, ihr von Jamie zu erzählen. Doch ich entscheide mich dagegen.
Jamie ist kein Thema, das ich zwischen Tür und Angel erwähnen möchte. Vielleicht findet sich ein besserer Zeitpunkt, wenn wir uns tatsächlich treffen sollten. Schließlich hat sie mir von sich auch etwas erzählt.
Es ist merkwürdig, neben ihr zu sitzen. Ich kann nicht zählen, wie oft ich an sie gedacht habe und mich fragte, was aus ihr wurde. Manchmal stand ich kurz davor, sie aufzusuchen, doch was hätte das gebracht? Meine Welt drehte sich um Lori und das Baby.
»Du kannst mich hier rauslassen. Ich wohne gleich dort vorne.«
»Das Haus da?«
Sienna zeigt mit dem Finger auf den Bungalow meines Nachbarn Timothy.
»Nein, es liegt dahinter.«
Gerade als ich aussteigen will, hält sie mich am Arm zurück.
»Gib mir deine Handynummer. Wegen dem Surfen. Ich habe vorhin geflunkert. Ein bisschen Übung kann mir nicht schaden.«
Sie schaut mich auf diese süße Weise an, mit diesem Blick, der mir immer ein Lächeln entlocken kann.
Wir tauschen die Nummern aus und ich verlasse den kleinen roten Cabrio, dessen Verdeck Sienna heruntergefahren hat.
»Fahr vorsichtig und schreib mir kurz, wenn du zuhause bist.«
Sie legt den Gang ein, fährt los und winkt mir zum Abschied.
Ich weiß nicht, warum ich sie wiedersehen will oder ob es wirklich Freundschaft wird.
Doch sie schafft es, mich auf andere Gedanken zu bringen.

It's all good, Baby Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ