🐾 27. Kapitel 🐾

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Malu

Desorientiert hörte ich das Musikstück »Clair de Lune«, dessen Klänge meine Ohren erreichten. Unwillig schlug ich blind mit meiner Hand auf mein klingelndes Handy, das neben meinem Kopfkissen lag, während ich meine Augen fest zusammenpresste.

Plötzlich hörte ich ein lautes Gepolter und griff ins Leere. Jetzt hatte ich das blöde Ding auch noch vom Bett gestoßen! Unwillig stöhnend richtete ich mich auf und suchte den Boden nach dem Handy ab, das immer noch sein musikalisches Talent zum Besten gab. Schnell beugte ich mich hinunter und drückte energisch auf den Stopp-Knopf, der mich fröhlich anleuchtete.

Eine erstaunliche Ruhe breitete sich im abgedunkelten Raum aus. Seufzend ließ ich mich wieder auf das Kissen fallen und legte einen Arm über meine Augen, um auch den hellen Mond, der durch die Vorhangritzen schien, auszusperren.

Gestern Vormittag war ich eingeschlafen und schien nun am nächsten Morgen aufgewacht zu sein. Was sagte das über meinen Zustand aus? Mein Körper fühlte sich an, als hätte er kilometerlange Märsche durch die Wüste unternommen, ohne Flüssigkeit und Essen zu bekommen.

Gestern früh hatte ich nicht bemerkt, wie energielos ich mich fühlte. Das musste all das Adrenalin gewesen sein, das mich nach dem Aufwachen in der Höhle durchströmt hatte. Aufstehen war zwar nicht gerade mein erklärtes Ziel, aber ich musste zur Schule, und wenn ich ehrlich war, war er der Grund dafür.

Nachdem ich mich gewaschen und angezogen hatte - diesmal benötigte ich etwas länger für die Kleiderauswahl -, schnappte ich mir meinen Rucksack vom Sessel und eilte die Treppe hinab, um gleich darauf in Marys Küche zu landen. Doch von Mary keine Spur. Die Küche lag friedlich im Halbdunkel vor mir. Auch Ember war nirgends zu sehen. Ihr Platz am breiten Fensterbrett mit der gehäkelten Decke war leer, ebenso wie ihr Futterplatz.

Tief einatmend zuckte ich mit den Schultern und durchsuchte schnell den Tisch nach einem handgeschriebenen Zettel. Da keiner vorhanden war, entschied ich mich, in die Stadt zu fahren und mir dort etwas zum Frühstück zu kaufen. Plötzlich durchbrach mein Handy mit einem penetranten Klingelton die Stille. Ich hatte extra einen besonders unangenehmen ausgewählt, damit ich ihn auf jeden Fall registrierte, ansonsten hätte ich ihn sicherlich das ein oder andere Mal überhört.

Es war Hannah! Erst jetzt fiel mir auf, dass ich sie gestern nicht bei den Werwölfen gesehen hatte, genauso wenig wie Noah und die Zwillinge. Hastig hielt ich mir das Handy ans Ohr.

»Guten Morgen, ich habe von gestern gehört«, flüsterte sie seltsam ermattet. Was war mit ihr los? Normalerweise klang ihre Stimme wie purer Sonnenschein - strahlend und warm. Doch jetzt schien die Sonne untergegangen zu sein. Vielleicht war sie krank, dachte ich.

»Oh«, machte ich erstaunt. Ich wusste nicht, wie viel sie wusste. Von wem wusste sie etwas über gestern? Was sollte ich jetzt sagen? Niemand, insbesondere Rafe, hatte erwähnt, ob ich es Hannah erzählen konnte. Aber Hannah gehörte doch zu den Werwölfen und war höchstwahrscheinlich einer, oder?

»Es tut mir leid. Ich war gestern keine große Hilfe«, sagte sie jetzt auch noch geknickt. Mein schlechtes Gewissen wuchs in rasendem Tempo. Kurz bevor ich kopflos wie ein Huhn in den Wald gestürmt war, hatte sie mir eine warnende Nachricht geschickt.

»Dich trifft keine Schuld. Wenn überhaupt, dann bin ich selbst schuld«, sagte sie ruhig.
Ich hörte, wie sie am anderen Ende des Hörers geräuschvoll Luft holte, jedoch klang es sehr schwach.
»Sag mal, fühlst du dich nicht gut?«, fragte ich besorgt.
»Mach dir um mich keine Sorgen. Ich brauche nur ein paar Tage Ruhe, dann geht es mir wieder bestens«, antwortete sie. Auch wenn ihre Worte beruhigend klangen, konnte ich meine Besorgnis nicht abschütteln. Irgendetwas sagte mir, dass Hannah nicht einfach nur krank war.

Cursed Bond 🦋Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang