Kapitel 44

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Langsam schlug ich die Augen auf. Ich wusste nicht wo ich war, doch all die Schmerzen die ich vor kurzem noch empfunden hatte waren weg. Ich fühlte mich ausgeruht.

Vorsichtig drehte ich meinen Kopf umher um zu schauen wo ich war. Doch ich konnte es nicht definieren. Alles um mich herum war in einem dunklem blau gehalten. Die Wände, der Boden, die Decke. Einfach alles. Das Blau wurde immer wieder von allen möglichen Farben durchzuckt. Rot, grün, gelb, rosa. Alles war so still. Man hätte wahrscheinlich eine Stecknadel fallen hören können. Ich stand langsam auf, um den Raum oder was es auch immer war zu erkunden. War ich etwa tot,?

Wenn ja, dann hatte ich mir den Himmel komplett anders vorgestellt. Fröhlicher, heller, belebter.


Aber vielleicht war das auch nur so eine Art Vorraum? Vielleicht holte mich gleich jemand ab und führte mich weiter? Voller Staunen ging ich umher. Jeder meiner Schritte fühlte sich federleicht auf dem seltsamen Boden an. Plötzlich erschien ein helles Licht, nicht weit von mir entfernt. Zuerst war es ganz klein, doch es wuchs mit jeder Sekunde und wurde heller und heller. Das Licht war so grell, dass ich meine Augen für einen Moment schließen musste. Als ich sie wieder öffnete, war das Licht verschwunden. Anstelle des Lichts war eine Person aufgetaucht. Eine Person die ich so lange nicht mehr gesehen hatte, dass ich es im ersten Augenblick nicht glauben konnte. 

„Jace!", schrie ich vor Freude und stürzte mich in seine Arme.

Ich konnte nicht glauben, dass er es wirklich war. Endlich war ich wieder bei ihm. Endlich konnte ich ihn wieder in die Arme schließen! 

„Jace! Oh mein Gott ich hab dich so vermisst!", schluchzte ich.

 Ungewollt hatte ich angefangen zu weinen. 

„Shhh meine süße, kleine Lissa", sagte er behutsam und strich mir über meinen Rücken. 

„Ich hab dich auch ich schrecklich vermisst. Aber was hast du bloß getan? Sie dich an! Das bist doch nicht mehr du." 

„Ich weiß", sagte ich leise und löste mich von ihm, damit ich ihm in die Augen schauen konnte.

„Es tut mir so leid, aber ich konnte nicht mehr! Mein Leben war die Hölle! Seit ihr gegangen seit hat sich alles verändert", meinte ich verzweifelt. 

Die Schmerzen, die ich eben nicht gefühlt hatte, überrollten mich wieder. Die Schmerzen, die mir meine Mutter zugefügt hatte, die Schmerzen, die mir Nils heute beigebracht hatte und vor allem der Schmerz, den Karim in mir hinterlassen hatte. Ich konnte sie alle wieder fühlen. 

„Ach, Lissa", seufzte er. „Mir tut es leid. Ich hätte dich so gerne vor all den schlimmen Dingen beschützt, die dir passiert sind. Doch ich war leider nicht im Stande dazu", sagte er traurig. 

Auch in seinen Augen hatten sich jetzt Tränen gebildet.

 „Nicht weinen Jace. Das ist alles halb so wild. Jetzt bin ich wieder bei dir. Alles wird gut", tröstete ich ihn.

Er schüttelte verzweifelt den Kopf. 

„Nein, bald musst du wieder gehen. Bald wirst du mich wieder verlassen müssen", flüsterte er mit einer tränenbedeckten Stimme. 

„Wie meinst du das?", fragte ich erschrocken. „Bin ich etwa nicht tot?" 

„Nein, zum Glück nicht!", sagte er. „Der Friedhofswächter hat dich rechtzeitig gefunden und einen Rettungswagen bestellt. Sie konnte dich gerade noch so reanimieren. Sie bringen dich gerade ins Krankenhaus, wo du dann besser versorgt wirst, bis du aufwachst", erzählte er leise. 

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