Kapitel 21

4.4K 222 18
                                    

Als am folgenden Morgen der Wecker klingelte, wollte ich nicht aufstehen. Es war kalt draußen und ich sehnte mich nach warmen Sonnenstrahlen. Ich schloss meine Augen und stellte mir die Wärme vor, aber als ich sie wieder öffnete, stellte ich fest, dass es noch immer kalt war. Mit meiner Decke umhüllt, schlich ich in die Küche und schob meine Pads in die Kaffeemaschine. Völlig verschlafen gähnte ich. Kurzzeitig fielen meine Augen wieder zu. Komm schon, dachte ich. Wach werden. Ich trank meinen Kaffee und brachte meine Decke zurück ins Schlafzimmer. Schnell suchte ich mir einen dicken Pullover und eine Hose aus meinem Kleiderschrank. Obwohl die Heizung lief, war es auch in der Wohnung etwas kühl. Am liebsten wollte ich den Tag im Bett verbringen. Meine einzige Freude für heute war Julia. Ich dachte an das Wochenende zurück. Plötzlich breitete sich in meinem Körper Wärme aus. Glücksgefühle. Es war passiert. Julia und ich hatten miteinander geschlafen. Es war perfekt. Mehr als das sogar. Ich wollte es mit keinem anderen Menschen mehr erleben. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich konnte nicht beschreiben, was ich für diese wunderbare Frau empfand. Es waren so intensive Gefühle, die ich selbst auch nicht verstand. Ich wusste, dass ich mich bei ihr sicher fühlte. Und ich wusste auch, dass sie meine Schülerin war. Der Gedanke, dass ich Sex mit meiner Schülerin hatte, ließ mich zusammenzucken. Es war nicht leicht für uns. Als Michael dann auch noch vor der Tür stand, hatte ich fast einen Herzstillstand. Der Gedanke an ihn machte mich wütend. Ich schnappte mir mein Handy und öffnete unseren Chat. Das musste ich unbedingt mit ihm klären.

»Michael, wir müssen reden. Heute Abend? Bei mir?« Sofort kam er online. »Gut, bin noch bis 17 Uhr arbeiten. Danach komme ich dann vorbei. Ich freue mich.« Ich freue mich? Dachte er, wir würden zusammen essen oder sonst was machen? Ich konnte nur den Kopf schütteln. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich beeilen musste, wenn ich pünktlich sein wollte. Ich nahm meine Jacke von der Garderobe und ging runter zum Auto. Dort angekommen, schaltete ich sofort die Heizung an. Als ich die Schule erreichte, lief ich eilig ins Lehrerzimmer, um meine Vorbereitungen für den Unterricht zu besorgen. Vor dem Klassenzimmer blieb ich stehen. Atmete tief ein und wieder aus. Dann öffnete ich die Tür. Kurz sah ich durch die Klasse. Mein Blick blieb an Julia hängen. Wie sollte es auch anders sein? Sie war mein Lebensmittelpunkt. Ich wurde nur noch von ihr angezogen. Ein zuckersüßes Lächeln schmückte ihr Gesicht. Automatisch musste ich etwas beschämt grinsen. »Guten Morgen! Ich hoffe, euer Wochenende war schön?« Einige aus den hinteren Reihen riefen: »Ja, nur viel zu kurz.« Das war meins auch. »Da muss ich dir zustimmen.« Ich wagte wieder einen Blick in Julias Richtung. Auch sie nickte. Gerade war mir noch kalt gewesen, doch nun stieg wieder die Hitze auf. Ich konnte nicht klar denken. Es war verrückt. Ich konnte wegen ihr doch nicht ständig meine Fassung verlieren. Und das vor der gesamten Klasse. Zum Glück waren sie meistens mit anderen Dingen beschäftigt. Trotzdem war es mir sehr unangenehm.

»Ist alles gut, Frau Melling?«, fragte Nina besorgt. »Mir... puh... mir ist nur etwas heiß. Ich... ich komme gleich wieder.« Julia riss die Augen vor Entsetzen auf. Ich stürmte aus dem Raum. Richtung Toilette. Dort spritzte ich mir das kalte Wasser ins Gesicht. Verdammt. Ich ärgerte mich über mich selbst. Leise Schritte flogen über den Flur. »Nele, ist alles gut?« Julia war mir gefolgt. »Ja, eigentlich schon. Ich kann das nicht. Du raubst mir echt meinen Verstand, wenn du da in der Klasse sitzt und mich anlächelst.« Sie war erleichtert und kam auf mich zu. Ich dachte erst, sie will mich umarmen, doch dann zog sie mir meinen Schlüsselbund aus der Tasche. Es waren einige private Schlüssel daran befestigt, aber auch welche für die Schule. »Was soll das?«, fragte ich sie neugierig. »Wirst du gleich sehen«, flüsterte sie mir zu und nahm meine Hand. Wir standen auf dem Flur und ich verstand gar nichts mehr. Sie sah sich um. Niemand war zu sehen. Plötzlich steckte sie den Schlüssel in eine Tür. Es war ein Vorbereitungsraum für Lehrer. Leise drehte sie den Schlüssel von innen um. Wir waren gemeinsam eingeschlossen. Bevor ich etwas sagen konnte, küsste sie mich. Meine Knie wurden weich. Ich erwiderte ihre zärtlichen Küsse. »Ich habe es letzte Nacht ohne dich nicht ausgehalten«, teilte sie mir lustvoll mit. Ich blendete alle Gedanken aus. Sah nur noch Julia. Julia und mich. Sie schob ihre Hand unter meinen Pullover, tastete sich weiter zu meiner Brust und massierte dort sanft. Mit der anderen Hand öffnete sie meine Hose und verwöhnte mich. Ich tat es ihr gleich, bis wir beide leise aufstöhnten... Das wurde ja immer besser.

Wir zogen uns wieder richtig an und ich dachte nach. Ich hatte gerade mit meiner Schülerin geschlafen. In der Schule. »Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Julia und gab mir einen Kuss auf die Stirn. »Es geht schon.« Das war natürlich die falsche Antwort. Sie wollte hören, dass es mir gut ging. Aber ich wollte sie nicht anlügen. »Ich bin einfach so froh, wenn ich nicht mehr deine Lehrerin bin. Das ist alles.« Sie nickte zustimmend. »Ich auch«, meinte sie. »Wir sollten zurück gehen. Wir sind schon viel zu lange fort.« Sie seufzte. »Wenn es sein muss.« Ich schloss die Tür wieder auf. Der Flur war immer noch menschenleer. »Sehen wir uns heute Abend?« Ich überlegte. »Gern. Aber ich bin erst noch mit Michael verabredet. Ich muss das mit ihm klären. Ich melde mich bei dir, wenn er verschwunden ist.« Dann drehte ich mich um und wir gingen zurück. Ich entschuldigte mein Fehlen, was für die Schüler natürlich kein Problem war. Dann fiel mir ein, was ich noch mit meiner Klasse besprechen wollte. »Hört mal zu. Ich hatte heute einen Zettel in meinem Fach liegen. Nächsten Monat fängt der Weihnachtsmarkt überall wieder an.« Stille. Alle schauten mich gespannt an. »Herr Harris hatte die Idee, dass wir für zwei Nächte nach Berlin fahren. Es sind ja auch nur knappe drei Stunden Fahrt.« Nun klatschte die Klasse. »Tolle Idee!« Julia zog die Augenbrauen hoch. Ich wusste, was sie dachte. Wir beide zusammen in Berlin. Was sollte das nur werden? Alle waren dafür und ich konnte den Zettel gleich ausfüllen. Natürlich war mein Geburtstag genau am 12. Dezember. Die Fahrt war vom 11. Dezember bis zum 13. Dezember geplant. Ich erklärte ihnen, in welchem Hostel wir schlafen würden und bis wann sie das Geld mitbringen sollten, dann klingelte es zur Pause.

Im Lehrerzimmer traf ich auf Luisa. Die Sache mit Michael konnte ich ihr leider nicht erzählen, da sie sonst gewusst hätte, dass ich bei Julia war. Das wollte ich auf keinen Fall riskieren. Also erzählte ich ihr nur, was im Café passierte. Sie war geschockt. So kannte sie Michael gar nicht. »Wir sehen uns später«, meinte sie schließlich, als die Pause vorbei war. »Später?«, fragte ich verwundert. »Die Lehrerkonferenz heute Nachmittag?«, erinnerte sie mich. »Mist, das hatte ich total vergessen.« Sie ging bis 17 Uhr. Michael hatte da Feierabend. Das würde schon passen, dachte ich. Als ich dann aber nach der Konferenz nach Hause fuhr, konnte ich meinen Augen nicht glauben. Was war da bitte vor meiner Haustür los?

Sturzflug ins Herz || txsWhere stories live. Discover now