Vor die Wahl gestellt

1K 46 14
                                    

Nach einer gefühlten Ewigkeit legte er sein Werkzeug weg und ließ sich neben mich auf dem Sofa fallen. Er starrte das Poster auf der Wand gegenüber an. Immer noch kein Wort. ,,Alsoo...können wir dann jetzt reden?" Ich versuchte, ihn irgendwie zum Reden zu bewegen, aber ihm schien das eine Last zu sein. ,, Rede." sagte er nur.

Ich: Kannst du mir sagen, was passiert ist?Warum bist du so zu mir?

Hicham: Weiß nicht, was du meinst..

Ich:Warum gehst du so auf Abstand?Willst du keinen Kontakt mehr?Ich meine, es ist okay, aber sag es mir doch einfach..Und Souad?

Er legte seinen Kopf in den Nacken, als ich ihren Namen erwähnte.

Ich: Bist du glücklich mit ihr?

Hicham: Ja.

Ich: Dann ist die Sache doch ganz einfach. Ich lass dich ab jetzt in Ruhe. Ich lass euch in Ruhe.

Ich wollte schon fast aufstehen, denn ich hatte meine Antwort. Ich wollte gehen und sie verinnerlichen, sie verarbeiten und einfach ein für alle Mal abschließen. Aber ganz so einfach war es dann wohl auch nicht. Hicham hielt mich am Arm fest und zog mich wieder nach unten. Auch als ich wieder saß, ließ er meinen Arm nicht los, auch meinen Blick nicht. Ich war der Überzeugung, dass es sowas wie einen "Hitzkopf-Radius" gibt und je näher er mir kam, desto mehr schaltete sich mein Gehirn aus. Ich konnte aber ahnen, was er vor hat, nein ich wusste es. Er biss sich auf die Unterlippe, sah mir abwechselnd in die Augen und auf meinen Mund, schloss seine Augen und beugte sich zu mir vor. 

Ich konnte rechtzeitig mein Gesicht wegdrehen, aber auch wenn es nicht passiert ist, er hatte gewollt, dass es passiert. Sehr glücklich musst du ja sein, Hicham, glücklich verheiratet und trotzdem eine andere küssen.

Ich: Was sollte das?Bist du wahnsinnig geworden?Jaja von wegen glücklich..Schäm dich!Du kannst mich doch nicht küssen..Muss ich dich daran erinnern, dass du verheiratet bist. Boaah, wenn das deine Frau erfahren würde. Oder mein Vater. Du wärst nicht mehr lebendig, das schwöre ich dir. 

Und während ich weiterhin mit meinen Armen hysterisch und aufgebracht herumgestikulierte, ihn anschrie, aber doch nur vor mich hin schrie, drückte er mir schnell und unvorbereitet einen Kuss auf die Wange. Ich schrie erneut los, aber ihn schien das ganze total zu amüsieren, er lachte sich weg. Irgendwann, als ich bei "Ich werd Dua machen, dass dir diese Lippen abfallen" angekommen war, hörte ich mich selbst wieder und musste auch anfangen zu lachen. Irgendwann beruhigten wir uns wieder und ich schob ihn von mir weg. 

Ich: Hör mal, das war nicht okay.. Lass das. Und jetzt rutsch endlich nach daaa.

Hicham: Sorry, ich konnte wirklich nicht anders. Das war doch nichts, nur ein freundschaftlich gemeinter Begrüßungskuss. Hab dich vermisst, Salma.

Ich:Trotzdem, niee wieder NIE.Ok?

Hicham: Ich bemüh mich.

Nach dem Wutanfall konnte und wollte ich nicht mehr diskutieren, also beließ ich es dabei. Fakt ist, dass wir in Zukunft besser nicht mehr alleine sind.

Hicham: Willst du noch reden?

Ich: Ich will eigentlich nur wissen, was wir jetzt machen? Soll ich dich in Ruhe lassen?

Hicham: Neeein, bitte.

Ich: Also trennst du dich von ihr? 

Hicham: Nee, das geht nicht..

Ich: Oh man Hicham! Du kannst nicht mit ihr verheiratet sein und nebenbei mit mir Kontakt haben und "freundschaftlich" irgendwelche "das war doch nichts" Küsse austauschen.

Er sagte nichts und blickte verloren an die Decke. Dieses Hin und Her mach ich jetzt schon seit Jahren mit, es reicht mir! Er sollte sich entscheiden. Und wenn er gerne jetzt verheiratet sein will und bald eine Familie gründen will, dann bin ich die falsche Entscheidung, dann soll er bei Souad bleiben. Aber irgendetwas in mir hoffte noch, dass er sie für mich aufgeben würde, seinen Familienwunsch für mich aufgeben würde und einfach warten würde, bis ich mich auch bereit fühle. Ich sah ihn erwartungsvoll an.

Hicham: Lass uns einfach die Zeit genießen, diesen Sommer noch. Und danach schauen, was wir machen. Vielleicht freundest du dich mit Souad an?Oder wir unternehmen einfach alleine was, als Freunde. Najaa oder nicht alleine..wir können z.B. Amira mitnehmen.

So wirklich zufrieden, war ich mit der Antwort nicht..Es gab ja keine klare Antwort. Andererseits gefiel mir auch das Angebot, die Probleme erstmal beiseite zu schieben und den Urlaub genießen.

Ich: Hicham, unter einer Bedingung. Bevor ich wieder nach Deutschland gehe, will ich eine klare Antwort. Entweder du kriegst dein Leben in Griff und regelst das mit Souad oder unsere Wege trennen sich, aber dann für immer und nicht nur bis zum nächsten Sommer.

Als er es mal wieder für unnötig hielt, mir zu antworten, stand ich auf und sah noch einmal zu ihm runter. 

Hicham: JaaaJaaJaaaa, versprochen!

Er sprang auf und nahm mich in den Arm. 

Ich: Noch eine Bedingung...kein Erdrücken mehr. 

In dem Moment kam Amira herein, sie war das Warten vermutlich schon satt. Ich entschuldigte mich bei ihr und nahm sofort meine Tasche. Die ganze Zeit über sah Amira Hicham so komisch an. So wütend?Keine Ahnung, ich konnte den Blick nicht deuten. Wir verabschiedeten uns von Hicham und gingen heim. 


Sommer à la HichamDove le storie prendono vita. Scoprilo ora