Ausbruch?

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POV: Chan
Es war mitten in der Nacht, als ich plötzlich hochschreckte. Gegenüber Geräuschen war ich nachts schon immer ziemlich sensibel gewesen, weswegen mir damals auch immer aufgefallen war, dass Seungmin nachts geweint hatte wenn er dachte, dass ich schlief.

Doch heute war ich hochgeschreckt weil ich Bewegung auf dem Gang gehört hatte. Von Junhees Zimmer aus kommend. Um ihn hatte ich mir schon den ganzen Abend Sorgen gemacht, denn er war beim Abendessen etwas sehr still gewesen und hatte sich danach in Windeseile verzogen.

Ging es ihm gut? Nur, weil er Makeup trug hieß das noch lange nicht, dass mir seine pechschwarzen Augenringe nicht aufgefallen waren.

Nun allerdings noch mehr besorgt stand ich schnell auf, zog mir was drüber und verließ mein Zimmer um anschließend den Flur so lautlos wie möglich entlangzuschleichen. Nur leise knarzten die Holzplatten, die den Boden verzierten und ich fragte mich, warum ich vor mir wirklich gar nichts hörte. Nicht Schritte, nicht Atem. Wer auch immer es war, wobei ziemlich sicher war es Junhee, war wirklich verdammt geschickt darin keine Geräusche zu machen, was ich von mir im Moment nicht so richtig sagen konnte.

Unterhalb der Treppe, ging Licht an. Nun erkannte ich auch die Stufen, vor denen ich ehrlich gesagt im Dunklen ein wenig Angst hatte. Jetzt erkannte ich auch deutlich die dunkle Gestalt vor mir. Ich war mir nun sicher, es war Junhee. Doch was genau hatte er vor? Er war auf dem Weg zur Tür und als ich den Rucksack über seiner Schulter erkannte war mir sofort klar, was das bedeutete. Er wollte wegrennen.

Jetzt wurde ich schneller und kam auch an der Türschwelle an, bevor er auch nur nach der Türklinke greifen konnte.

„Wo willst du denn hin?", fragte ich nachdem ich sein Handgelenk zu fassen kam. Zutiefst erschrocken drehte er sich um und seine Augen weiteten sich nur als er mich erkannte. „Chan.", murmelte er. Man sah ihm beinahe an, das er zerstreut war und auch seine Stimme klang nicht sonderlich sicher, eher so, als würde sie jeden Moment zu brechen beginnen, zerkrümeln und sich in alle Richtungen zerstreuen.

„Wohin willst du Junhee?", fragte ich diesmal strenger um ihn vielleicht doch zum sprechen zu bringen. In seinen Augen war durch das Licht, das kurz flackerte Angst zu erkennen. Hatte er etwa Angst vor mir? Was war denn los? Er war so zusammengezuckt, als hätte ich ihn in eiskaltes Wasser geschmissen. „L-lass lo-s.", stotterte er und versuchte kraftlos mir sein Handgelenk zu entreißen, das ich noch immer mit meiner Hand sanft umschlossen hielt. Wie er merkte, dass es nicht klappte, bekam er Panik. Er atmete hastiger und flacher und Tränen drohten aus seinen Augenwinkeln auszubrechen.

„Hey, was ist denn los?", fragte ich sanft und versuchte ihn zu mir zu ziehen und ihn in meinen Arm zu nehmen, doch er drückte mich weg. Ängstlich und panisch zugleich schüttelte er so schnell den Kopf, dass er danach kurz auf der Suche nach Schwerkraft umhertaumelte.

Ich ließ seinen Arm nur kurz los, doch diese Zeit reichte, dass er sich umdrehte und hektisch versuchte die Tür aufzumachen.

„Hier geblieben!", knurrte ich und erschreckte ihn damit nur noch mehr als ich ihn an seiner Hüfte zu mir zog und uns so drehte, dass ich die Tür in meinem Rücken spürte und er keinen Fluchtweg mehr hatte. Der Jüngere, den ich inzwischen so gedreht hatte, dass er mich anschauen musste oder zumindest nicht mehr mit dem Rücken zu mir stand, verlor jetzt den Kampf gegen die Tränen und begann laut zu schluchzen. Sein Körper erschauderte und begann urplötzlich zu zittern.

„Junhee?", versuchte ich ihn anzusprechen, mir nun wirklich Sorgen um ihn machend. Das war nicht der Junhee, den ich kannte, der, den ich kannte war anders drauf. Nicht so empfindlich. Ich wünschte ich könnte ihn retten, ihm irgendwie die Angst nehmen und ihm garantieren, das er sicher war. Doch das, was ich hier in meinen Armen hielt war kein Mensch, bei dem ich noch irgendwas ändern konnte. Das konnte nur noch er selbst. Doch hatte er nun gerade ganz andere Sorgen, wie die Panikattacke in die er wie ich merkte langsam abzustürzen drohte.

Der Boden, der ihn noch gehalten hatte, schien endgültig nachzugeben und er sackte dank der für ihn fehlenden Schwerkraft gegen mich, nicht dazu fähig sich selbst noch auf den Beinen zu halten.

Ich ließ mich an der Tür herabgleiten und zog ihn sobald ich auf dem Boden saß seitlich auf meinen Schoß. „Nein ne-in.", wieder schüttelte er den Kopf und versuchte erneut von mir wegzukommen. Doch ich ließ ihn nicht und zog ihn stattdessen nur näher an mich heran.

Irgendwie tat mir der Jüngere leid. „L-ass mich. Lass mi-ch!", murmelte er mit zusammengekniffenen Augen und im nächsten Moment weiteten sich meine Augen. „Verschw-inde Junhee! La-ss mich. H-hör auf.", sagte Junhee nur unverständlich. Was? Wieso wollte er, dass Junhee verschwand? Und konnte es sein, dass er gar nicht mit mir sondern mit sich selbst sprach. Nur wenige Sekunden später erwischte ich ihn dabei, dass er seine Hände schwach und zitternd gehoben hatte um sich gegen die Brust zu schlagen. Erst jetzt merkte ich, dass sein Atmen immer lauter geworden war bis an den Punkt, wo es sich anfühlte, als würde die Luft unter der Lautstärke seines Atems vibrieren.

Ich nahm seine Hände in meine um ihn davon abzuhalten. Mit einer Hand umgriff ich sie und hob mit der Anderen, die seine Knie umschlungen hatte seinen zierlichen und eigentlich viel zu leichten Körper an um ihn von hier wegzubringen.

Ohne es zu bemerken hatte ich auf dem Weg nach oben in Junhees Zimmer, wo ich ihn letztendlich auf seinem Bett ablegte angefangen eine leise Melodie zu summen. Eine alte Gewohnheit von mir. Das hatte ich immer getan, wenn Seungmin eine Panikattacke bekommen hatte.

Wie ich ihn oben im Zimmer ablegen wollte merkte ich, dass er plötzlich wieder normal atmete und ich ihn auch nicht mehr schluchzen hörte. Ein Blick nach unten und ich sah, dass der Jüngere doch tatsächlich eingeschlafen war.

The lost Face (Skz - SeungChan)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora