17 ◉ Tia ◉ Neugier oder Eifersucht?

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»Tia, was soll das? Wie kann es sein, dass ihr keine zwei Minuten lang bei den Fotografen stehen geblieben seid? Und weshalb habt ihr kein einziges Interview gegeben? Dass du nicht viel reden wirst, habe ich ja schon befürchtet, aber Wyatt ist doch normalerweise nicht auf den Mund gefallen. Meine Güte, du kennst dieses schnelllebige Geschäft inzwischen doch auch! Ihr müsst jede Minute dieses Hypes um euch unbedingt nutzen. Er wird ganz bestimmt nicht sehr lange anhalten. Euch wird schnell genug jemand den Rang ablaufen.«

Rhonda kneift missmutig ihre Lippen zusammen. Mein Blick verweilt nur kurz in ihrem schönen, perfekt geschminkten Gesicht, aus dem mir die Enttäuschung entgegenspringt. Schnell schlage ich die Augen nieder.

Etwa eine Sekunde, nachdem Wy den Tisch verlassen hat, um einen Bekannten zu begrüßen, hat sie seinen Platz neben mir in Beschlag genommen. Genau, wie ich es schon das ganze Dinner über befürchtet habe. Das Pärchen aus der Modebranche, das mit uns am Tisch saß, ist kurz davor zusammen mit Rhondas heutigem Begleiter Brian an die Cocktailbar verschwunden und nun hat sie freie Bahn. Es war klar, dass sie diese Chance nutzen würde, um mich wegen meines Versagens zur Rede zu stellen.

Schlagartig fühle ich mich in mein altes Leben zurückversetzt.

In mein altes, echtes Leben jenseits aller falschen Traumvorstellungen, in denen ich mit meinem Freund in einer schicken Villa lebe und mein Erfolg auf meiner Musik beruht, nicht auf einer Scheinbeziehung mit einem Ex-Star. Traumvorstellungen, in denen ich meine eigenen Entscheidungen treffen kann, von niemandem abhängig bin und mich vor niemandem rechtfertigen muss.

Rhondas frustriertes Seufzen vertreibt meine Gedanken schlagartig und schnell richte ich meine ganze Aufmerksamkeit wieder auf die Frau neben mir. Auf keinen Fall will ich riskieren, dass sie denkt, ich würde ihr nicht zuhören. Das würde sie nur noch ärgerlicher machen.

»Tia, ich hoffe, du weißt, wie viel Geld ich über die Jahre in dich investiert habe. Und ich hoffe, du weißt, dass man so eine Chance in dieser Branche nicht oft bekommt. Wir müssen rausholen was geht, und zwar jetzt. Wyatt wird nicht ewig mitspielen. Er ist wieder auf dem Weg nach oben. Sobald er dich nicht mehr braucht, wird er dich loswerden. Also bitte, reiß dich zusammen und enttäusche mich nicht noch einmal.«

»Er mag es nicht, wenn man ihn so nennt«, platzt es aus mir heraus. Meine Stimme klingt überraschend schnippisch. Ich reiße die Augen auf und ziehe die Unterlippe zwischen die Zähne.

Mir liegt schon eine Entschuldigung für meine Unverschämtheit auf der Zunge, doch in letzter Sekunde schlucke ich sie herunter. Vielleicht war ich wirklich unverschämt, doch Rhondas Strafpredigt mitten auf einem solchen Event ist genauso unangebracht. Ich bin erwachsen und kein kleines Kind mehr, das sofort nach einem Vergehen zurechtgewiesen werden muss. Ich hebe den Kopf, recke das Kinn und sehe direkt in ihre türkisblauen Augen. Sie hat keine Entschuldigung verdient.

Rhondas entgeisterter Blick hat etwas Komisches, das mich beinahe zum Lachen bringt. Ich presse die Lippen zusammen und kann mir zum Glück ein Grinsen verkneifen. Sie hätte das bestimmt nicht lustig gefunden. Sondern frech und undankbar.

Für einen Moment kneift sie nachdenklich die Augen zusammen, dann blickt sie sich demonstrativ um.

»Na und? Siehst du ihn hier irgendwo?«

Nein. Leider nicht.

Mein Gesichtsausdruck muss ihr mein Bedauern darüber offenbart haben, denn sie nickt und gleich darauf erscheint ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht. So, als hätte sie gerade die Lösung für ein dringendes Problem gefunden.

»Wyatt also. Verlass dich nicht auf ihn. Wahrscheinlich hast du gar nicht gesehen, dass er gerade mit seiner großen Liebe auf der Terrasse verschwunden ist. Etwas, das wirklich gar nicht geht, weil er damit riskiert, dass wir auffliegen. Unsere Vereinbarung beinhaltet auch, dass er sich mit keiner anderen Frau zeigt, solange der Deal läuft. Aber glaub mir, ich werde ihn zur Rede stellen und dafür sorgen, dass so was nicht mehr passiert. Denn Tia, ich bin hier diejenige, die deine Interessen vertritt und sich um dich kümmert. Und er ist nicht wirklich dein Freund. Vergiss das bitte nie.«

Verflixter Rapper!Where stories live. Discover now