Kapitel 24

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»Warum muss ich sie holen?«

Rhys vergrub die Hände in den Hosentaschen. »Ich dachte, dich würde es freuen, wenn du den Gefallen erwidern könntest, als Azriel euch aus eurem Liebesnest hat raustreten sollen.« Nesta schnaubte, während sie ihre Nase tiefer in ein Buch steckte, das sie in aller Seelenruhe auf dem Sofa verschlang. »Komm schon, Cassian. Es wird schon nicht so schlimm werden. Ich begleite dich doch.« Mor kicherte in sich hinein, während sie sich genüsslich eine Erdbeere in den Mund schob und den Schlagabtausch stumm beobachtete. »Das hilft mir nicht wirklich, Feyre.« Die High Lady knuffte ihren Schwager mit dem Ellbogen in die Seite. »Jetzt sei nicht so ein Baby!«

Cassian brummte missmutig, gab sich schließlich jedoch geschlagen. Kurze Zeit später teilte seine High Lady den Wind gemeinsam mit ihm und bereits in der nächsten Sekunde fanden sie sich unweit des Mondsteinpalastes in der Luft wieder. Feyre hatte ihre Flügel ausgebreitet und glitt auf den rauen Lüften dahin. Das Training mit Azriel hatte wirklich großartige Fortschritte gemacht, auch wenn sie noch einige Anfängerfehler beging, weswegen sie bei der nächsten kräftigeren Böe auf Umwege geriet. Cassian rief ihr zu: »Höher!«

Feyre befolgte seinen Rat, erhob sich, nutzte den Antrieb des Windes und gemeinsam kamen sie schließlich in einem Stück im Palast an.

Der Krieger überlegte sich gerade mit welcher Gemeinheit er Azriel aus der Reserve locken wollte, als eben dieser gemeinsam mit June durch die große Halle auf sie zulief. Cassian entging nicht, wie Az' Griff um die Finger seiner Seelengefährtin fester wurde. Der Krieger grinste unwillkürlich.

»Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber ehrlich gesagt wundert es mich, dass June noch auf zwei Beinen gehen kann.« Cassian ließ genüsslich die Schultern kreisen. »Nesta hätte bestimmt nichts dagegen, wenn wir-.«

»Spar es dir, Cassian.« Azriel schüttelte knapp den Kopf, auch wenn er sichtbar die Zähne aufeinanderpresste. Cassian lachte bellend. »Deine eiserne Selbstbeherrschung ist so eiskalt wie eh und je, Bruder. Ich bewundere dich.« Azriel nickte knapp, bevor er Junes Hand losließ und nach der Tasche greifen wollte, die neben einem der Essstühle stand, Cassian ließ er dabei jedoch nicht aus den Augen. Zu spät registrierte er die Nacht, die sich schleichend wie eine Katze genähert hatte, bevor Rhys plötzlich hinter June auftauchte und träge seine Arme über ihre Schultern legte. »In der Tat, bemerkenswert.« Az' Blick schoss zu seinem High Lord.

Binnen eines Herzschlages knisterte die Luft vor urgetriebener Wut, der Schattensänger schoss nach vorne, direkt auf Rhysand zu, der June rasch losließ und sie sanft zur Seite schubste, bevor Az ihn aus den Socken hob. Cassian dachte nicht eine Sekunde darüber nach, ob er sich raushalten sollte, sondern mischte sich direkt mit ins Getümmel. Es war immerhin eine ganze Weile her, dass sie sich zu dritt wie dumme Jungen geprügelt hatten.

***

Es war ein groteskes Bild, den gestandenen Illyrianern zuzuschauen, wie sie sich gegenseitig die Fäuste um die Ohren schlugen. Lange blieb June nicht Zeuge des Spektakels, denn Rhys teilte den Wind, als er Cassian und Azriel gepackt hatte und schon waren sie verschwunden. Azriels Abwesenheit kratzte an ihrem Herzen, das mit seinem im Einklang schlug. »Keine Sorge, sie reißen sich schon nicht die Köpfe ab.«

Feyre hakte sich bei ihr unter, griff nach der Tasche und teilte gemeinsam mit ihr den Wind, bis sie sich im Flusshaus wiederfand. Dort traf sie Amren und Mor an. »Hast du die Hunde von der Leine gelassen?« Amren schwenkte genüsslich ein Rotweinglas in ihrer Hand, während sie in sich hineingrinste. Feyre nahm ihr gegenüber am Esstisch Platz. »Nur für einen Nachmittag, bis sie ihr Ego wieder aufpoliert haben.«

»Ich setze zehn Goldstücke auf Azriel.«

»Zwanzig auf Cassian. Sagt, was ihr wollt, aber er ist am besten in Form.« Nesta nahm neben ihrer jüngsten Schwester Platz, bevor sie ihr Buch zuschlug und beiseiteschob. Feyre warf einen Blick auf den Titel und schenkte ihrer Schwester dann ein neckisches Grinsen.

A Court of Shadows and Delight (ACOTAR Fanfiction, Teil 2 von 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt