Kapitel 33

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Emily drückt mich sanft von sich weg und schaut mir tief in die Augen. "Ava, es ist okay zu trauern und zu vermissen. Aber du darfst nicht vergessen, dass Cole immer einen Teil von dir in sich trägt. Ihr seid miteinander verbunden, und das wird sich niemals ändern."

Ihre Worte berühren mich zutiefst, und ich spüre, wie sich langsam ein Gefühl der Akzeptanz in mir breit macht. Es ist, als ob ein Teil von mir sich endlich damit abfindet, dass Cole nicht mehr physisch bei mir ist, aber dass er dennoch immer in meinem Innern weiterleben wird.

Emily erhebt sich und geht zum Schreibtisch. Vorsichtig schiebt sie eine der Schubladen in dem Schreibtisch auf und zieht eine kleine Box heraus. "Die solltest du haben, du brauchst sie mehr als ich.", mit einem kleinen traurigen Lächeln der Melancholie kommt sie mit der Box auf mich zu. "Das war Coles Erinnerungsbox, er hat dort alles hineingelegt, was ihn erinnern soll, Kinotickets, Rechnungen und auch belanglose Dinge wie Kaugummipapier... na ja, er hat wohl etwas damit verbunden." Sie hält sie mir hin, und vorsichtig öffne ich sie. Sie hat recht. Die Box ist gefüllt mit Dingen aller Art. Tränen tropfen hinein, ich kann genau wie er mit allen Dingen etwas verbinden. Sanft lasse ich das Foto, das ich immer noch verkrampft festhalte, hineinfallen.

"Danke.", Dankbarkeit schwingt in meiner Stimme mit. Emily nickt und zieht mich am Arm langsam vom Bett hoch. "Komm, die anderen warten unten, lass uns noch etwas zusammen essen." Ich lasse mich von ihr mitziehen, während ich die Erinnerungsbox fest in meinen Händen halte, als hätte ich Angst, sie zu verlieren, und mit all den Erinnerungen.

Der Flur ist dunkel, doch aus dem Esszimmer dringt warmes Licht und gedämpfte Stimmen. Es ist, als würde ich vom Winter in den Sommer laufen. Der Geruch von Essen schlägt mir entgegen. Ich erblicke Alex, als ich ihn das letzte Mal sah, war er noch der kleine nervige Bruder, doch jetzt ist er Cole wie aus dem Gesicht geschnitten. Seine Haare sind deutlich länger und seine Ausstrahlung ist auch eine ganz andere. Neben ihm sitzt Steven. Groß, kahl und mit einem verschmitzten Lächeln lehnt er in dem Holzstuhl und betrachtet mich. Eine Regung geht durch seinen Blick. Wir haben uns alle seit der Beerdigung nicht gesehen, die Erinnerungen an diesem Tag werden wohl durch meinen Anblick wieder hervorgehoben.

Als ich das Esszimmer betrete, spüre ich sofort die familiäre Wärme, die mich umfängt, trotz der dunklen Last. Alex und Steven schauen mich mitfühlend an, und ich erkenne in ihren Blicken die gleiche Trauer, die auch mich erfüllt. Ich nehme meinen Platz am Tisch ein, die Erinnerungsbox fest an mich gedrückt. Vermutlich wissen sie schon, weswegen ich hier aufgetaucht bin.

Während wir zusammen zu essen beginnen, legt sich die drückende Wolke über uns langsam. Die Atmosphäre am Esstisch ist zugleich traurig und tröstlich. Wir erinnern uns an Cole, teilen Geschichten und Anekdoten, die uns zum Lachen bringen und gleichzeitig Tränen in die Augen treiben. Es ist ein bittersüßer Moment, in dem wir die Schönheit und Tiefe der Verbindung spüren, die wir mit Cole hatten und immer noch haben.

Nach dem Essen ziehen wir uns in das Wohnzimmer zurück, wo wir uns auf das Sofa und Sessel verteilen. Die Stimmung ist gedämpft, aber es liegt auch ein Hauch von Trost in der Luft. Emily bringt eine Kanne Tee und ein Tablett mit Keksen, und wir sitzen zusammen, um uns an Cole zu erinnern. Steven spricht über die Zeiten, in denen er und Cole gemeinsam im Garten gezeltet und unter dem Sternenhimmel Geschichten ausgedacht haben. Alex erzählt von ihren gemeinsamen Abenteuern als Kinder und wie Cole immer ein Beschützer und Unterstützer für ihn war. Es ist bemerkenswert, wie viele Spuren ein einzelner Mensch in dieser Welt hinterlassen kann. Ich frage mich, wie tief meine wohl sind. An Cole werde ich vermutlich niemals herankommen. Er war wie ein Meteorit, der in das Leben von uns allen eingeschlagen ist.

Immer mehr driften meine Gedanken ab. Ich genieße die Wärme der Familie, und zugleich überrollt sie mich. Der Tag hat an meinen Kräften gezogen, und allmählich vermisse ich das Alleinsein. Ich habe das große Bedürfnis, meine Gedanken zu sortieren, alleine mit mir und all dem Chaos zu sein. All die Gespräche über Cole, diese Box und besonders das Foto haben etwas in mir ins Rollen gebracht.

Die Dunkelheit die wir teilen | Bucky Barnes FF |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt