41 - Allein

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-Levis Sicht-

Ich überarbeitete die Unterlagen, die Herr Smith von mir verlangte, und druckte sie aus. Dann tackerte ich das warme Papier und stempelte es ab. Es kostete mich viel Mut und sehr viele Nerven, um meinen Arbeitsplatz zu verlassen und in den Aufzug zu steigen, der mich in die Etage brachte, in der Herr Smiths Büro lag.

Ich hielt die Papiere fest in meinen Händen und klopfte an dem massiven Holz seiner Tür. Dann hörte ich seine Stimme. Ich dürfe eintreten.

Widerwillig öffnete ich die Tür und trat ein. Herr Smith legte das Telefon, das er in seiner Hand hielt, auf seinem Schreibtisch ab. Als ein Grinsen auf seinen Lippen erschien, ahnte ich nichts Gutes. ,,Es fehlt nur noch Ihre Unterschrift, Herr Smith." Ich legte die Blätter auf seinen Tisch. Herr Smith nahm einen Stift zwischen seine Finger und setzte seine Unterschrift auf das Papier.

,,Dein Freund hat eben angerufen. Eren heißt er, richtig?", sagte mein Chef und als ich den Namen meines Partners aus seinem Mund hörte, durchzog eine unangenehme Kälte meinen gesamten Körper. ,,Ich habe mein Handy heute nicht dabei, ist etwas vorgefallen?", fragte ich.

Eren? Warum sollte Eren anrufen? War ihm etwas passiert?

Herr Smith erhob sich von seinem Bürostuhl und kam mir näher. Wieder spürte ich seinen ekelhaften Atem auf meiner Haut und wieder berührte er meine Schulter. Eren hatte mir gesagt, dass wir froh sein könnten, dass es nur bei einfachen Berührungen seinerseits bliebe.

Mein Chef stellte sich hinter mich und presste seine Hand zwischen meine Schulterblätter. Sein Ehering bohrte sich in den Stoff meines Hemdes tief in meine Haut hinein.

,,Er wollte von mir wissen, ob du auch wirklich immer auf der Arbeit erscheinst. Aber zuvor hat er meine Sekretärin gefragt, wie viele Urlaubstage du noch offen hast", fuhr dieser Wichser fort. Dann drückte er meinen Oberkörper auf seinen Tisch. Ich erstarrte für einen Moment, als meine Wange das kalte Holz seines Tisches berührte. Das war das erste Mal, dass er so etwas tat...

,,I-Ich..."

Seine Hand ruhte zwischen meinen Schulterblättern und sie fühlte sich so schwer auf mir an, dass ich mich nicht aus eigener Kraft von dem Tisch wegdrücken konnte.

Panik stieg in mir auf, ich vergaß wie man atmete. Und ich dachte an Eren. Ich dachte an meinen Freund. An einen Ort, an dem ich mich sicher fühlte. Zuhause. Aber dieser Ort hier war das komplette Gegenteil. Herr Smiths Nähe war die Hölle.

,,Mir scheint es, als würde er dir misstrauen. Du solltest ihm keine Vorwürfe machen, immerhin bist du in Untersuchungshaft gewesen. Aber keine Sorge, ich habe ihm versichert, dass du jeden Tag hier gewesen bist - Dass du ein sehr guter Mitarbeiter bist, Levi", sagte er.

Tränen stiegen mir in meine Augen, als ich spürte, wie er seine Hand etwas hob, damit nur seine Fingerspitzen meinen Rücken berührten. Er strich sie ganz langsam über meine Wirbelsäule hinunter zum Bund meiner Hose.

,,Mh..."

Noch viel schlimmer waren seine ekelhaften Blicke, die an meinem Körper hafteten. Ich wollte die Haut von meinem Körper schälen, sie waschen und für Tage nicht mehr überziehen. Ich wollte die Stellen auf meiner Haut, an die er seine dreckigen Hände legte, mit meinen Fingernägeln von meinem Körper kratzen bis sie bluteten.

Dann ließ er mich los, ich blieb für einen Moment in dieser Position gefangen; hörte mich wie ein kleiner hechelnder Hund an, der dem Fahrrad seines Herrchens hinterher lief und nach Luft schnappte; unfähig sich von der Leine zu lösen, die sich um seinen Hals schnürrte.

Ich lief aus dem Raum direkt zu den Männertoiletten. Ich stieß eine der Kabinen auf, kniete mich hin und übergab mich. Mein Magen war leer, nur der Tee, den ich heute morgen getrunken hatte, schwamm in der durchsichtigen Brühe.

Meine Hand zitterte, als ich meine Hose nach meinem Handy abtastete. Ich wollte Eren anrufen. Doch dann stellte ich fest, dass mein Handy bei ihm war und nicht bei mir.

[...]

Herr Smith rief mich heute kein weiteres Mal nach oben, ich fuhr nach Hause, ohne ein weiteres Mal in sein Gesicht geblickt haben zu müssen. Ich parkte das Auto vor unserem Haus, schloss die Tür auf und trat in den Flur hinein.

Ich fand Eren nicht hier unten vor, weshalb ich nach oben in unser Schlafzimmer ging. Ich hörte Geräusche aus dem Badezimmer, Eren war also am Duschen.

Ich lächelte, freute mich, in seinen Armen liegen zu können.

Ich setzte mich auf unser Bett, nahm mein Handy in die Hand und als ich sah, warum Eren es heute hatte haben wollen, fühlte ich mich wieder so alleine.

Er schaute sich nackte Männer an, fand weder Befriedigung in Jean noch in mir. Ich war ihm nicht genug, ich konnte ihm nichts bieten, er vertraute mir nicht. Ich war so verletzt und wütend, dass ich nichts außer einer tiefen Leere in mir spürte.

,,Tut mir leid, ich habe vergessen den Tab zu schließen." Ich hörte seine Stimme und spürte seine Arme, die sich um meinen Körper schlossen. Er war nackt. ,,Wie war die Arbeit?", wollte er wissen. Ich fühlte mich so leer, dass ich keinerlei Liebe in seiner Umarmung fühlte. Nichts.

Ich sollte wütend auf ihn sein, ihn hassen, ihm wehtun wollen, aber ich war so erschöpft, dass mein Körper nicht die nötige Energie aufbringen konnte, irgendetwas zu empfinden.

,,Was habe ich getan, dass ich all das verdient habe, Eren?"

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Der Tag heute ist beautiful☀️

Only Mine [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt