Schneekönigin

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4 Jahre später

»Wer ist diese Eisprinzessin, von der immer alle sprechen«, will Gerta eines Tages von ihrem Freund Robert wissen.
Dieser erklärt ihr dann, dass das so eine Tussi ist, die verrückt geworden und weggelaufen ist.

Da die junge Frau zu der Zeit noch nicht im Dorf gelebt hat, kannte sie diese ominöse Person, die alle nur »Eisprinzessin« nannten nicht. Nur am 21. Dezember, anscheinend dem Tag, an dem sie weggelaufen war, hörte man manchmal das Wispern dieses Wortes durch die Straßen wehen.

Im Eispalast

Genau an diesem einen Tag im Jahr spähte die Schneekönigin immer durch ihren Eisspiegel, um die Bewohner des Dorfes zu beobachten.
Sie wollte ihre Rache, und suchte schon seit Jahren nach dem perfekten Kandidaten, um ihren Plan auszutesten.

Und jetzt, nach 1461 Tagen, hatte sie ihn gefunden.

Robert war selber schuld, wenn er nach allem, was er ihr angetan hatte, es trotzdem wagte, sie zu beleidigen und eine Tussi zu nennen.

Schulterzuckend formte sie vier scharfkantige Eisblumen und schickte sie durch den Spiegel.

Roberts Haus

Das Fenster splitterte und Gerta zuckte erschrocken herum. Sie dachte kurz, ein blaues Schimmern in den Glassplittern gesehen zu haben. Wie eine Frau, die regungslos ins Zimmer blickte.

Doch als Robert sehr unmännlich loskreischte, fuhr sie zu ihm herum. Und sah schockiert, wie sich Eisblumen in seine Augen, seinen Mund und seine Brust bohrten. Sie schnitten seine Haut auf und drangen in seinen Körper ein. Blut kam mit einem gurgelnden Geräusch aus seinem Mund und blaue Schlieren breiteten sich von den Einstichstellen über seinen gesamten Körper aus.

Gerta saß wie erstarrt daneben und konnte sich nicht rühren. Die Eisprinzessin, schoss es ihr durch den Kopf und sie robbte von Robert weg.

Als dieser seine Augen öffnete, war seine Iris nicht mehr braun, sondern blau. Ein Sonnenstrahl schien genau auf sein Gesicht und ganz kurz glaubte Gerta, einen lila Schimmer in seinen Augen wahrzunehmen.

»Raus!«, schrie Robert, und durch seine harschen Worte brach die Starre, in der Gerta gewesen war.

»Robert«, begann sie zögerlich, doch als dieser sie wieder anschrie, floh sie aus dem Zimmer.

2 Tage später

Gerta hatte nichts von Robert gehört, seit er sie rausgeworfen hatte, und war ziemlich empört darüber. Schließlich hatte ER mit IHR zusammen sein wollen, nicht umgekehrt. Sie hatte nur zugestimmt, weil sie Angst gehabt hatte, dass er die Nacktfotos verbreiten würde, die sie ihm (per Post) geschickt hatte.

Deswegen würde sie jetzt bei ihm einbrechen, und ihre Fotos zurückstehlen. Robert konnte sie mal, selbst schuld, wenn er sie ghostet.

Doch als sie gerade neben Roberts Fenster klebte und in sein Zimmer reinschauen wollte, sah sie einen Schlitten aus Eis, der sich in die Luft erhob. Und hinten an dem Schlitten hing – Robert, dieses kleine Arschloch. Jetzt wollte er sie auch noch betrügen! Mit der Eisprinzessin!

Das würde Gerta auf gar keinen Fall auf sich sitzen lassen. Sie würde die beiden in flagranti erwischen und dann die Bilder, die sie von ihnen machen würde, im ganzen Dorf aufhängen. Wie du mir, so ich dir, Robert.

Aber vorher kletterte sie in sein Zimmer und schnappte sich ihre Bilder von seiner Pinnwand.

15 Stunden später

Gerta war vielleicht etwas übers Ziel hinausgeschossen. Nachdem sie den Motorschlitten des Bürgermeisters gestohlen, ihn gefoltert hatte, um zu erfahren, wo die Eisprinzessin lebte, und bereits den halben Berg hochgefahren war, wurde es jetzt dunkel. Und sie hatte eigentlich keine Lust gehabt, nachts den Berg hochzufahren.

Märchen mal AndersWhere stories live. Discover now