Kapitel 39

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Jonas P.O.V.

Schweißgebadet wachte ich aus meinem täglichen Alptraum auf. Immer wieder spielte sich das Szenario, dass vor acht Monaten gewesen war, in meinem Kopf ab. Ich war im Wartezimmer des Krankenhauses eingenickt.

"Mr. James, sie können jetzt zu ihrer Schwester."

Ich nickte und machte mich auf dem Weg ins Zimmer. Das Zimmer, indem Scar, jetzt schon acht Monate, keine Lebenszeichen von sich gab.

"Scar, Scarlett bitte, bleib bei uns. Du darfst jetzt nicht schlafen."

Mit Tränen in den Augen rüttelte ich an meiner Schwester. Ihr Blut überflutete das Auto und sickerte in den Stoff der Sitze ein. Ihr Kopf kippte zur Seite, ihr Oberkörper schwankte, durch mein starkes schütteln, vor und zurück. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Unbewusst schnappte ich mir den Saum meines T-Shirts und zerriss es. Die einzelnen Stofffetzen ballte ich zu dicken Kugeln und drückte diese auf die verwundete Stelle. Mit etwas Druck versuchte ich diese Blutung zu stoppen, doch das einzige, dass ich dadurch erzielte, war nur noch mehr Blut. Ein Mensch hat 5-6 Liter Blut und ich vermute, dass sie einen Liter schon verloren hatte. Sie braucht Blut, einen Arzt und das schnell.

"Wie lange noch?"

Gehetzt schaute ich von einem Mann zum anderen. Mein Kopf dröhnte und die Schweißperlen rannen mir mein Gesicht runter. Diese unerträgliche Hitze in dem Auto war kaum auszuhalten. Doch die Fenster waren offen. Kühler Wind blies mir ins Gesicht, doch meine Haut scheint dem Wind keine weitere Beachtung zu schenken, denn sie glüht weiter vor sich hin.

"Noch drei Kilometer."

"Gib verdammt nochmal Gas."

Das Auto beschleunigte sich und nur das Rauschen, dass durch die Geschwindigkeit des Autos verursacht wurde, war zu hören.

"Ich brauch ein neues Stück Stoff."

Mason nahm sein T-Shirt und zog es aus. Wieder zerriss ich es in großen Stücken und ballte diese dann zu Kugeln. Erneut drückte ich den Stoff auf die blutende Wunde und starrte gebannt darauf, wie sich das Blut mit rasanter Geschwindigkeit in den Stoff frisst. Das Auto wird langsamer und kommt vor einem riesigen Gebäude zum stehen. Schnell sprang ich aus dem Auto und trug Scar in die große Halle des Krankenhaus.

"Ich brauche einen Arzt."

Sofort kamen Krankenschwestern angerannt und schoben eine trage mit sich mit. Gehetzt liefen sie durch einen langen Flur. Meine Hand immer noch auf dem leblosen Körper meiner Schwester. Sie liegen durch eine Tür, doch eine Schwester hielt mich auf.

"Sie können nicht mit."

"Aber meine Schwester, bitte."

"Es tut mir leid. Sie könne sich da hin setzen. Ich halte Sie auf dem laufenden."

Haare raufend lief ich auf die Bank hin und setzte mich. Meinen Kopf stützte ich auf meinen Händen ab und rieb mir müde die Augen. So erschöpft ich auch bin, ich könnte jetzt nicht schlafen. Mason Chad und Chace kamen nun auch schon und Mason übergab mir einen Kaffee.

"Ich gehe und hole uns frische Sachen."

Abwesend nickte ich und starrte weiterhin gebannt auf meine Füße. Mit beiden Händen umklammerte ich die Tasse mit dem heißen Kaffee und versank in meinen Gedanken.

Ich nahm ihre bleiche, knochige Hand und strich ihr langsam, mit dem Daumen, darüber.

"Hey Scarlett, ich bin wieder da. Ich bin heute befördert worden und mein Chef lässt mich bald die Firma übernehmen. Mir und Jessica geht es gut. Sie fragt oft nach dir, aber hat nie Zeit um zu dir zu kommen. Ich hoffe das macht nichts. Glaub mir, wenn ihr euch erst einmal kennenlernt, dann wirst du sie lieben."

Ich weiß nicht, warum ich ihr all das erzähle. Wahrscheinlich gibt es mir das Gefühl, dass sie noch bei uns ist. Dass sie mich hört und bald Antworten wird. Es ist schön zu lange her, dass ich ihre zarte Stimme hörte. Es ist schon komisch, wenn man bedenkt, dass sie noch vor einem Jahr in meinem Haus andauernd hin und her gesprungen ist. Manchmal, wenn ich so in Bett liege, kommt es mir so vor, als würde sie da sein. Ich spürte ihre Präsenz in jedem Raum. Das lässt mich weiter hoffen. Sie ist eine Kämpferin und dieser Zustand ist nichts für sie. Sie wird bald aufwachen und mit mir mitkommen, dann zeigen wir hier weg. Irgendwo nach Panama oder irgendwo anders hin, wo wir dann wirklich einen Neuanfang starten können. Sie ich und Jessica.

"Ich habe mit unseren Eltern gesprochen, sie waren auch schon hier und haben dich besucht, doch jetzt müssen sie wieder abreisen. Du weißt doch wie dein Vater ist. Total sentimental, wenn man die Ironie dahinter versteht. Ich muss auch schon los mein Schatz. Komme morgen wiede eher und Berichte die von den neuesten Ereignissen, damit du immer up to date bist."

Ich strich ihr mit meiner linken Hand ihr langgewordenes Haar und küsste sie auf ihre Stirn. Wie aufs Stichwort kam der Arzt herein und bat mich hinaus, damit sie die Werte meiner Schwester aufschreiben konnten.

Mit schweren Beinen erhob ich mich dann vom Stuhl und ließ die Hand von Scarlett los. Müde rieb ich mir das Gesicht und Kniff mir in mein Nasenbein. Diese Tage werden immer anstrengender. Bitte Scar, werde bald gesund. Meine Schritte kamen schwer auf dem Parkett des Bodens auf. Ein ständiges quietschen meiner Lackschuhe ertönte durch den vollen Flur. Gehetzte Ärzte, verzweifelte Familien, alles mögliche tummelte in diesem Gang, doch es zog, wie ein Windzug an mir vorbei. Wie in Trance öffnete ich die Tür und trat hinaus. Die Kälte winterlich umhüllte mich. Wie ein Mantel zog mir der kalte Wind an. Mit schnellen Schritten lief ich auf meinen Wagen zu und lullte mich in meinen Schal ein. Mit einem Knopfdruck öffnete ich die Türen und stieg ein. Sofort drehte ich die Heizung auf und entspannte. Den Schal lockerte ich wieder etwas und umklammerte das Lenkrad. Ich schaute auf das Armaturenbrett und las dort die Uhrzeit ab. 23:45. ich muss um sechs auf den Beinen sein und zur Arbeit. Das alles wird mir langsam zu viel, doch ändern kann ich nichts. Langsam hab ich Gas und führ die einsamen Straßen der Stadt entlang. Geistesabwesend, steuerte ich die Kiste und versank in meinen eigenen gedanken. Diese bestehen ausschließlich aus den Erinnerungen von mir und meiner kleinen Schwester Scarlett.
...
Ich hoffe es hat euch gefallen.
Dies war das vorletzte Kapitel. In den nächsten Tagen kommt das letzte, jedoch werde ich noch einen zweiten Teil schreiben. Naja, nur wenn ihr das auch wollt. Jedenfalls möchte ich mich Nichtse eure Geduld bedanken und natürlich dafür, dass ihr das lest.
Liebe grüsse Susan

Good, Badgirl!Where stories live. Discover now