2. MÄDCHEN

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Klack

,,Hier spricht Doktor Mayer. Wir betreten jetzt den Raum. Setze dich auf den Boden und hebe die Hände hinter den Kopf."

Mein Auge zuckte, während ich gegen die graue Tür starrte und langsam die Hände hob.
Blut tropfte aus meiner Nase und meine Hände zitterten.
Meine Brust hob und senkte sich langsam, als die Tür geöffnet wurde und vier Leute eintraten.
Der Doktor und zwei Polizisten.
Der Doktor trug ein Klemmbrett und ein Stift bei sich.
,,Guten Morgen, hattest du eine angenehme Nacht?" fragte der Doktor freundlich.
Ich starrte ihn nur mit erhobenen Händen an.
Der eine Polizist beugte sich zu seinem Kollegen.
,,Das ist Primrose Holly? Hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt."
Primrose Holly
Primrose Holly
Primrose Holly!
Ich biss die Zähne zusammen und funklete den Polizisten aus kalten Augen an.
,,Das ist nicht mein verdammter Name! Ich heiße Prim!" fauchte ich.
Der Polizist starrte böse zurück.
,,Mörder verdienen keinen Respekt, kleines Mädchen." sagte er.
Mein Körper begann zu zittern vor Wut.
Seine Kehle, seine Kehle möchte ich zerschneiden!
Der Doktor kniete sich vor mich.
,,Prim, bitte beruhige dich. Diese Herren sind nur hier, um dir ein paar Fragen zu stellen." sagte er freundlich.
,,Einen Scheiß sage ich denen." erwiderte ich bissig.
Der andere Polizist mischte sich ein.
,,Wir wollen nur wissen, warum du Annalena Holly, deine Mutter, umgebracht hast, mehr nicht. Danach gehen wir wieder." meinte er.
Ich starrte ihn nur kalt an.
Nicht, weil ich es ihm nicht sagen wollte.
Ich konnte es nicht.
Ich wusste es nicht mehr.
Am 22. Januar wachte ich hier in diesem Raum das erste Mal auf.
Ich war an einem Stuhl gefesselt.
Keine Fenster waren in diesem Raum, nur eine Tür und ein Lautsprecher.
Man sagte mir, ich hätte meine Mutter umgebracht.
Ich wusste nicht, was genau geschehen war.
Ich wusste nur, dass ich hier fest saß.
In einer psychiatrischen Einrichtung für Kinder und Jugendliche.
Weggesperrt vor allem und jedem.
Ich saß schon viel zu lange hier, kannte jede Ecke dieses weißen Raumes auswendig, jedes Staubkorn, jede Delle.
Doch je mehr Zeit verging, desto weniger erinnerte ich mich an das was geschehen war.
Schloss ich die Augen, sah ich es vor mir.
Meine Mutter, tot, liegend auf dem dunklen Holzfußboden vor mir.
Blut an meinen Händen.
Ihr leerer Blick.
Das blutige Messer neben ihr.
Ich wusste nicht, was geschehen war.
War es ein Racheakt?
Ein Unfall?
Ein Ausbruch?
Ich wusste es nicht.
Nicht mehr.
,,Sie sagt also immer noch nichts?" fragte der Polizist.
Der Doktor schüttelte den Kopf.
,,Prim scheint sich nicht zu erinnern oder nicht erinnern zu wollen." erwiderte er.
Der Polizist schüttelte den Kopf.
,,So oder so, dieses Kind ist eine Gefahr für die Gesellschaft. Beseitigt es so schnell es geht." meinte er.
Der Doktor sah ihn an.
,,Keine Sorge, wir haben schon Pläne mit Prim. Überlassen Sie dieses Kind einfach mir." meinte er.
Pläne.
Was für Pläne?
Fragwürdige Pläne.
Widerliche Pläne.
Denn so nett dieser Doktor auch wirkte, er wollte unbedingt ein menschliches Versuchskaninchen.

EMPTY // VILLAIN Where stories live. Discover now