12. "Was habe ich ihm nur getan?"

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"Hermine!" Ginny rannte nun in mein Zimmer herein. Die Schreie von mir mussten unerträglich für sie gewesen sein. "Hermine, ist alles in Ordnung?" Voller Sorge blickte sie mich durchdringend an und ich spürte den kalten Schweiß auf meiner Stirn.

"Hermine! Ginny!" Eine tiefe Stimme kam vom Gemeinschaftsraum und ein dunkelhäutiger Slytherin stürmte in mein Zimmer. Er stand mit dem Zauberstab in der Hand vor uns, bereit einen Fluch abzugeben. "Ist was passiert? Ich hab Schreie gehört."

"I-ich.. Ich ha-hatte nur einen bösen Traum. Einen ganz bösen." Die letzten Worte meinerseits waren nur noch ein Hauch von Klang. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Knien.

"Schön. Das Schlammblut hat Alpträume und schon wird unser ganzer Turm geweckt. Großartig." Ein genervter Eisprinz kam in den Raum. "Könntet ihr bitte nicht so einen Trubel darum machen?"

"Pass bloß auf!" Verteidigte mich meine beste Freundin.

"Draco.. Es wäre besser, du gehst ins Bett. Wir bleiben noch ein wenig hier."

"Ach komm Blaise. Seit wann interessierst du dich für ein kleines, nutzloses Schlammblut aus Gryffindor?" Malfoy lehnte sich auffordernd grinsend in den Türrahmen.

"Seit dem dieses Mädchen mich akzeptiert wie ich bin und freundlich zu mir ist. Solltest du auch mal versuchen. Freundlich sein. Das tut auch gar nicht weh." Der Eisprinz stampfte genervt davon. "'Mine ist alles gut? Was hast du geträumt?"

"Ich erzähle es euch, wenn ich wieder bei Besinnung bin. Weiß einer von euch, wieso er so gemein zu mir ist? Als ihr alle noch nicht da wart, hatte ich ebenfalls einen Alptraum und er hat mich in den Arm genommen, er war bei mir, für mich da und nun sowas." Mir stiegen erneut Tränen in die Augen, doch ich wollte nicht weinen. Nicht wegen Malfoy. Nicht noch einmal.

"Er ist einfach nur ein Frettchen, Hermine. Mach dir keine Sorgen. Sollen wir bei dir bleiben?"

"Nein. Geht bitte zurück in eure Zimmer und schlaft. Danke, dass ihr so schnell zu meiner Seite geeilt seid. Ihr seid die Besten." Ich umarmte die Schulsprecher und schickte sie heraus. Zwar wollte ich in diesem Moment nicht alleine sein, doch ich wollte nur mit einer bestimmten Person sein. Mit einer Person, die mich in den Arm nehmen sollte, wenn es mir schlecht ging. Mit einer Person, die mir sagen sollte, dass alles wieder gut wird. Mit der Person, die mich vor wenigen Minuten als 'Schlammblut' beschimpfte. Ich wollte, dass es ihm gut geht, dass er glücklich ist, auch wenn er mich hasste. Er soll wohl auf sein und das wird selbst ein Ronald Bilius Weasley nicht aus meinen Kopf vertreiben können. Mit diesen Gedanken fiel ich in einen traumlosen Schlaf.

***

Als ich aufwachte, war es noch dunkel. Perfekt. Das würde also bedeuten, ich könnte in das Bad gehen, ohne gestört zu werden. Und tatsächlich: Die Badezimmertür zeigte zwei schlafende Schlangen und einen schlafenden Löwen mit rötlichen Fell, Ginny. Der Löwe mit bräunlicherem Fell, welcher mich darstellte, hing traurig über einem Stein. Ich hatte dank Malfoy nie richtig Zeit gehabt mir das Badezimmer richtig anzusehen. Es war so wundervoll wie der Gemeinschaftsraum. Der Raum war so groß wie eines unserer Schlafzimmer, nur statt eines riesigen Himmelbettes stand eine Badewanne an diesem Platz. Über ihr hing ein Vorhang, welcher die Badewanne zur Dusche umfunktionieren würde. Die Wanne hatte zwei Wasserhähne. Ein goldener und ein silberner Wasserhahn. An der Wand ragte ein Waschbecken hervor mit einem großen Spiegel. Im Raum verteilt standen Ganzkörperspiegel. Es sah wundervoll aus.

Für ein Bad wäre keine Zeit, also musste der Vorhang daher. Mit ihm erschien ein Duschkopf. Ich ließ kaltes Wasser auf mich hereinregnen und dachte an meinen Traum, seine Worte und an die Narbe, welche von Tag zu Tag auf meinen Arm verblasste. Wieso verfolgte er mich bis in die Träume? Wieso habe ich solche Angst davor, dass er stirbt? Und wieso ist er so gemein zu mir? Was habe ich ihm nur getan? Das Duschen ging ziemlich schnell. Ich föhnte mit meinem Stab meine Haare und versuchte meine Locken zu bändigen. Es gelang mir nicht. Ich suchte in dem Raum nach einem Haarband und band die Haare streng nach hinten.

Im Gemeinschaftsraum setzte ich mich an einen der Schreibtische. Ich nahm mir ein Blatt Pergament vor und eine Feder. Wie bei den Türen der Schlafräume wurde dieser Tisch nun zu meinem Eigentum. Meine Bücher verstauten sich von alleine in dem unterliegenden Schranktüren und vor mir erschien ein Foto von Harry, Ron und mir. Es war in unserem 2. Jahr, kurz nachdem ich aus der Starre gelöst wurde. Ich rannte auf sie zu und umarmte Harry, während Ron mich angrinste. In diesem Moment wusste ich gar nicht, dass Colin Creevey ein Foto machte, doch ich war froh, als er es mir im Hogwarts Express gab. Eine Erinnerung, die unbezahlbar ist.

Ich lachte leise auf und widmete mich meinem Pergament. Es ist zu einer Art Ritual geworden, dass ich mir eine Art Tagesplan aufschreibe, doch meistens kam ich nicht dazu, also ging ich es wenigsten im Kopf durch. Ein gut organisierter Tag ist eine bessere Lebensart, hat meine Großmutter gerne von sich gegeben.

1. Essen. Ich habe keine Lust auf Essen in der großen Halle und doch habe ich Hunger. Mal sehen, wie ich es mache.

2. Unterricht. (Zaubertränke, Alte Runen, Verwandlung, Kräuterkunde, heute Abend Astronomie) Juhu, ein vollgepackter Tag, welcher mit Zaubertränke beginnt.

3. Bibliothek. (Traumdeutung) Irgendetwas müssen diese Träume doch bedeuten.

4. Quidditchtraining. Keine Sorge. Ich habe nicht beschlossen dem Team beizutreten, ich habe nur Harry und Ron vor Ewigkeiten versprochen, ihnen zuzusehen.

5. Brief schreiben. (George) George und ich korrespondieren gerne mal, also warum sollte ich ihm nicht von meiner 'tollen' neuen Aufgabe mit dem 'tollen' Draco Malfoy schreiben?

"Granger machst du schon wieder Hausaufgaben, die wir nicht aufhaben?" Eine kalte emotionslose Stimme riss mich aus meinen Gedanken.

"Was willst du von mir Malfoy?"

"Oh, da gibt es so einiges, was ich von dir will." Er grinste mich dreckig an. Ich verspürte den Drang mich zu übergeben, als mir einfiel, dass mein Magen leer ist. Da ist nichts zum Hochwürgen. "Aber es wäre doch besser mich nicht in deine Nähe zu begeben. Am Ende springt mich der 'Schlammblutvirus' noch an." Er fing gemein an, zu lachen und ging ins Bad. Als er die Tür verschlossen hatte, sah man nur noch eine schlafende Schlange und einen schlafenden Löwen. Die hellere Schlange giftete den wachen Löwen an. Es versetzte mir einen Stich in die Brust. Zauberei kann so wundervoll und doch so schmerzhaft sein.

Wieso er? | DramioneWhere stories live. Discover now