Kapitel 28

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"Und wie war deine Verabredung mit Lockenköpfchen?"Niragi lag weit zurückgelehnt in seinem Bett, als ich in das Krankenzimmer zurückkehrte, und sah sich den Geräuschen nach zu urteilen gerade einen stupiden Action-Film auf seinem Smartphone an

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"Und wie war deine Verabredung mit Lockenköpfchen?"
Niragi lag weit zurückgelehnt in seinem Bett, als ich in das Krankenzimmer zurückkehrte, und sah sich den Geräuschen nach zu urteilen gerade einen stupiden Action-Film auf seinem Smartphone an. Nichts wirklich neues also.
Ich nahm mein Buch zur Hand, schlug es auf und lehnte mich gegen mein Kissen.
"Nichts als Zeitverschwendung", entgegnete ich knapp, weil ich wenig Lust hatte die Sache näher zu erörtern.
"Was wollte die Kleine denn so dringendes nachdem sie mich ja regelrecht angebettelt hat dich zu einem Treffen zu bequatschen?"
"Keine Ahnung. Sie ist davon überzeugt mich zu kennen. Ich glaube eher sie hat Wahnvorstellungen oder so."
"Ah, sie ist also nicht nur süß, sondern auch durchgeknallt. Darauf steh ich bei Frauen. Und ihre üppigen Brüste erst. Nackt sieht sie bestimmt zum Anbeißen aus. Denkst du nicht auch?"
Ich hielt kurz inne ohne zu ihm aufzusehen.
"Hab ich nicht drauf geachtet."
Niragi gluckste und warf mir einen unglaubwürdigen Seitenblick zu.
"Stehst wohl nicht auf Frauen, was?", grinste er hämisch.
"Ich lege einfach keinen Wert auf sowas", erklärte ich ruhig und hoffte insgeheim er würde endlich aufhören zu reden. Ich für meinen Teil werde Niragis Anwesenheit jedenfalls nicht sonderlich vermissen, wenn unsere Wege sich ab morgen wieder trennten.
"Wäre ich an deiner Stelle gewesen, hätte ich meinen Spaß mit ihr gehabt. So besessen wie sie von dir ist, hätte sie mit Sicherheit alles für dich getan. Das ist das beste Los, was man kriegen kann. Aber du lässt dir diese einmalige Chance natürlich entgehen. Das ist ja typisch für einen Langweiler wie dich."
Ich zog geringschätzig meine Augenbraue nach oben.
"Wir haben wohl unterschiedliche Ansichten zum Thema Spaß."
"Nichts für ungut, Blondie, aber für mich siehst du nicht so aus als hättest du in deinem Leben jemals Spaß bei irgendwas gehabt."
Ich verzog amüsiert die Lippen.
"Wahrscheinlich hast du sogar Recht."
Ich wandte mich wieder dem Buch zu in der Hoffnung, dass Niragi mich endlich ungestört lesen ließ. Doch meine Gedanken drifteten schnell weg von dem Text und landeten bei dieser seltsamen Frau, die mich so unbedingt hatte sprechen wollen. Die Dinge, die sie von sich gegeben hatte, klangen mehr nach einer absurden Dystopie als nach einer aufschlussreichen Erklärung. Meinen Namen hätte sie leicht irgendwo aufschnappen können, doch woher sie wusste, was der wirkliche Grund für mein Medizinstudium gewesen war, blieb nach wie vor rätselhaft. Diese Sache hatte ich mit Sicherheit nie jemandem erzählt, weil die meisten Menschen das ohnehin nie verstehen würden. Nicht einmal meine Eltern kannten den Grund. Angenommen ihre seltsame Geschichte würde also wirklich stimmen, dann müsste ich ihr ein erhebliches Vertrauen entgegengebracht haben. Wie war es also möglich, dass ich mich an etwas derartiges nicht erinnerte? Es ergab keinen Sinn. Und das lag nicht einmal an ihrer Erwähnung von Nahtoderfahrungen. Es gab tatsächlich zahlreiche Studien aus der Hirnforschung über dieses Phänomen, von dem viele Menschen, die dem Tod bereits nahe waren, berichteten. Der Grund dafür war eine erhöhte Gehirnaktivität kurz vorm Tod, die man theoretisch auch mit Drogenkonsum künstlich herbeiführen könnte. Allerdings war es nahezu unmöglich, dass sie in dieser Phase Wissen über andere Menschen erlangen konnte, die sie bis Dato nicht einmal gekannt hatte. Das Ganze warf eher noch mehr Fragen auf, als es tatsächlich beantwortete. Es gab also demzufolge keine logische Erklärung für die Dinge, die sie über mich wusste. Könnte sie dennoch die Wahrheit gesagt haben? Ich schüttelte bei diesem Gedanken unwillkürlich den Kopf.
Unmöglich.
Nachdenklich sah ich zu Niragi hinüber, dessen Namen sie ebenfalls erwähnt hatte.
"An was erinnerst du dich, als dein Herz stehen geblieben ist?", fragte ich ihn schließlich.
Niragi sah etwas erstaunt von seinem Handy-Bildschirm auf. Dann verzog er seinen Mund zu einem süffisanten Grinsen und sah sehnsüchtig zur Decke.
"Boar, das war als wäre ich auf 'nem ultimativen Trip gewesen. Ich war völlig frei und konnte tun und lassen, was ich wollte. Selbst die Mädels haben alles getan, was ich von ihnen verlangt habe. Alle haben mich gefürchtet und ich hab mich kurzzeitig unbesiegbar gefühlt."
"Bist du dort jemanden begegnet, den du hier wiedergetroffen hast?"
"Kein Plan. So genau erinnere ich mich auch nicht daran. Es war eben wie ein krasser Drogenrausch."
Was Niragi erzählte, stimmte immerhin mit den wissenschaftlichen Studien zu Nahtoderfahrungen überein. Aber wie war es dann möglich, dass die junge Frau mit den wirren Haaren sich an so viele Details erinnern konnte, während ich mich an rein gar nichts erinnerte? Logisch, weil sie gelogen hatte, beantwortete ich mir meine eigene Frage. Nur was wollte sie mit dieser Lüge bezwecken? Wollte sie damit nur meine Aufmerksamkeit erregen oder war sie wirklich einfach nur verrückt?
Egal wie lange ich darüber nachgrübelte. Ich wurde nicht schlau aus diesem Mädchen.

ᴛʜᴇ ᴄʜᴇꜱʜɪʀᴇ ᴄᴀᴛ'ꜱ ꜱᴍɪʟᴇWo Geschichten leben. Entdecke jetzt