Kapitel 6

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Er stand langsam auf, streckte seinen Rücken und überquerte mit schwerem, aber festen Schritt das Zimmer. Seine Bewegungen waren wieder geschmeidiger, doch die Erschöpfung lag noch wie eine Last auf seinen Schultern. Als er schließlich vor Ellie im Türrahmen stand, konnte er die magische Barriere zwischen ihnen knistern hören, wie ein leises, elektrisches Summen in der Luft.

„Wie lange planst du, mich hier festzuhalten?" fragte er, seine Stimme ruhig, fast beiläufig, doch seine Augen fixierten sie aufmerksam.

„Das kommt darauf an," antwortete Ellie mit fester Stimme. „Wenn du eine verlorene Seele bist, helfe ich dir, den Übergang in die nächste Welt zu finden. Wenn du ein Dämon bist – was ich schwer annehme, nachdem ich deine Wunden gesehen habe – dann helfe ich dir gern, zurück in die Hölle zu finden. Auf der Erde ist kein Platz für Dämonen."

Er hob eine Augenbraue und ließ ein amüsiertes Lächeln über sein Gesicht huschen. Ohne zu zögern, lehnte er sich lässig mit einem Arm auf den Türrahmen, das Gesicht nah an ihrem. Zwischen ihnen knisterte die magische Barriere stärker. Er beugte sich noch näher zu ihr, so nah, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Sie wollte zurückweichen – er sah es an dem kaum wahrnehmbaren Zucken ihrer Augen – aber sie blieb standhaft, blinzelte nicht einmal. Mutige kleine Hexe. Er grinste innerlich.

„Und das sind die einzigen beiden Optionen?" fragte er ruhig, als ob er eine harmlose Frage stellte.

„Soweit ich weiß," flüsterte sie, ihre Stimme leise, ängstlich.

Er musterte sie einen Moment, bevor er seine nächste Frage stellte. „Warum hast du mich nicht einfach sterben lassen, wenn du glaubst, dass ich ein Dämon bin?"

Ellie senkte leicht den Blick, bevor sie antwortete, ihre Stimme etwas unsicher. „Weil ich nicht über das Leben oder den Tod von jemand anderem entscheiden werde."

Er lächelte sanft, während er sie ansah. Ihre Antwort hatte ihn überrascht. „Natürlich," sagte er leise, „die gute Hexe Ellie Thorne lässt niemanden im Stich."

Bei diesen Worten zuckte sie kaum merklich zusammen, ein unauffälliger Reflex, der ihm nicht entging. Oh, interessant, dachte er. Sie glaubt selbst nicht, dass sie eine gute Hexe ist. Das weckte seine Neugier, die er plante später zu stillen.

„Nun," fuhr er nach einer kleinen Pause fort, „jedenfalls schulde ich dir mein Leben, Hexe Ellie." Er ließ ihren Namen absichtlich auf seiner Zunge zergehen, als ob er den Klang probierte. „Und wie es bei... Dämonen... üblich ist, möchten sie nicht in der Schuld eines Menschen stehen. Deswegen biete ich dir an, dir einen Wunsch zu erfüllen."

Ellie keuchte auf, ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. „Also bist du wirklich ein Dämon?" fragte sie, und es klang beinahe naiv.

Er lächelte ein wenig, belustigt über ihre Unschuld. Fürs Erste, dachte er bei sich und ließ das Lächeln breiter werden. „Ich bin Adrian Scratch," sagte er und sah, wie ihr Blick nachdenklich wurde. 

Sie nickt langsam. "Ich habe gehört, wie Leute über dich gesprochen haben." sagte Ellie nachdenklich, während sie ihn musterte. „Ihr seid erst vorgestern angekommen." Sie zögerte kurz, als ob sie die Worte noch einmal abwog. „Das heißt, ihr wohnt in der Villa oben auf dem Hügel?"

Er nickte langsam, ließ dabei keine Miene verziehen. „Ich bin der Eigentümer von Echoes Grove."

"Echoes Grove.", sagte sie leise, "Was für ein trauriger Name für ein Anwesen. Wer hat es so genannt?"

Nun war es an Adrian, zusammen zu zucken. Seine Mutter hatte der Villa diesen Namen gegeben. Aber er war nicht bereit über sie zu sprechen, schon gar nicht mit einer Fremden.

Bound by Dark Vows - Umarmung der FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt