Kapitel 2

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POV - June Kent

Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte war ich schon lange wach. Ich hatte nur auf das Signal gewartet, endlich meinen Tag beginnen zu können.

Ich mochte es zu arbeiten. Zu viel freie Zeit ließ mich träge werden und ich war gerne präsent.

Ich schlug die Bettdecke zurück und begab mich erst einmal in die Küche um Kaffee aufzusetzen. Während meine Espressomaschine begann laute, zischende Geräusche von sich zu geben, führte mich mein Weg ins Bad.

Eine kurze Dusche später, stand ich bereits in ein Handtuch gehüllt am Fenster und nippte an meinem Espresso.

Der Himmel war grau und es war merklich kühler geworden über Nacht.

Der Regen fiel in dünnen Fäden vom Himmel und rann an meinen Fenstern herab. Auf der Straße vor meiner Wohnung herrschte bereits reges Treiben und die Menschen eilten in verschiedene Richtungen. All die Gestalten nahm ich nur durch das verschwommene Glas wahr und so sahen sie fast aus wie kleine Käfer die sich tummelten.

Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es Zeit war bald das Haus zu verlassen.

Ich stellte meine Tasse in der Küche ab und lief schnellen Schrittes ins Schlafzimmer um mich anzuziehen.

Mein Kleiderschrank hatte einiges zu bieten und das musste er auch, wenn ich nicht beim ersten Eindruck schon negativ abgestempelt werden wollte. Ich hatte einen ordentlichen Gehaltsvorschuss und Einstellungsbonus bekommen und den direkt reinvestiert - nämlich in die teuerste Businesskleidung die ich in den Geschäften der Stadt finden konnte. Ich zog meinen anthrazitfarbenen Hermes Hosenanzug vom Bügel und begutachtet kurz meine Wahl. Dazu ein schwarzer Ledergürtel und schwarze Lederloafer und das Outfit wäre absolut perfekt. Ich nahm alles aus dem Schrank, griff zusätzlich nach einer weißen Bluse und schlüpfte in meine neuen Sachen. Der Stoff fühlte sich gut an auf der Haut und dank der Änderungsschneiderei saß auch alles wie angegossen. Ich drehte mich ein paar Mal vor meinem Schlafzimmerspiegel, bevor ich vollends zufrieden den Weg ins Bad antrat um die letzten Schritte meiner Morgenroutine zu vollziehen.

Als ich schließlich das Haus verließ, regnete es immer noch. Genervt spannte ich meinen Schirm auf und begab mich auf den Weg Richtung U-Bahn. Die ganzen letzten Wochen war es im kompletten Land staubtrocken gewesen und alle hatten sich nach etwas Abkühlung gesehnt, doch das Wetter hatte auf sich warten lassen. Pünktlich zu meinem Arbeitsstart hatte es sich allerdings dazu entschieden, den Menschen ihren Wunsch zu erfüllen und so tänzelte ich mehr schlecht als recht um alle Pfützen auf dem Gehweg um bloß nicht gleich am ersten Tag meine Schuhe zu ruinieren. Als ich die U-Bahn erreichte schlug mir sofort der typische Geruch entgegen. Eine Mischung aus verbranntem Gummi, Urin und menschlichem Elend. 

Während ich mich zu meinem Gleis begab und die rutschigen Treppenstufen möglichst bedacht hinunterlief drängelten sich bereits hunderte weitere Menschen mit mir in den Untergrund. Lautes Stimmengewirr erfüllte die Luft und hallte den befliesten Wänden wieder. Es war ein Schieben und Schubsen zum Bahnsteig und ich hatte bereits nach diesen fünf Minuten mein tägliches Kontingent an ungewolltem Körperkontakt vollständig aufgebraucht. Heute Abend würde ich definitiv Taxi fahren, aber das war in der jetzigen Rushhour zu unsicher. Die U-Bahn war in diesem Punkt wesentlich verlässlicher. In dem Moment fuhr meine Linie auch schon ein und ich trat demonstrativ einige Schritte zurück um nicht völlig vom aufgewirbelten Staub bedeckt zu werden. Die Fahrt war kurz, aber nicht minder anstrengend. Mindestens drei schreiende Kinder hatten sich in meinen Wagon verirrt und als ich nach zehn Minuten endlich das erlösende Zischen der sich öffnenden Türen an meiner Haltestelle vernahm, war ich als erste auf dem Bahnsteig. Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, das ich außerordentlich gut in der Zeit lag. Ich war exakte 15 Minuten zu früh dran. Als ich den Untergrund verließ und wieder ans Tageslicht kam, konnte ich zu meiner Freude feststellen, dass auch der Regen aufgehört hatte. Noch immer schoben sich schwere, graue Wolken über den Himmel, aber erfreulicherweise behielten sie ihren Inhalt für sich. Es war nur ein kurzer Fußmarsch zur Kanzlei - ich hatte alles zuvor sorgfältig online recherchiert. 

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