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Wenn du überrascht wirst ...
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»Jetzt sag schon, was los ist! Du schaust aus, als hätte ich dich zu Bierabstinenz verdonnert«, platzte es aus mir heraus und ein unbehagliches Gefühl überkam mich.

Warum war Andi so komisch? So wie gerade hatte ich ihn noch nie erlebt. Er tippelte von einem Bein auf das andere und gab keinen Ton von sich. Dieses Rumgedruckse war absolut neu. Und sein leidender Ausdruck gefiel mir so gar nicht. Es musste was Furchtbares sein ... Anders konnte ich es mir nicht erklären. Aber egal, was es war, ich musste es wissen, um ihm helfen zu können.

»Also, ich höre?«

Er stöhnte genervt auf, löste sich von mir und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Du bist furchtbar nervig, wenn du was wissen willst.«

»Kann sein.« Ich grinste ihn an und zuckte unschuldig mit den Schultern. »Also?«

»Ist ja gut«, meckerte er und rollte mit den Augen. So gefiel er mir schon besser. Vielleicht war es doch nicht so schlimm. Hoffte ich zumindest. »Aber lass uns mal lieber hinsetzen und ein Bier aufmachen.«

»Guter Plan.«

Bei der nächsten Lücke zwischen zwei Figuren schlüpften wir durch, umrundeten in Richtung Hang noch ein paar andere und stiegen anschließend den mit wilden Gräsern bewachsenen Hügel hoch. Oben angekommen setzte Andi seinen Rucksack ab, um eine grün-karierte Picknickdecke herauszukramen. Während er herumwerkelte, drehte ich mich um und ließ die Aussicht auf mich wirken. Das Figurenfeld war wirklich beeindruckend und gerade ärgerte es mich, nicht mein Skizzenbuch mitgenommen zu haben.

Ich spürte einen Stups gegen meine Wade, sah kurz hinter mich und bemerkte, dass es sich mein bester Freund bereits gemütlich gemacht hatte. Kaum hatte ich mich ebenfalls gesetzt, versperrte eine Dose Bier meine Sicht. Mit einem Lächeln nahm ich sie ihm ab und öffnete den Verschluss, wodurch das typische Klacken und Zischen erklang. Andi tat es mir gleich und wir prosteten uns zu, ehe ich gierig einige Schlucke des kühlenden Getränks nahm. Dabei wehte leicht der Wind durch mein Haar und ich streckte das Gesicht der Sonne entgegen, sodass ihre Wärme sanft auf meine Haut traf. Hinter uns waren ein paar Wacholdersträucher, in denen man die Vögel zwitschern hörte.

Dieser Moment gerade war perfekt. Zumindest fast, denn ...

»Okay, Bambi. Die Aussicht, die Atmosphäre und die Verpflegung hier sind der Wahnsinn, aber trotzdem würde ich jetzt gerne wissen, was dich bedrückt«, sagte ich mit ernster Miene und fixierte Andi von der Seite, wie er gerade ein paar Knabbereien auf der Decke verteilte.

Er schob sein Unterkiefer nach vorne und blickte stur geradeaus. »Mich bedrückt nichts.«

»Ach, nein? Auch wenn du es abstreitest, so sehe ich was ganz anderes. Willst du mir nicht sagen, was los ist?«, fragte ich besorgt und wandte ihm meinen Körper zu. »Ich weiß, ich bin nicht das beste Vorbild ... Aber Reden hilft. Und du kannst mir alles sagen, egal was.«

»Wie gesagt, eigentlich gibt es da nicht viel zu sagen«, entgegnete er mir kleinlaut und seine dunklen Augen streiften kurz die meinen. Dann schüttelte er den Kopf. »Aber du wirst sowieso keine Ruhe geben.«

Da hatte er recht. Wobei ich schon auch akzeptieren und verstehen konnte, wenn man keine Lust auf Reden hatte. Aber seine seltsame Stimmung und sein Verhalten würden mich vermutlich um den Verstand bringen, wenn ich nicht wusste, was los war.

Schließlich hörte ich ihn tief Luft holen. »Kannst du dich noch an die Liebesbriefsache erinnern, wegen der wir uns mal vor Ewigkeiten gestritten haben?«

UNAUSWEICHLICHWhere stories live. Discover now