26

24 7 0
                                    

Es vergingen keine drei Stunden, bis Jaden da war. Er wusste, dass etwas passiert war, als ich mich nicht gemeldet hatte. Nachdem er mich die ganze Nacht gehalten hatte ging ich, mit einer Tasche bepackt, zu ihm nach Hause. Ich erzählte ihm alles. Alles von Ezra, von Mum und diesem schrecklichen Abend und er fragte nicht nach. Er hörte einfach zu und war bei mir.

Dort verging eine weitere Woche, ohne Handy, ohne Kontakt zu anderen Menschen. Ich schlief nicht, ich aß und trank nur so viel, dass ich nicht Gefahr lief in eine Klinik eingeliefert werden zu müssen. Meine Gedanken kreisten entweder darum, wie abstoßend ich mich und meine eigenen Gedanken fand oder darum, dass ich Ezra wohl nie wieder sehen würde. Ich verabscheute mein Verhalten ihm gegenüber und ich wollte ihm so viel sagen, doch es stand mir nicht zu.

Nicht mehr.

Ich hatte Jaden nur gebeten, Lilly Bescheid zu geben, dass sie sich nicht sorgen musste. Eine weitere Woche später hatte Jaden mir ein neues Handy besorgt und meine Sim-Karte aus meinem kaputten, alten Gerät geholt. Ich schaffte es nicht, es anzuschalten, weil ich Angst hatte, es würde mich mit der Realität in Verbindung bringen. Schließlich schaffte ich es nach zwei Wochen auf der Couch von Jaden, zurück nach Hause zu gehen. Mein Bruder kaufte für mich ein, half mir Ordnung zu machen und dann war ich wieder alleine. Als wär ich der letzte Mensch auf der Welt blieb ich alleine. Bis zu dem Tag, von dem ich wusste, dass Ezra wieder abreisen würde. Ich haderte, hatte dreimal fast meine Wohnung verlassen um zu ihm zu gehen, doch schaffte es letzten Endes nicht und ließ ihn gehen.

Ich startete mein Handy an diesem Abend zum ersten Mal in vier Wochen, überflog meine Nachrichten, die hauptsächlich in Gruppen oder von sozialen Netzwerken waren. Zuerst las ich Lilly's Nachrichten die zuerst wahnsinnig besorgt doch irgendwann nur noch Sätze, wie Ich bin hier, wenn du bereit bist. Meine Mutter hatte sich nicht gemeldet.

Zum Glück.

Ich rief meine beste Freundin an und es dauerte nur ein Klingeln, bis sie ran ging. Ich musste nichts sagen, denn sobald sie abgenommen hatte sagte sie. „Ich mach mich direkt auf den Weg Hay."

Zehn Minuten später stand sie vor meiner Tür, einen kleinen Koffer links von ihr und in ihrer Rechten Hand eine Tüte mit allem möglichen. Von Knabberzeug bis hin zu Beautyartikeln hatte sie alles dabei, was man sich vorstellen konnte. Sie trug einen farblich zusammenpassenden Jogginganzug, ihre Locken waren zu einem chaotischen Zopf gebunden und sie erweckte generell den Eindruck, als würde sie auf eine Sleepover-Party gehen. Ohne ein Wort zu sagen zog sie mich in eine feste Umarmung. Sie schickte mich auf mein Sofa und kochte Tee, obwohl ich doch der Gastgeber war. Ich wartete zwanzig Minuten ehe sie erst Tassen und eine Kanne brachte und schließlich mit einer Snackplatte im Wohnzimmer auftauchte und sich neben mir auf die Couch setzte. Also erzählte ich ihr schließlich all das, was ich Jaden erzählt hatte und wieder brauchte ich jemanden, der mich hielt und es einfach geschehen ließ.

„Es tut mir so leid Hayden. Wirklich. Dass es so kommt hätte ich niemals erwartet" sagte sie, als meine Tränen endlich wieder getrocknet waren.

„Willst du, dass wir die Nachricht von Ezra zusammen lesen? Im Ernst, er wirkte die letzten Wochen wirklich bedrückt Hayden. Ich weiß, dass es für dich auch schlimm war aber er war auch wirklich niedergeschlagen. Ich musste ihn mehrmals davon abhalten, zu Jaden zu fahren."

„Er wollte zu mir?" fragte ich ungläubig. Nach allem, was ich mir erlaubt hatte.

„Da kannst du einen drauf lassen. Aber ich will nicht für ihn sprechen, das wäre nicht fair. Gib mir dein Handy, ich les es dir vor okay? Und wenn es nicht mehr geht dann sag Stop und wir hören auf ja?" Ich zögerte, starrte auf meine letzten Chats in meiner Messenger-App.

Mein Finger schwebte einige Zeit über Ezra's Namen. Allein sein Profilbild in Miniaturansicht bildete einen Kloß in meinem Hals. Es war nur eine einzige Nachricht von ihm und ich wollte sie so gerne lesen aber ich schaffte es einfach nicht. Also nickte ich resigniert und reichte meiner besten Freundin mein Handy.

Sie las die Nachricht erst einmal im Stillen durch und ich beobachtete, wie ihre Stirn erst in Falten gelegt war, dann ihre Augen groß wurden und sie sich schließlich die Hand vor dem Mund schlug und abschließend hörbar ausatmete.

„Bist du bereit?"

Hayden.

Was neulich Nacht passiert ist, war kein Spaß. Es war schlimm, vor allem für dich. Aber auch für mich war es nicht leicht. Ich wollte so gerne für dich da sein, all das mit dir teilen und dir am liebsten diesen Schmerz nehmen. Ich hätte dir so gern dabei geholfen, den Hayden kennenzulernen, den ich in die gesehen habe. Diesen tollen Typen, der mich ab dem ersten Tag fasziniert hat. Wie du allen eine Maskerade vorgespielt hast, doch mir bereits in der ersten Nacht dein wahres Gesicht gezeigt hast. Ich wollte mehr davon, ich wollte dich - nicht den Hayden, den du so oft gespielt hast.

Ich habe versucht, zu akzeptieren, weggestoßen zu werden. Es hat wehgetan, doch ich hab gemerkt, dass wir uns immer näher gekommen waren und ich so viele Seiten von dir erkennen durfte. Es tut immer noch weh, doch ich akzeptiere deine Entscheidung. Vielleicht waren wir zur falschen Zeit am falschen Ort oder wie man das sagt. Ich fahr morgen wieder zu meinen Eltern und konnte mich nicht mal wirklich von dir verabschieden obwohl ich das gerne getan hätte. Ich wollt keinen Abschluss sondern ein „bis bald" ... Ich hab mir vorgestellt, wie du mich in meiner Heimat besuchst. Wenn du die einen Job suchst nach der Uni und wir Pläne schmieden für unsere nächsten Treffen und stundenlang voller Vorfreude auf dem Weg zueinander sind. Ich habe mir das wirklich gewünscht. Aber jetzt wünsche ich dir einfach, dass du heilen kannst und irgendwann dich kennenlernst als diesen liebenswürdigen und guten Menschen, der du bist. Du bist stark Hayden und du bist so gut, wie du bist und ich hoffe so sehr, dass du das eines Tages auch siehst. Du hast immer gesagt ich wäre so stark aber leider bin ich nicht stark genug um weiter zu kämpfen. Also kämpfe Hayden und zeig allen wie toll du bist.

Ich liebe dich, das konnte ich dir leider nicht mehr sagen.

Ezra

After the Storm - Man x ManOnde histórias criam vida. Descubra agora