Marten
Alésa war ruhig als sie mit mir und einigen anderen am Tisch saß. Sie hörte den Gesprächen am Tisch zu, gab aber nur sehr selten ihren Senf dazu ab. Meist nur wenn man sie direkt ansprach.
"Marten hat kaum von dir erzählt. Woher kommst du? Was machst du beruflich? Erzähl doch mal!" fragte ausgerechnet Lisa. Sie saß uns schräg gegenüber.
"Ich arbeite mit Kindern. Im Sommer führe ich gemeinsam mit meiner Kollegin eine kleine Gruppe um berufstätige Eltern zu entlassten und den Rest des Jahres begleite ich Kinder mit besonderen Bedürfnissen in die Schule. Ich hab mich da allerdings auf Grundschüler spezialisiert. Wenn du behinderte Kinder in die Hauptschule begleiten musst... Das willst du einfach nicht erleben." erzählte Alésa.
"Boah Ja das kann ich mir vorstellen. Kinder können richtige Arschlöcher sein." nickte Lisa.
"Ziehmlich Ja. Ich bin des Berufes wegen nach Bad Bramstätt gezogen. Da lebt es sich eigentlich ganz gut." erzählte Alésa weiter.
"Oh cool, da haben wir vor kurzem ein Grundstück angeschaut. Wir wollen nächstes Jahr nochmal ein Kind bekommen und dann wäre natürlich super wenn wir uns auch von der Wohnsituation her etwas vergrößern könnten." erzählte Lisa fröhlich.
Alésa sah Lisa verwundert an.
"Nochmal ein Kind bekommen? Heißt das ihr habt schon eines?" fragte Alésa überrascht.
"Ja zwei Mädels. Jonas will aber natürlich noch einen Stammhalter." lachte Lisa. Alésa versteift sich unterdessen aber maßgeblich.
"Hast du eigentlich Geschwister?" fragte Lisa neugierig nach.
Alésa zuckte dabei merklich zusammen. War ja klar das es so kommen musste, ich sprang Alésa natürlich schnell zur Hilfe um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
"Wie ihr wollt Bauen? Digga nicht ein Wort hast du erzählt!" rief ich also dazwischen.
"Na aber hallo! Klar hab ich erzählt aber du musstest dich ja mit der kleinen Maus neben dir vergnügen." lachte Joe dreckig.
"Als wärst du damals anders gewesen als du Lisa kennengelernt hast!" keifte Alex dazwischen.
"Hey!" schimpfte Lisa dazwischen.
"... Das ist doch was anderes!" rief sie.
"Wieso?" fragte ich provokativ, nicht ahnend das gleich Sätze fallen würden die Alésa das Herz brechen würden.
"Na ich bin schließlich die Schwester von Mario und keine komplett Fremde die bei diesem Contest mitgemacht hat!"
Mario war ein enger Freund von Gazo, so hatten sich die Beiden später kennengelernt.
"Ist doch Schnuppe! Ob Schwester oder nicht. Das macht dich zu nix besserem als Alésa!" meckerte Joe dazwischen. Ihm ging Lisa in diesem Moment vermutlich ziehmlich auf die Nerven.
"Also wenn sie deine Schwester wäre, dann würdest du sie auch anders sehen als jetzt. Du würdest niemals zulassen das Marten sie fickt!" keifte Lisa angefressen. Sie legte es offensichtlich darauf an jetzt einen Streit vom Zaun zu brechen.
Während die Beiden sich immer mehr in die Haare bekamen griff ich nach Alésas Hand und prüfte mit einem Blick in ihre Augen, ob sie das noch wegstecken konnte. Ich spürte das sie leicht zitterte doch an ihrem Gesicht hätte man niemals ablesen können was sie in dieser Situation empfand.
"Denkst du, du bist was besonderes nur weil du Joe von Anfang an kanntest?" fragte Mary dazwischen. Sie war noch neu in der Runde aber bereits voll integriert. Ich mochte sie, nicht zuletzt weil John seither richtig glücklich war.
"Die Diskussion ist doch völlig für die Katz'! Joe hat nichtmal ne Schwester!" rief Alex dazwischen.
Er war erst Teil von 187 geworden da war Alésa schon lange weg. Daher wusste auch er nicht wie unfassbar weh er meiner Frau in diesem Moment vermutlich tat.
Alésa Griff um meine Hand war so fest das ich mit dem Daumen zwischen unsere Hände fahren musste um den Griff etwas zu lockern.
"Hört bitte auf!" bat Alésa leise. Sie fand aber kein Gehör bei den Anderen.
"Ist doch egal ob Joe eine Schwester hat. Es geht ums Prinzip!" rief Lisa eingeschnappt.
Alésa sah zu Gazo als würde sie ihn Stumm um Hilfe bitten, weshalb ich versuchte ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ihr Verhalten war zwar nicht eindeutig doch man könnte durchaus stutzig werden.
Alésa reagierte allerdings nur minimal auf mich und starrte weiter zu Joe, weshalb er irgendwann ihren Blick auffing und sich die Beiden elends lange in die Augen sahen. Ich sah zwischen den Beiden hin und her und man hätte beinahe einen Countdown zählen können bis Joe ein Licht auf ging.
Joe sah sie an, ignorierte die hitzige Diskussion um Alésa, die Lisa einfach nicht sein lassen konnte. Er schüttelte langsam und kaum merklich den Kopf und ließ die Schultern hängen.
"Das kann nicht sein..." murmelte er gerade so laut das ich ihn noch verstehen hatte können.
"Marten ich will gehen..." stieß Alésa aus und stand auf. Sie war so schnell weg das ich Mühe hatte mich von der Bierbank, auf welcher wir gesessen hatten, raus zu zwängen und ihr nach zu laufen.
"Alésa du kannst ihn doch jetzt nicht einfach da sitzen lassen!" rief ich als ich sie beinahe eingeholt hatte.
"Er hat mich jahrelang sitzen lassen! Wieso also nicht?" fragte sie und drehte sich zu mir um. Ihr liefen strömen von Tränen übers Gesicht und der Schmerz welcher sich in ihren Augen wiederspiegelte brachte mich umgehend zum Schweigen.
Ich schloss das Auto auf und deutete ihr das sie einsteigen sollte. Nur Sekunden später fuhren wir los.
