Kapitel 18

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Samstag, 06:43 Uhr. Ich lag wach im Bett und fühlte mich ausgeschlafen. Wahrscheinlich lag es an der Aufregung, die ich verspürte, wenn ich an heute Abend dachte. Was hatte Julia geplant? Bis 19 Uhr war es noch so lange. Ich wollte nicht mehr warten. Wollte endlich wieder in ihre Augen schauen und mich verlieren. Einige Zeit blieb ich noch im Bett liegen, bis ich gegen 8 Uhr dann aufstand. Ich kümmerte mich um die Wäsche, räumte die Wohnung auf und machte mir schließlich Mittag. Ich aß nur eine Kleinigkeit, da ich Hunger mitbringen sollte. Als ich gerade meine Gabel zum Mund führte, vibrierte mein Handy. Schnell schaute ich auf mein Display und rechnete fest mit einer Nachricht von Julia, aber sie war von Michael.

»Hallo Nele, hast du Lust heute einen Kaffee trinken zu gehen? Ich würde gern mit dir reden.« Eigentlich hatte ich nicht wirklich Lust darauf, doch trotzdem stimmte ich zu. Was sollte ich sonst den ganzen Tag machen? »Ja, 16 Uhr würde bei mir gut passen.« Unser Chat zeigte »Michael schreibt...« an und ich wartete. »Super, ich hole dich dann ab. Freue mich! :)« Dann schloss ich den Chat und klickte auf Julias Namen. Zuletzt online letzte Nacht. Sie schlief bestimmt noch. Der Geburtstag ging wohl etwas länger. Ich ging duschen und dann stand Michael auch schon vor meiner Tür. Wir entschieden uns für ein kleines gemütliches Café in einer Seitengasse. Der Kuchen sollte dort ausgezeichnet sein. Ich bestellte mir einen Latte macchiato und ein Stück hausgebackenen Zupfkuchen. Er schmeckte wirklich gut. Das konnte ich nur bestätigen. »Also, worüber wolltest du mit mir reden?« Nervös rührte er in seinem Kaffee und sah mich dabei an. »Weißt du, ich glaube einfach, dass mehr zwischen uns ist. Ich kann das spüren und...« Halt, Stopp. Wie bitte? »Moment, Michael.« Er verstummte. »Ich glaube, du interpretierst da zu viel hinein. Ich dachte, es wäre klar, dass zwischen uns nicht mehr als Freundschaft ist.« Er stieß einen langen Seufzer aus. »Das glaube ich nicht.« Wie sollte ich mich aus dieser Situation bloß retten? »Ich glaube, es ist besser, wenn wir etwas Abstand gewinnen.« Entsetzt und mit aufgerissenen Augen starrte er mich an. »Nein, das will ich nicht«, flüsterte er. Doch plötzlich brüllte er: »ICH LIEBE DICH, VERDAMMT. GIB MIR BITTE EINE CHANCE.«

Alle Gäste drehten sich zu uns um. Ein älteres Ehepaar schüttelte wortlos den Kopf und einige steckten ihre Köpfe zusammen und tuschelten miteinander. »Spinnst du? Warum schreist du hier so rum?« Wie ein trotziges Kind sah er mich an. So kannte ich ihn überhaupt nicht. Er war erwachsen, aber benahm sich wie ein kleines Kind. »Ich gehe jetzt.« Dann stand ich auf und bezahlte. Schnell verließ ich das Café, welches ich wohl nie wieder betreten konnte. Pures Fremdschämen. »Nele, warte doch mal. Es tut mir leid«, rief Michael mir nach, doch ich verschwand in der nächsten Straße. Bis nach Hause ging ich einige Minuten und war froh, als ich endlich da war. Der Wind war heute besonders kalt und hatte meine Haare verwuschelt. Das hatte mir noch gefehlt. Super. Ich ging noch einmal duschen und verwöhnte meine Haare mit einer Spülung. Vor meinem Kleiderschrank überlegte ich eine Weile, dann entschied ich mich für meine schwarze Röhrenjeans und meine neue Bluse. Über die Bluse zog ich noch einen Pullover, sodass nur der Kragen der Bluse zu sehen war. Julia mochte dieses Outfit. Und ich mochte das, was Julia gefiel.

Ich stieg ins Auto und drehte meine Heizung auf. Praktisch, dass ich Sitzheizung hatte und es schnell warm wurde. Ich vermisste den Sommer, obwohl der Winter noch gar nicht richtig da war. Bei Julia angekommen, öffnete sie mir gleich die Tür. Sie sah bezaubernd aus. Sie trug einen schwarzen Pullover und einen braunen knielangen Rock. Ihre Beine waren umhüllt von einer schwarzen Strumpfhose. Wow. Mir fehlten die Worte. »Du siehst wundervoll aus«, meinte sie und zog mich ins Haus. »Du aber auch.« Dann waren unsere Lippen endlich wieder vereint. Draußen wurde es bereits dunkel und als ich das Esszimmer betrat, staunte ich. Sie hatte überall Kerzen aufgestellt, den Tisch gedeckt und steuerte nun auf einen Stuhl zu, zog ihn hervor und sagte mit feierlicher Stimme: »Darf ich bitten, Madame?« Ich setzte mich und sie schenkte mir Wein ein. »Es sieht toll aus, wirklich. Du hast dir ja richtig Mühe gegeben.« Sie lächelte. Und ich musste es automatisch auch tun. »Freut mich, wenn es dir gefällt.« Sie hatte einen Auflauf vorbereitet. Wir aßen, tranken Wein und unterhielten uns. »Wie sieht die weitere Planung aus für heute Abend?« Ein verführerischer Blick traf mich. »Lass dich überraschen.« Nach dem Essen räumten wir das dreckige Geschirr in die Spüle. Dann nahm sie meine Hand und zog mich nach oben in ihr Zimmer.

Es war riesig und sie hatte sogar einen eigenen kleinen Balkon. Sanft ließ sie mich auf ihr Bett fallen und küsste mich. Leise stöhnte ich auf, als ihre Lippen sich einen Weg zu meinem Hals suchten. Es fühlte sich so richtig an. Julia streifte meinen Pullover und meine Bluse ab und ich tat es ihr gleich. »Ich finde, es ist endlich der perfekte Zeitpunkt. Ich möchte dir so nah sein, wie es nur geht«, raunte sie mir zu und mein Herz fing an zu klopfen. Ich mochte an ihr, dass sie wusste, was sie wollte. Das machte sie unheimlich attraktiv. Lautlos nickte ich. Diesen Schritt hatten wir noch nicht gewagt, doch nun fühlten wir uns beide bereit. Wir küssten uns weiter und zogen uns gegenseitig Stück für Stück aus, bis wir dann schließlich nackt waren. Sanft streichelten wir uns. Ihre Hände glitten über mein Gesicht, dann runter zur Brust. Mein ganzer Körper kribbelte. Ich war angespannt. Dann zog sie mit ihren Fingern Kreise über meinen Bauch und immer weiter runter, wo sie diese dann geschickt einsetzte. Mir entfuhr ein Aufschrei. Mein Körper entspannte sich. Ich konnte einfach nur genießen, was sie mit mir tat. Aber auch ich wollte tätig werden und probierte mich bei ihr aus, bis uns eine Glückswelle ergriff - wir hatten beide den Höhepunkt erreicht. »Danke«, konnte ich nur flüstern. »Für diese wunderschönen Gefühle, die du in mir auslöst.« Dann lagen wir beide nackt eng umschlungen in ihrem Bett und ich konnte mein Glück kaum fassen. Es war das schönste Gefühl, welches ich je kennenlernen durfte.

»Ich hüpfe mal unter die Dusche. Willst du mitkommen?«, fragte sie mich und küsste meine Fingerspitzen. »Ich komme sofort nach. Ich gehe nur kurz runter in die Küche und besorge uns Trinken.« Sie nickte und ging ins Bad. Ich knipste das Licht im Flur an und schlich in Richtung Küche. Plötzlich klingelte es an der Tür und ich zuckte zusammen. Mist, dachte ich. »Julia, es ist jemand an der Tür«, rief ich die Treppe hoch. »Ich stehe schon unter der Dusche. Schau du mal bitte, wer uns da stört.« Gott sei Dank hatte ich mir wieder etwas übergezogen und traute meinen Augen kaum, als ich die Tür öffnete und sah, wer dort vor mir stand. Ich war einfach nur komplett geschockt.

Sturzflug ins Herz || txsWhere stories live. Discover now