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Für jeden, die sich selbst dafür gehasst haben, jemanden zu lieben der nicht würdig war zu lieben. Und für jeden, deren Ego größer war als zuzugeben, dass man eine unerreichbare Person geliebt hat.

Wunderschöne tiefe und hohe Töne kommen aus meinem Klavier, während ich sanft die Klaviertasten berühre und sie wieder loslasse. Es ist ein sonniger Freitag und der Klang, der unter meinen Fingern ertönt ist wie Balsam für die Seele. Jede Woche spiele ich mindestens einmal Klavier. Die Terrassentür ist offen, sodass alle anderen die wunderschönen Töne mithören dürfen. Mein Glas Macallan steht auf dem Klavier und die Flüssigkeit im Glas fängt an zu vibrieren ehe ich die Tasten berühre. Frische Luft vermischt sich mit dem Duft des Whiskeys. Die warme Sonne küsst meine Haut und lässt sie kribbeln. Heute spiele ich vermutlich das letzte Mal. Heute Nacht fahre ich nach New York. Die Sorgen die sich in meinem Kopf versammeln, lasse ich beiseite und gebe mir noch einen letzten ruhigen Moment und befreie mein Geist von den Problemen die mich verfolgen werden.

Für jetzt, für diesen Moment möchte ich frei sein. Ich lächle, denn die Töne sind so sanft und sie beruhigen mein Herz. Ich sehe zur Terrasse hin und sehe einen Mann. Er steht dort schon seit dem ich anfange zu spielen. Seine Augen sind geschlossen. Er genießt die Melodie. In seiner Hand ist eine Zigarette die er jede zweite Minute zwischen seine Lippen platziert und einen langen Zug nimmt. Dabei glitzert sein Silberring, jedes Mal wenn er seine Hand erhebt. Unter der Sonne verdunkelt sich sein schwarzer Anzug. Das einzige was strahlt, ist seine gebräunte Haut. Er ist komplett in schwarz gekleidet, von Kopf bis Fuß. Sein strenger Gesichtsausdruck den er immer hat, ist momentan nicht zu erkennen. Seine Narbe an seinem Auge erinnert mich an jener Nacht. Er ist mein Beschützer. Mein Schutzengel. Er hat mir vor einpaar Monaten das Leben gerettet und dabei ist die Narbe entstanden. Seine wunderschönen weichen Haare die er mal hatte, hat er abrasiert und trägt nun einen Buzz cut. Aber es steht ihm. Es passt sogar besser zu ihm.

Ich fixiere mein Blick wieder nach vorn und höre auf zu spielen. Ich nehme das Glas und trinke den Whiskey, der in meiner Kehle brennt.

„Ich werde deine Klavierstücke vermissen."
Er schmeißt seine Zigarette in den Garten und kommt hinein. Seine grünen Augen sehen mich intensiv an als er sich aufrecht stellt und seine Hände hinter seinem Rücken miteinander überkreuzt.

„Ich werde dich auch vermissen Armando." Ich lächle ihn an. Er zeigt keine Emotionen. Er sieht mich eiskalt an. Seine Gefühle sind während der Arbeit ausgeschalten. Mein Vater lehrt unsere Männer sehr gut wenn es darum geht, uns zu beschützen. Armando arbeitet für mein Vater schon seit 5 Jahren. Seit neustem ist er mein eigener persönlicher Beschützer, da er mir das Leben gerettet hat. Mein Vater dachte sich, dass es wohl besser wäre, wenn mich jemand rund um die Uhr beschützt nach allem was mir widerfahren ist. Dafür hat er genau ihn angeheuert. Zuerst hat er abgelehnt und wollte weiterhin als normaler Arbeiter für mein Vater dienen. Eines Tages entschied er sich doch um und nun ist er mit mir gefangen. Ich würde nicht behaupten, dass ich eine anstrengende Person bin. Ich bin nur ein wenig...furchteinflößend.

Ich stehe auf und trinke mein Whiskey ganz aus ehe ich das Glas auf dem Tisch stelle und komplette Stille im Raum herrscht.

„Ist ja nicht so, dass ich für immer weg bin. Ich komme wieder.", sage ich und nähere mich ihm. Er bewegt sich kein Millimeter. Er erhebt sein Kinn und ich kann spüren wie seine Hände sich stärker überkreuzen.

„Aber man weiß nicht für wie lang. Es könnte Monate dauern. Oder vielleicht Jahre." Kommt es von ihm. Ich sehe an seinem rechten Ohr ein kleines Headset, die alle Arbeiter tragen müssen die für unseren Schutz tätig sind. Sie kommunizieren damit und mein Vater kann dadurch Befehle erteilen.

Adeline.Where stories live. Discover now